Wirtschaft und Weiterbildung 11-12/2021

personal- und organisationsentwicklung 30 wirtschaft + weiterbildung 11/12_2021 werden: etwa, indem sie experimentieren oder nicht auf Schulungsangebote des Unternehmens warten, sondern selbst aktiv werden. Kontinuierliches, in den Job integriertes Lernen erfordert also eine proaktive Haltung von allen Lernenden. Digital Learning Day: „Koch- kurse“ für neue Lernkultur Ein Format, mit dem Evonik diese neue Lernkultur unterstützt, sind die soge- nannten „Digital Learning Days“. Denn wer möchte, dass Menschen selbst ko- chen, muss auch Kochkurse anbieten. Die Lernexperten und -expertinnen erklären in diesen kleinen Minikonferenzen, die seit Ausbruch der Coronapandemie rein online stattfinden und etwa drei Stunden dauern, wie selbstgesteuertes Lernen funktioniert. Anhand von Beispielen er- fahren Mitarbeitende, welche Tools sie für bestimmte Lernfälle nutzen können. Au- ßerdem gibt es hier Tipps, wie Beschäf- tigte herausfinden können, wie sie am besten lernen – eher audiovisuell, prak- tisch oder im Austausch mit Peers. Die „Digital Learning Days“, die bislang auf Deutsch stattfinden, sind ein freiwil- liges Angebot, das bereits mehr als 800 Mitarbeitende in den vergangenen Mona- ten genutzt haben. In den nächsten sechs Monaten sind weitere Termine angesetzt – unter anderem in China und in den USA. Was dieser Ansatz bewirkt, ist jetzt schon erkennbar: Die Teams, die die „Di- gital Learning Days“ mitgemacht haben, greifen sehr viel häufiger auf Lerninhalte zu. Denn vorher fehlte ihnen oft die Ori- entierung, welche der Lernplattformen im Konzern die richtigen für sie sind. Sie ver- brachten viel Zeit mit der Suche nach In- formationen, wie sie ihre Probleme lösen können. Informationen dazu, welche Tools es gibt und welche Lernmöglich- keiten der Konzern überhaupt bereithält, sind deshalb ein wichtiger Bestandteil, um selbstgesteuertes Lernen zu ermögli- chen und in der Lernkultur zu etablieren. 3 Employee-Centered Learning Experience In mehrerlei Hinsicht stehen in der neuen Lernstrategie die Mitarbeitenden im Fokus: Das Lernen im Konzern ist so arrangiert, dass die Inhalte in der Praxis wirklich für die Beschäftigten relevant sind und sie möglichst wenige Unter- brechungen in ihrem Arbeitsfluss erle- ben, weil sie nicht weiterwissen. Evonik spricht in diesem Zusammenhang von „Learning in the Flow of Work”. Da Mit- arbeitende bei vielen Themen selbst die besten Experten sind, fördert das Spezial­ chemieunternehmen die Wissensver- mittlung durch „Subject Matter Experts“. Jeden Freitag von zehn bis elf Uhr steht die sogenannte „Evonik Lernstunde“ auf dem Programm: Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter erklärt live über MS Teams ein Thema. So spricht etwa je- mand aus dem HR-Bereich über die be- triebliche Altersvorsorge, die Betriebsärz- tin über die Corona-Impfkampagne oder der Vorstand über die Geschäftsziele. Alle Liveübertragungen werden zudem aufge- zeichnet. Mittlerweise sind mehr als 150 Videos entstanden. Diese stellt Evonik über eine zentrale Videoplattform zur Verfügung. Bisher haben bereits mehr als 15.000 Beschäftigte aus Deutschland, Eu- ropa, China oder Amerika an den rund 200 bislang durchgeführten Lernevents teilgenommen oder sich im Anschluss die Videos auf der Plattform angeschaut. Die Personalentwicklung hat sich vorge- nommen, künftig noch mehr Mitarbei- tende zu ermutigen und zu befähigen, sich vor eine Kamera zu stellen und selbst Videos aufzunehmen sowie bear- beiten zu können. Dafür hat das Unter- nehmen mit dem Betriebsrat vor einem Jahr die„Betriebsvereinbarung Digitales Lernen“ geschlossen. Darin ist festge- legt, wie die Mitarbeitenden die Videos aufzeichnen dürfen und dass persönliche Informationen nicht zu nennen sind, um keine Verhaltens- und Leistungskontrolle über diesen Weg zu ermöglichen. E-Buddy: Schwarmintelligenz hilft beim Problemlösen Für einen reibungslosen Arbeitsfluss brauchen die Mitarbeitenden neue digi- tale Kompetenzen. Dabei ist es nicht so wichtig, dass sie IT-Wissen haben oder Geräte selbst bedienen können, sondern sie müssen wissen, wie sie Probleme lösen können. Dafür wurde der „E- Buddy“ entwickelt: In einer Gruppe auf MS Teams, in der mehrere Tausend Mitar- beitende Mitglied sind, können Beschäf- tigte Fragen posten und erhalten Antwor- ten aus der Community. Durch Schwarm­ intelligenz ist die Gruppe effizienter als eine IT-Hotline. Daneben hat Evonik auch ein Performance-Support-Tool eingeführt, das Mitarbeitende nutzen können, wenn sie technisch im System feststecken. Sie können sich an der Stelle Hilfemöglich- keiten anschauen, die anderen Beschäf- tigten schon weitergeholfen haben. 4 Simplified & Innovative Learning Technology Diesen Hilfestellungen zum Trotz ist es für die Beschäftigten oft nicht einfach, die für sie relevanten Informationen auf den verschiedenen Plattformen des Konzerns zu finden. Deshalb arbeitet das MDAX- Unternehmen an einer zentralen Weiter- bildungsplattform, einem „Single Place to Go“. Auf diesem international aufgestell- ten Learning-Management-System sollen alle Lernangebote verschiedenster Lern- systeme mit wenigen Klicks zur Verfü- gung stehen. Hierfür werden die vorhan- denen Lernsysteme harmonisiert, Inhalte kuratiert und Schnittstellen zwischen den Systemen entwickelt. Lernbedarf entsteht bei Evonik auch durch die Digitalisierung. Ein eigens dafür gegründetes Tochterunternehmen, die Evonik Digital GmbH, überprüft die Digitalisierungspotenziale. Dabei entste- hen immer häufiger IT-Plattformen, die Evonik gemeinsam mit Kunden betreibt, um bei bestimmten Projekten zusam- R Richard Klein ist Head of Lea- dership and Peo- ple Development beim Chemiekon- zern Evonik in Essen. Evonik ist ein weltweit führendes Unternehmen der Spezialchemie. Der Konzern ist in über 100 Ländern aktiv und hat circa 33.000 Mitarbeitende. richard.klein@evonik.com www.evonik.de AUTOR

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