Wirtschaft und Weiterbildung 11-12/2021
wirtschaft + weiterbildung 11/12_2021 37 Bei ihrer Suche nach den Gründen, warum immer noch so viele Projekte scheitern, haben Stefano Mastrogiacomo und Alexander Osterwalder, die Autoren des Buchs „High-Impact Tools für Teams: Teammitglieder koordinieren, Vertrauen aufbauen und rasch Ergebnisse erzielen mit fünf praktischen Tools“, fast nur psy- chologische Aspekte gefunden. Diese Erkenntnis, die für alle Beteiligten ziemlich überraschend war, führte dazu, dass die Autoren sich sehr viel Mühe gaben, Tools zu entwickeln, die Abhilfe schaffen könnten. Sie definierten letztlich folgende fünf Werkzeuge: • die „Team Alignment Map“ • der Teamvertrag • der Faktencheck • die Respektkarte • der Leitfaden für gewaltfreie Bitten Die zentrale Rolle spielt hierbei die „Team Alignment Map“, das ist ein visuelles Werkzeug, das am Beginn eines jeden Projekts stehen sollte. Im ersten Kapitel ihres Buchs stellen die Autoren die „Team Alignment Map“ und ihre Funktions- weise vor. Die Map besteht aus vier Spal- ten (gemeinsame Ziele, gemeinsames En- gagement, gemeinsame Ressourcen und gemeinsame Risiken). Dabei wird jeder Baustein der Map ausführlich und mit konkreten Anleitungen erklärt. Bei den gemeinsamen Zielen sollte sich das Team zum Beispiel fragen: • Was wollen wir konkret zusammen er- reichen? • Was müssen wir tun? • Was müssen wir schaffen? • Und welche Arbeit muss noch geleistet werden? Dazu gibt es Beispiele und Erläuterungen, etwa wie detailliert ein Ziel beschrieben werden kann. Was kann ein Team hindern, Erfolg zu haben? Die zweite Säule klärt die Zuständigkei- ten: Wer macht was?, Wer verpflichtet sich wozu?, Wie arbeiten wir zusam- men?, Welche Funktion hat jeder? In der dritten Säule werden die Ressourcen erfasst: Was braucht das Team und was jedes Teammitglied? Und die vierte Säule beschäftigt sich mit den Risiken (Was oder wer das Team am Erfolg hindern kann.) Das reicht von einer zu geringen Personaldecke über ablehnende Reakti- onen der Kundschaft bis zu möglichen Einwänden oder unerwünschten Neben- effekten. Die Bearbeitung der vier Säulen gibt einen guten Überblick, um was es geht und wo die Fallen lauern. Vor allem aber bringt es die Teammitglieder auf einen gleichen Informationsstand. Mit Spielregeln Konflikte minimieren Interessant ist vor allem der nächste Teil, der Rückpass genannt wird. Hier wird versucht, so viel wie möglich aus den bei- den letzten Spalten der Map zu entfernen, also bereits vor dem Beginn des Projekts für die entsprechenden Ressourcen zu sorgen oder die Risiken zu reduzieren. Das wird anhand von Beispielen aus dem beruflichen und privaten Kontext detail- liert beschrieben und funktioniert bei der Entwicklung einer Social-Media-Strategie genauso wie bei der Planung einer Ge- burtstagsfeier für Freunde. Die Team Alignment Map hilft aber auch dabei, das Team auf Kurs zu halten und mögliche Probleme frühzeitig zu behan- deln. Dazu schätzt jedes Mitglied ein, ob die Ziele klar, neutral oder unklar sind, das Engagement explizit, neutral oder im- plizit, die Ressourcen verfügbar, neutral oder fehlend sind und die Risiken unter Kontrolle, neutral oder unterschätzt sind. So bekommt das Team schnell einen Überblick, ob das ganze Projekt über- haupt erfolgreich realisierbar ist, welche Veränderungen notwendig sind oder ob man es lieber gleich ganz abbläst. Die Team Alignment Map und ihre Ein- satzmöglichkeiten nehmen den größten Teil des Buchs ein. Erst auf Seite 198 geht es weiter mit dem Teamvertrag. Der soll die Werte deutlich machen, die Spielregeln festlegen und so das Konflikt- potential minimieren. Dabei geht es um Aspekte wie Einstellungen und Verhal- tensweisen, die Entscheidungsfindung (wo gibt es Prioritäten), die Kommunika- tion im Team, die Nutzung gemeinsamer Tools und das Konfliktmanagement. Das Tool selbst ist denkbar einfach: In einem inneren Kreis werden die akzeptierten Regeln und Verhaltensweisen gesam- melt, außen herum die nicht akzeptierten Dinge aufgeschrieben. Dabei gibt es ge- naue Anleitungen, wie man einen Vertrag arbeitet, gegen Verstöße vorgehen kann, Vertragsverletzungen vorbeugen kann und mit Misserfolgen umgeht. Das dritte Tool, der Faktenfinder, dient dazu, mehr Klarheit in Gespräche zu bringen. Er basiert auf der Unterschei- dung von Wahrnehmung, Interpretation und Evaluation und das Durcheinander- bringen dieser drei Ebenen, was wiede- rum zu fünf Kommunikationsfallen führt wie etwa unvollständige Fakten oder Verallgemeinerungen. Entsprechende Klärungsfragen (Woher wissen Sie das?) helfen, das zu vermeiden. Die Respekt- karte wiederum ist ein Leitfaden für jedes Teammitglied, wie es in der schriftlichen Kommunikation oder bei Meetings dafür sorgen kann, andere wertzuschätzen und Respekt auszudrücken und unbeabsich- tigte Fauxpas zu vermeiden. Dafür gibt es zwei Checklisten mit Tipps, wie man andere wertschätzt (Meinung abmildern) und Respekt zeigt (fragen statt anordnen). Das fünfte Tool ist ein Leitfaden für gewaltfreie Bitten, basierend auf dem Prinzip der gewaltfreien Kom- munikation des Psychologen Marshall Rosenberg. Er hilft, Uneinigkeit konstruk- tiv zu äußern, Konflikte zu lösen und Be- ziehungen zu stärken. Es wird detailliert beschrieben, wie man eine gewaltfreie Bitte formuliert und es werden Beispiele aufgezeigt, wie sie sich von einem Angriff unterscheidet. Das letzte Kapitel des Buchs bietet eine Vertiefung und beschäftigt sich mit den wissenschaftlichen Hintergründen der einzelnen Tools, ergänzt mit zusätzlichen Checklisten oder Fragen. Dabei gelingt es den Autoren, teils komplexe Theorien kurz und leicht verständlich zu erklären. Rundumpaket für jedes Team Das Buch bietet ein unkonventionelles, aber fundiertes und vielfach erprobtes Rundumpaket für jedes Team. Statt sei- tenlangen Ausführungen über komplexe psychologische Konzepte findet man kurze Texte mit bunten Illustrationen und einfach einsetzbaren Werkzeugen – ganz getreu dem Design-Leitsatz: Form follows function. Bärbel Schwertfeger
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