Wirtschaft und Weiterbildung 9/2021

personal- und organisationsentwicklung 32 wirtschaft + weiterbildung 09_2021 der IE Business School in Madrid stieg die Zahl der MBA-Bewerber. Viele, die ihren Job verloren haben, haben sich einfach nicht um ihre Weiterbildung geküm- mert“, erklärte Mar Hurtado, zuständig für das globale Recruiting an der spani- schen Business School. Sie seien davon ausgegangen, dass sich ihr Unternehmen weiter darum kümmert und hätten erst jetzt verstanden, welchen Wert ein MBA- Abschluss in schwierigen Zeiten habe. Ohne Bachelor zum Master Bei den Piloten trat durch die Pandemie ein bereits seit langem bekanntes Pro­ blem in den Vordergrund: die fehlende Eingliederung der Pilotenausbildung in die deutsche Berufsbildung. Selbst wer seit Jahren große Flugzeuge fliegt und dabei nicht nur über eine hochqualifi- zierte Ausbildung, sondern auch über umfangreiche Führungserfahrung ver- fügt, gilt daher als „ungelernter Arbeiter“. Dabei brächten Piloten viele Schlüssel- qualifikationen mit, nur eben meist keine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse, so Accadis-Professor Pfeffel. Beim MBA- Studium sei das aber kein Problem, da der sich gerade an Teilnehmer ohne be- triebswirtschaftlichen Hintergrund richte. „Wir haben mit Partnerunternehmen gesprochen, die sich durchaus vorstel- len können, einen Piloten mit MBA ein- zustellen“, sagt der Professor. Sie hätten schließlich eine andere Art von erarbeite- ter Fach- und Führungskompetenz. Wäh- rend ein junger Bachelor-Absolvent viel- leicht fachlich besser sei, bringe der Pilot wichtige Berufs- und Lebenserfahrung mit. „Beim Kompetenzbündel Führung hat der Pilot die Nase vorn“, so Professor Pfeffel. Erst habe man über einen Zertifikatskurs nachgedacht, aber nach Rücksprache mit der Vereinigung Cockpit sei klar gewor- den, dass man gerade in Deutschland neben betriebswirtschaftlicher Kompe- tenz auch einen „richtigen und forma- len Abschluss“ brauche, um alternative Karrierewege einschlagen zu können. In anderen Ländern werde die Pilotenausbil- dung teils sogar als Bachelor-Äquivalent anerkannt, aber nicht in Deutschland. Allerdings ist es laut hessischem Hoch- schulgesetz möglich, ohne Bachelor-Ab- Zu den Branchen, die besonders unter der Coronapandemie leiden, gehört die Luft- fahrtbranche. Die Flugzeuge blieben und bleiben noch immer zum großen Teil am Boden. Eine schnelle Erholung ist bisher nicht in Sicht. Der Stillstand trifft natür- lich auch die Piloten und für sie ist das besonders bitter. Denn ihre Ausbildung ist nicht im Berufsbildungsgesetz hinterlegt und das macht es für die Arbeitsagentu- ren schwierig, den rund 900 arbeitslosen Piloten einen passenden neuen Job anzu- bieten. Das hat sich auch bei der Accadis Hochschule herumgesprochen. Weil man in Bad Homburg und damit in der Nähe des Flughafens sei, hätten einige Profes- soren und Mitarbeiter Kontakte zu Piloten gehabt und so habe man erfahren, in wel- cher prekären Situation sich diese befin- den, erklärt Professor Florian Pfeffel, Prä- sident der Accadis Hochschule. „Einem Piloten wurde sogar ein Job als Lagerar- beiter angeboten.“ Die Privathochschule beschloss daher, einen eigenen MBA-Stu- diengang für Piloten aufzulegen. Doch nicht nur besonders betroffene Be- rufsgruppen wie Piloten nutzen die Zeit für ein weiterbildendes Studium, auch allgemein gilt: Je schlechter die Wirt- schaftslage, desto größer die Nachfrage nach einem Master- oder MBA-Studium. Wer noch einen Job hat oder ihn verloren hat, nutzt die Zeit, um sich weiter zu qua- lifizieren. Und wer Kurzarbeit hat, verfügt über mehr Zeit für ein berufsbegleitendes Studium. Das zeigt sich auch im MBA- Markt. So ist die Zahl der MBA-Bewerber 2020 global um 2,4 Prozent gestiegen. Und führende US-Schulen wie die Whar- ton School in Philadelphia erhielten sogar 18 Prozent mehr Bewerbungen. Auch an MBA-Studiengang: Neue Berufe für Luftfahrtbranche MASTER/MBA. Der Markt für Weiterbildungsstudiengänge ist immer schon antizyklisch gewesen. Je schlechter die Wirtschaftslage, desto größer das Interesse an einer Qualifikation. Das zeigt sich auch in der Coronapandemie, von der zum Beispiel die Luftfahrtbranche sehr stark betroffen ist.

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