Wirtschaft und Weiterbildung 9/2021

62 wirtschaft + weiterbildung 09_2021 hot from outside Adam Grant startet sein Buch mit einer Story: Er schreibt über Feuerwehrleute, die in den USA bei großen Waldbränden eingesetzt werden. Er schildert, wie aus einer ganzen Gruppe von Feuer- wehrleuten nur einer überlebte, weil er anders han- delte, als alle anderen: Statt wie erlernt ab einem bestimmten Zeitpunkt mit der Ausrüstung bepackt vor dem näherkommenden Feuer zu flüchten, entzündet er ein Gegenfeuer. Statt sich auf sei- nen (Flucht-)Instinkt, (erlernte) Gewohnheiten und Annahmen (ich kann schnell genug wegrennen) zu verlassen, hat er sich die Zeit genommen, zu überle- gen und anders als erwartet zu handeln. In Grants Prolog steckt eigentlich schon alles drin, was das Buch theoretisch und mit praktischen Übungen aufgreift. Es kann durchaus sinnvoll sein, Dinge anders zu denken oder zu machen als man sie immer gemacht, gelernt oder gedacht hat. Grant teilt sein Buch dafür in vier Teile: Im ersten Teil geht es darum, wie man selbst zum „Rethinking“ kommt und die eigenen Gedanken- und Handelsmuster erkennt und hinterfragt und was geschehen kann, wenn man es nicht tut. Ein Beispiel liefern jene Ana- lysten, die sich nicht trauten, den Wahlsieg Donald Trumps vorherzusagen, weil er nicht ins Muster passte. Im zweiten Teil des Buches geht es darum, wie man es schafft, andere Menschen zum neu Denken zu bewegen. Grant nutzt dafür das Beispiel eines farbigen Musikers, der es als einziger Farbiger im Raum schafft, dass die anwesenden weißen Ras- sisten ihren Ton mäßigen. Der dritte Teil widmet sich dem kollektiven lebenslangen Lernen, dessen Notwendigkeit mit Grants Hilfe auch die Ingenieure der NASA einsehen. Teil vier schließlich überträgt Grants Erkenntnisse auf die individuellen Karriere- und Lebenspläne. Die schlechte Nachricht: Grant empfiehlt ausdrücklich, nicht dem Glück hinterherzujagen, ebenso- wenig wie dem vermeintlichen Traumjob. Besser sei es, sich einen Job zu suchen, in dem man sehr viel lernen kann. Der Autor liefert schließlich noch praktische Hand- lungsanweisungen und zeigt, wie man es sich zur Gewohnheit machen kann, die Dinge immer wieder neu zu überdenken, das richtige Maß beim Selbst- vertrauen zu finden und andere einzuladen, das eigene Denken zu hinterfragen. Meinungsverschie- denheiten sollten nicht als Kampf, sondern als Tanz betrachtet werden. Der Autor fordert außerdem, regelmäßig offen über die eigene Zukunft nachzu- denken. Auch das Konzept der Lernenden Organisa- tion ist in Grants Handlungsanweisungen zu finden. Ohne Best Practices, dafür aber mit psycholo- gischer Sicherheit und einer Scorecard für das neue Denken. Grant stellt zum Schluss die Wissenschaft als Vorbild hin: Sie lernt aus Fehlern und nutzt neue Erkenntnisse, um besser zu werden. Genau so sollte es beim Lernen sein. Weil das besonders gut in der Gruppe funktioniert, liegt die Zukunft in Lear- ning Communities. Denken und Lernen Am besten in der Gruppe Adam Grant Think Again: The Power of Knowing what you don‘t know, Penguin Random House, London 2021, 320 Seiten, 22,90 Euro Aus Fehlern lernen und immer wieder neue Erkenntnisse umsetzen. „ „ Gudrun Porath Die freie Journalistin Gudrun Porath hat sich auf die zentralen Themen der Personalentwicklung und der Organisationsentwicklung spezialisiert. Sie ist E-Learning- Kolumnistin für www.haufe.de/personal un d Mitglied des Programmbeirats „Corporate Digital Learning Experience“ der Messe „Zukunft Personal Europe“ in Köln. Außerdem schreibt sie regelmäßig für das „Personalmagazin“ und „Wirtschaft + Weiterbildung“.

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