Wirtschaft und Weiterbildung 9/2021

personal- und organisationsentwicklung 28 wirtschaft + weiterbildung 09_2021 gie, unternehmensintern erhobene Daten (zum Beispiel aus dem Weiterbildungs- controlling) sowie Feedback der beteilig- ten Prozesspartner Berücksichtigung fin- den. Eine Aufwand-Nutzen-Analyse hilft bei der Entscheidung, ob der Aufwand für die Entwicklung einzelner Kompetenzen in einem akzeptablen Verhältnis zu den erwartbaren Resultaten steht. Neben dem Kompetenzaufbau und -umbau mittels Qualifizierung sind auch die Wirtschaft- lichkeit und Wirksamkeit der Maßnah- men zur Personalbeschaffung zu evalu- ieren. Außerdem lässt sich überprüfen, in welchem Maß die angestrebte Trans- parenz über Kompetenzbedarfe erreicht und die entsprechenden personalwirt- schaftlichen Maßnahmen abgeleitet wer- den konnten (Vorher-Nachher-Analyse von Zielsetzungen). Die mittel- und langfristige Entwicklung externer Faktoren (zum Beispiel Markt­ umfeld) wie auch deren Einfluss auf das Unternehmen und dessen Kompetenzma- nagement sollten erfasst und bei Bedarf Anpassungen in Aufbau und Anwendung des Modells vorgenommen werden. Vor allem mit Blick auf die Veränderungsge- schwindigkeit und -dynamik in der digi- talen Transformation bedarf es der kon- tinuierlichen, kritischen Beurteilung des Modells und dessen Passgenauigkeit. Ein Review erscheint nach einem Zeitraum von 12 bis 24 Monaten sinnvoll. Voraussetzungen für nachhalti- ges Kompetenzmanagement Welche unternehmensseitigen Vorausset- zungen bestehen für die erfolgreiche An- wendung des Ansatzes? Welche Grund- prämissen sind erforderlich? Sechs An- forderungen an die Implementierung des Ansatzes haben wir identifiziert: 1. Zukunftsorientierte Lernkultur gewährleisten Eine Unternehmens- und Führungskul- tur, die selbstbestimmtes und kontinu- ierliches Lernen fördert und auf wechsel- seitigem Vertrauen aller Akteure basiert, schafft Freiräume und Flexibilität für das Lernen – das Fundament für zukunfts- orientiertes Kompetenzmanagement. Dadurch entstehen auch erweiterte An- forderungen an Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Beschäftigten. Offenheit und eine positive Grundeinstel- lung der Organisation gegenüber digita- len Lernformaten sind zentral. 2. Breite Akzeptanz und Unterstützung sicherstellen Eine aktive Beteiligung und Unterstüt- zung durch das (Top-)Management bis hin zur Vorstandsebene verleiht dem Prozess des Kompetenzmanagements zu- sätzliche Relevanz und breite Akzeptanz im Unternehmen. Grundvoraussetzung ist eine Governance, die der Personalpla- nung und -entwicklung Priorität einräumt und den Verantwortlichen das entspre- chende Mandat für die Umsetzung des Prozesses vergibt. 3. Beteiligung und Zusammenarbeit im Prozess fördern Die frühzeitige Einbindung aller relevan- ten Stakeholder und Entscheidungsver- antwortlichen in den Prozess der Kompe- tenzbedarfsanalyse und -entwicklung er- höht die Geschwindigkeit beim Übergang von der Bedarfsanalyse in den Umset- zungsmodus. Gleichzeitig ermöglicht dies den konstruktiven Umgang mit Bedenken sowie die Berücksichtigung unterschiedli- cher Bedürfnisse. 4. Ganzheitliche Denkweise wählen Der Ansatz sollte von Beginn an ganzheit- lich im Unternehmen konzipiert und ver- ankert sein und stets auf den Unterneh- menserfolg einzahlen. Eine Verzahnung mit der Führungskultur, der Personalstra- tegie, der Unternehmenspolitik und der Organisationsentwicklung wie auch mit den Werten und Grundsätzen der Unter- nehmensführung ist wesentlich für den Erfolg und die Akzeptanz des Ansatzes. Entwicklungen im Marktumfeld sind mit- zudenken und Stakeholder des Ökosys- tems bei Bedarf einzubinden. 5. Dynamisches und iteratives Vorgehen ermöglichen Eine passgenaue und bedarfsgerechte Kompetenzbedarfsanalyse benötigt Ite- rationen. Durch das mehrfache Durch- laufen und Wiederholen einzelner Pro- zessschritte kann die Annäherung an ein praxiserprobtes, qualitativ wirksames Kompetenzmodell gelingen. Die betrieb- liche Kompetenzbedarfsanalyse sollte als fortlaufender Prozess verstanden werden; einen fixen Endpunkt gibt es nicht. Das Commitment aller Beteiligten für ein dy- namisches, adaptives Vorgehen bei der Entwicklung und Anwendung des Mo- dells ist entscheidend. 6. Technische Umsetzung und Implementierung fokussieren Digitale Tools ermöglichen die für agiles und flexibles Kompetenzmanagement erforderliche Reaktionsgeschwindigkeit. Transparenz über individuell und unter- nehmensseitig vorhandene Kompetenzen sowie über aktuell und künftig benötigte Kompetenzen kann dabei helfen, perso- nalwirtschaftliche Maßnahmen einfa- cher abzuleiten. So lässt sich auch der in manchen Bereichen erforderliche Grad an Standardisierung für die Beurteilungs- und Entwicklungsgespräche ermögli- chen. Keine allgemeingültige Lösung Insgesamt gibt es für die Gestaltung zu- kunftsorientierten Kompetenzmanage- ments keine generischen, allgemeingülti- gen Lösungen. Eine unternehmens- oder gar branchenübergreifende, starre Kate- gorisierung und Bestimmung benötigter Kompetenzen erscheint im Kontext der digitalen Transformation und sich rasch verändernder Geschäftsmodelle nicht zielführend. Unseren Leitfaden für die Praxis verstehen wir als ein Angebot an die verschiedenen Stakeholder der digita- len Transformation: Mit seiner Hilfe kann es Organisationen branchenunabhängig gelingen, Kompetenzbedarfe systema- tisch und passgenau zu ermitteln. Luise Ortloff, Heiko Roehl, Katharina Winkler R „ Mithilfe des Leitfadens kann es branchenüber- greifend gelingen, Kompetenzbedarfe zu ermitteln.“

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==