Wirtschaft und Weiterbildung 9/2021
R wirtschaft + weiterbildung 09_2021 33 schluss ein Masterstudium zu beginnen, wenn man die Hochschulzugangsberech- tigung besitzt, eine Berufsausbildung und Berufserfahrung hat sowie eine Eignungs- prüfung ablegt. „Bei der Berufsausbil- dung liegt eben der Haken“, erklärt Pro- fessor Pfeffel. Man habe sich daher beim Ministerium rückversichert, ob die Pilo- tenausbildung im Sinne des hessischen Hochschulgesetzes auch als Ausbildung anerkannt ist. Das sei der Fall, weil sie vom Luftfahrtbundesamt reglementiert ist. Damit habe einem MBA-Studiengang nichts mehr im Wege gestanden. Zehn Interessenten haben den Eingangs- test erfolgreich abgelegt. Angestrebt sind 15 Teilnehmer. Das entspricht der Klas- sengröße des „normalen“ Vollzeit-MBAs mit 15 bis 20 Studierenden an der Accadis Hochschule. Eine Herausforderung sei jedoch, dass Lufthansa-Piloten bis März 2022 Kündigungsschutz haben und nicht wissen, wie es im Herbst oder Frühjahr weitergeht und ob sie dann überhaupt noch Zeit für ein Studium haben. Und manche wollten auch lieber weiter ohne Studium fliegen, wenn es möglich sei. Viele seien daher verunsichert. Dazu komme, dass die Piloten ihren Flugplan immer erst Ende des Monats für den nächsten Monat bekommen. Da lasse sich kein Präsenzstudium planen, das man ab Herbst wieder anbieten wolle. Auch ein Unterricht am Abend oder am Wochenende – wie bei anderen berufs- begleitenden Studierenden – sei nicht möglich, da auch dies natürlich Arbeits- zeiten von Piloten sein können. Entweder müsse man das Programm dann strecken oder auf gestreamte Vorlesungen zurück- greifen. Mit 30 Karriere machen Für die Accadis Hochschule sei das schwierig. „Wir verstehen uns schon als Präsenzhochschule mit kleinen Grup- pen und nicht als Online-Hochschule“, betont der Accadis-Präsident. Das MBA- Programm sei dasselbe wie beim Vollzeit- MBA. Für die Piloten gebe es aber eine ei- gene MBA-Klasse, in der auch Fallstudien aus der Luftfahrt und dem Tourismus genutzt werden. Und bei gewissen The- men, wie etwa dem wissenschaftlichen Arbeiten, werde der zusätzliche Bedarf berücksichtigt. In einzelnen Wahlmodu- len würden die Piloten auch mit anderen MBA-Studenten gemischt. „Das ist ein Krisenangebot, das man vielleicht später als berufsbegleitendes Studium anbieten könnte“, so Professor Pfeffel. „Manche Piloten wollen nach der Erfahrung ein- fach einen Plan B haben.“ Während der Piloten-MBA aus der kon- kreten Notlage heraus entstanden ist, verzeichneten die Master und MBA-Pro- gramme am Zentrum für Fernstudien im Hochschulverbund (ZFH) mit Beginn der Pandemie deutliche Zuwachsraten. Be- reits zum Wintersemester 2020/21 gab es bei den Neuzulassungen eine Steigerung von zehn Prozent, im Sommersemester 2021 lagen die Zuwachsraten im Vergleich zum Vorjahr sogar bei 18 Prozent. Vor allem in den technischen Fächern und insbesondere im IT-Bereich, aber auch in wirtschaftswissenschaftlichen Fachrich- tungen war in den vergangenen beiden Semestern eine Zunahme der Studieren- den zu verzeichnen: So sind die Neuzu- lassungen im Fernstudium Informatik der Hochschule Trier im Vergleichszeitraum um durchschnittlich 40 Prozent gestie- gen. Im Fernstudium Zuverlässigkeitsingeni- eurwesen der Hochschule Darmstadt hat sich die Zahl der Neueinschreibungen sogar nahezu verdoppelt. Auch in den wirtschaftswissenschaftlichen Fächern hat die Nachfrage in den Master- und MBA-Fernstudiengängen zugenommen: So lag die Zuwachsrate im Fernstudium Facility Management der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) in den vergangenen beiden Semestern im Schnitt bei 40 Prozent, im Fernstudium MBA and Engineering, das ebenfalls von der THM angeboten wird, immerhin bei 22 Prozent. Auch das MBA-Fernstudien- programm der Hochschule Koblenz hat einen deutlichen Anstieg bei den Neu- einschreibungen von durchschnittlich 25 Prozent verzeichnet. „Die Studieninteressierten unserer Fern- studiengänge bringen oftmals bereits eine umfassende berufliche Qualifikation und einige Jahre Berufspraxis mit“, erklärt Margot Klinkner, stellvertretende zfh-Ge- schäftsführerin. „Mit einem Master oder MBA ergänzen sie gezielt ihr Qualifikati- onsprofil und machen sich bereit für den nächsten Karriereschritt.“ Dementspre- chend sei das Alter meist von Anfang 30 bis Anfang 40. Die steigenden Neuzulas- sungen in der Zeit der Pandemie zeigten,
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