Wirtschaft und Weiterbildung 4/2021
wirtschaft + weiterbildung 04_2021 43 den Umzug ins Homeoffice dank bereits verwendeten Technologien wie Voice over IP (VoIP) und VPN-Verbindung pro- blemlos bewerkstelligen und auch unsere Kunden proaktiv auf die neue Situation vorbereiten. Was hat im Rückblick gut funktioniert, wo und inwiefern besteht Optimierungs- bedarf? Schwarz: Zunächst mussten wir feststel- len, dass die Budgets für Fort- und Wei- terbildungen in vielen Unternehmen auf Eis gelegt waren. Auch gab es Firmen, die auf unsere Onlineangebote eher zurück- haltend reagiert haben. Sie haben weiter- hin Sprach- beziehungsweise Fachkurse in ihren Unternehmen präferiert. Das haben wir natürlich akzeptiert, denn die schnelle Umstellung auf Online-Trainings hätte auch für sie eine organisatorische Umstellung der laufenden Trainingsmaß- nahmen bedeutet. Inzwischen sind Beschäftigte ja an vir- tuelles Arbeiten gewöhnt. Hat sich im vergangenen halben Jahr noch einmal etwas verändert, was die Akzeptanz von digitaler Fortbildung betrifft? Schwarz: Eine Menge. Wir stellen fest, dass der Markt in den vergangenen Mo- naten zunehmend sehr viel offener für das virtuelle Lernen und das digitale Self- Learning geworden ist. Bewährte Trai- ningsmethoden, die funktionieren, wenn sich Trainer und Beschäftigte direkt ge- genübersitzen, lassen sich nicht eins zu eins in den digitalen Raum verlagern. Die Anforderungen sind andere – sowohl an die Trainer als auch an die Methodik und die Lehrpläne. Und dann muss auch die Technik stimmen. Ein virtuelles Klassen- zimmer muss didaktisch gut aufgebaut sein. Dank ausgereifter Technik können Audio-Sequenzen und Videos problemlos im Unterricht zum Einsatz kommen. Die Lehrkräfte können virtuelle Whiteboards „beschreiben“ und sich mit einzelnen Teilnehmern in virtuelle Besprechungs- räume zurückziehen, um dort individuel- les Feedback zu geben und zu erläutern. Das wäre vor ein paar Jahren noch nicht möglich gewesen, weil es die Technik dafür gar nicht gab. Was bewirken die veränderten, technischen Möglichkeiten bei Beschäftigen und Personalern im Hinblick auf das Thema Weiterbildung? Schwarz: Mit den verbesserten Möglich- keiten sind auch die Erwartungen deut- lich gestiegen. Sie erwarten qualifizierte Trainer, einen guten Lehrplan, eine ein- wandfrei funktionierende Technik und dass man ihre vorab formulierten Ziele in das Training einbezieht. Was das Online- Training so besonders flexibel macht, ist die Option, eine Session aufzuzeichnen – sofern die Beschäftigten dem zugestimmt haben. So können sie die Unterrichtsein- heit noch einmal ansehen – wo und wann sie wollen. Das ist ein weiterer Vorteil, den das digitale Lernen dem analogen gegenüber hat. Auch aus diesem Grund haben die Erfahrungen der vergangenen Monate bei der Mehrheit unserer Kunden bleibende Veränderungen bewirkt. Wer bisher noch gezögert hat, dem ist jetzt – quasi mit der Brechstange – bewusst geworden, dass die Digitalisierung zügig vorangetrieben werden muss. Die Un- ternehmen erkennen, dass dieser Trend nicht mehr aufzuhalten ist und dass die Digitalisierung unglaublich viele tolle Möglichkeiten bietet – auch im Bereich der Weiterbildung, und das zum Teil zu günstigeren Preisen. Gibt es aus Ihrer Erfahrung Bereiche, in denen virtuelles Training gut oder gar nicht funktioniert? Schwarz: Seminare für virtuelles Führen, virtuelles Verkaufen und virtuelles Prä- sentieren sind so gefragt wie nie zuvor; und die funktionieren natürlich beson- ders gut virtuell, weil das Thema ja nicht nur die Beschäftigten in Firma A betrifft, sondern auch die Ansprechpartnerin in Firma B. Für andere Lerninhalte ist der Face-to-Face-Kontakt allerdings unab- dingbar. Beispiele dafür sind Trainings in den Bereichen Change-Management und Konfliktmanagement. Hier gehen die vermittelten Fertigkeiten mit einer Be- wusstseinsänderung einher. Um dies zu ermöglichen, ist ein persönliches Face-to- Face-Seminar besser geeignet, da es für die Teilnehmenden dann einfacher ist, den Draht und das Vertrauen zur Gruppe und zum Trainer aufzubauen. Interview: Martin Pichler Foto: Tobias Büchner Mattias Schwarz. Geschäftsführer von Berlitz Deutschland
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