Wirtschaft und Weiterbildung 9/2021
R wirtschaft + weiterbildung 09_2021 27 und sachliche Selbst- und Fremdeinschät- zung der Beschäftigten. Auf dieser Basis ergibt sich ein Überblick über die heutige Zusammensetzung der Kompetenzen der Belegschaft (Pilotumfeld). Die Ist-Erfas- sung sowie deren Abgleich mit geforder- ten Kompetenzniveaus (Soll-Profil) lässt Rückschlüsse auf die Praktikabilität und Durchführbarkeit des Prozesses zu. Aus den Erkenntnissen des Soll-Ist-Abgleichs können individuelle Entwicklungs- und Qualifizierungsbedarfe in der Pilotgruppe ermittelt werden. Sie fördern die Überprü- fung und – wenn erforderlich – auch die Anpassung bestehender Personalentwick- lungs- und Recruitingstrategien inklusive der dazu gehörigen Instrumente. Bestehende Betriebsvereinbarungen soll- ten in dieser Phase überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Erforderliche Modifikationen lassen sich gemeinsam mit den Sozialpartnern vornehmen. Daran anknüpfend kann die Planung des standardisierten Einsatzes des Modells beginnen. Da das Kompetenzmodell eng mit den Prozessen des Personalmanage- ments verknüpft ist, sollten bestehende IT-Systeme auf deren Passfähigkeit hin überprüft werden. Basierend auf den ge- wonnenen Erkenntnissen kann eine Fein- justierung des Modells erfolgen. Schritt 4: Anwendung des Kompetenzmodells Der Rollout und Einsatz des Kompe- tenzmodells für alle Zielgruppen schafft Transparenz über aktuelle und zukünftige Kompetenzbedarfe auf Unternehmens- sowie individueller Ebene und ermöglicht die Ableitung personalwirtschaftlicher Maßnahmen. Hierfür bedarf es zunächst der Qualifizierung aller Prozesspartnerin- nen und Prozesspartner für die Anwen- dung des Modells. Sie müssen in der Lage sein, die Instrumente, Prozesse und Tools des Kompetenzmanagements zielgerich- tet einzusetzen. Für die erfolgreiche An- wendung des Kompetenzmodells ist ein einheitliches Verständnis aller Prozessbe- teiligten über Ziel und Anwendung des Kompetenzmodells entscheidend. Begleitend dazu sollte unternehmensweit kommuniziert werden, welche Ziele mit dem neuen Verfahren verfolgt werden, wo die Notwendigkeit und der Nutzen dieses Ansatzes liegen und wie er kon- kret wirkt. Bei der Entwicklung und Im- plementierung des Kompetenzmodells handelt es sich um einen Veränderungs- prozess, der durch seine Bedeutung für die Unternehmenskultur Zeit erfordert. Ein Commitment sowohl seitens der Füh- rungskräfte als auch der Beschäftigten sollte erreicht, Ängste wie auch Vorbe- halte abgebaut werden. Das (Top-)Ma- nagement und die Fachbereiche müssen verdeutlichen, dass es darum geht, jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter dabei zu unterstützen, die jeweils vorhandenen Fähigkeiten zu verstehen sowie die per- sönliche Weiterentwicklung optimal zu gestalten. Es sollte deutlich werden, dass das Modell die persönliche Entwicklung der Beschäftigten und die Strategieum- setzung des Unternehmens fördert und dabei hilft, konkrete Ziele zu definieren und zu vergemeinschaften. Mithilfe des Kompetenzmodells können die für eine Rolle erforderlichen Fähig- keiten (Soll-Profil) mit den vorhandenen Fähigkeiten (Ist-Profil) abgeglichen und möglicherweise vorhandene Abweichun- gen identifiziert werden. So können Eng- pässe bei Schlüsselqualifikationen zur Strategieumsetzung des Unternehmens frühzeitig antizipiert und Möglichkeiten identifiziert werden, um das benötigte Know-how und die Kompetenzen auf- und umzubauen. Ein Indikatorensystem für die Wirksamkeit und Anwendung in den HR-Instrumenten dient als Grundlage für ein kontinuierliches kritisches Hinter- fragen und eine mögliche Neuausrich- tung der geltenden unternehmensinter- nen Praxis (Instrumente/Prozesse/Tools). Schritt 5: Review des Kompetenzmodells Auch nach der Einführung des Kompe- tenzmodells müssen die Prozesse und das Modell evaluiert und, wenn erfor- derlich, angepasst werden: Funktioniert das Kompetenzmodell inhaltlich und pro- zessual für die unternehmerische Praxis? Bildet es die aktuellen internen und exter- nen Rahmenbedingungen ab? Was wurde bei der Umsetzung gelernt? Tools zur systematischen Prozess- und Er- gebnisevaluation können einen wertvol- len Beitrag leisten. Durch einen kritischen Dialog zum erprobten Kompetenzmodell, Mitarbeiterfeedback und einen Lessons- Learned-Workshop mit allen Prozessbe- teiligten lassen sich beispielsweise He rausforderungen und Handlungsbedarfe bei der Anwendung und Umsetzung des Modells benennen und Erfahrungswerte sammeln. Bei der Ergebnisevaluation sollten immer auch die geltende Unternehmensstrate- Luise Ortloff ist Politikberaterin und wissenschaft- l iche Referen- tin „Zukunft der Arbeit“ bei Acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaf- ten. ortloff@acatech.de www.acatech.de AUTORIN Prof. Dr. Heiko Roehl ist Honorarprofes- sor an der Albert- Ludwigs-Universi- tät Freiburg und geschäftsführender Gesellschafter der Kessel & Kessel GmbH, die Unternehmen in Transfor- mationsprozessen berät, Führungs- kräfte in ihrer Entwicklung begleitet und Berater schult. hr@heikoroehl.de www.heikoroehl.de AUTOR Katharina Winkler ist Politikberaterin und wissenschaft- liche Referentin „Zukunft der Arbeit“ bei Acatech, der Deutschen Akademie der Technikwis- senschaften. winkler@acatech.de www.acatech.de AUTORIN
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