Wirtschaft und Weiterbildung 4/2021

R wirtschaft + weiterbildung 04_2021 33 gern wird. Die Auseinandersetzung mit und die Gestaltung von Business-Ökosys- temen wird daher zur erfolgskritischen Kompetenz (Deiser, 2020). Ökosysteme: Ein Thema für die Personalentwicklung Warum sollte sich nun auch die Personal- entwicklung mit dem Ökosystemansatz beschäftigen? In Erweiterung bereits vor- liegender Ergebnisse zeigt eine Studie der Hochschule Pforzheim (Pfistner, 2020) mehrere Gründe auf: 1. Vor dem Hintergrund einer hohen Um- feldkomplexität und (technologischen) Veränderungsrate, zunehmender Inter- nationalität und Informationsexplosion sowie des wachsenden Lernbedarfs ge- raten klassische Ansätze der Personal- entwicklung an ihre Grenzen. 2. Externe Einflüsse (zum Beispiel soziale Medien, Linkedin, Degreed, Google) nehmen deutlich zu. Lernen ist nicht mehr durch die Organisation kontrol- lierbar und seine zentrale Steuerung gerät an ihre Grenzen. 3. Die Erwartungen der Lernenden ori- entieren sich zunehmend an ihren Konsumentenerfahrungen. Die Grenze zwischen Arbeiten und Lernen ver- schwimmt und es erfolgt – nicht zu- letzt getrieben durch die Pandemieer- fahrungen – eine Fokusverschiebung hin zu digital unterstütztem, mobil zugänglichem Lernen. 4. Dort, wo digitale Lernsysteme und -for- mate bereits vorhanden sind, existieren diese jedoch oft noch isoliert voneinan- der und sind nur über unterschiedliche Kanäle zugreifbar. 5. Dezentrale Verantwortlichkeiten für das Lernen führen zu Überlappungen und Unübersichtlichkeit. Auf Seiten der Lernenden entsteht dadurch an vielen Stellen Orientierungslosigkeit, wenig wahrgenommene Passung der Angebote zum eigenen Bedarf, Zeit- verlust und Überforderung. Auf Seiten von L&D führen diese nicht integrier- ten unterschiedlichen Systeme und Ap- plikationen zu wenig nutzbaren Daten, hohem Aufwand und insgesamt zu ge- ringer Anpassungsfähigkeit. Die folgenden Abschnitte zeigen, wie der Ökosystemansatz und die darin enthalte- nen Prinzipien genutzt werden können, um den aktuellen Herausforderungen im Bereich der Personalentwicklung zu be- gegnen. Definition von „Learning Ecosystems“ In Übertragung des Ökosystemansatzes auf die Gestaltung des Lernens in Orga- nisationen, lassen sich Lernökosysteme folgendermaßen beschreiben: Lernöko- systeme sind hoch adaptive sozio-techni- sche Systeme. Sie bestehen aus dem dy- namischen Zusammenspiel interner und externer Partner, Communities von Ler- nenden, Technologien, Daten, Formaten, Services, Räumen und Inhalten. Diese Elemente prägen durch ihre Inter- aktion das Lernen in der Organisation, stehen in wechselseitigem Austausch mit ihrem internen und externen Umfeld (organisationale Strukturen, Prozesse, Führung, Kultur, gesellschaftliche und politische Entwicklungen et cetera), for- mieren sich ständig neu und entwickeln sich somit eigendynamisch weiter. Es existiert eine gemeinsame Vision, Value Proposition und Governance, die die ge- meinsame Ausrichtung auf die Gestaltung einer kohärenten „Learner Experience“ und nachhaltigen Kompetenzentwicklung fördern. Ein zukunftsfähiger Gestaltungsansatz Diese Definition verdeutlicht die Prinzi- pien, die für die zukunftsfähige Gestal- tung der Personalentwicklung wichtig sind. Im Fokus müssen die Lernenden (Individuum, Team) und ihre spezifi- schen Bedürfnisse stehen. Damit ihnen eine kohärente Learning Experience im Sinne einer bedürfnisorientierten, ganz- heitlichen Lösung mit dem Ziel einer möglichst schnellen und effektiven Kom- petenzentwicklung ermöglicht werden kann, müssen zwei Betrachtungsebenen integriert werden: die sozial-organisatio- nale und die technologische. Auf organisationaler Ebene muss der Blick auf die Akteure des Systems er- weitert werden: An die Stelle des Fokus auf das eigene funktionale Silo tritt ein offener, antizipierender Austausch mit dem Umfeld, der die cross-funktionale und cross-organisationale Kollaboration mit dezentralen internen sowie externen Akteuren erlaubt. Entscheidungen wer- Gestaltung von Lernökosystemen Überblick. Die Grafik zeigt, wo die Ansatzpunkte für die Weiterent- wicklung des Lernökosystems in der Praxis liegen. Zu Beginn müssen Purpose, Vision und Strategie klar herausgearbeitet werden. Quelle: Schmitz, 2020, basierend auf Redmond & Macfadyen, 2020, Guetl & Chang, 2008 Ziele in Bezug auf L&D: · Schnelle Anpassungs - fähigkeit · Resilienz · Differenzierung & Inte - gration · Business-Relevanz Ziele in Bezug auf das Lernen: · Kohärente Learning Experience · Personalisiert · Adaptiv · Kontinuierliche Deve - lopment-Map Purpose – Vision – Strategie Analytics Daten- architektur Technologie- architektur Kultur & Werte Stakeholder Virtueller Raum Physischer Raum Governance (Rollen und Prozesse Inhalte & Formate Arbeits-/ Lernaufgaben Technologien & Tools Soziale Beziehung

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