Wirtschaft und Weiterbildung 6/2021
wirtschaft + weiterbildung 06_2021 33 sen. Und zwar von Ihrem Mitarbeiter und nicht von Ihnen selbst. Auch wenn am Anfang noch ungewohnt, gibt es Ihnen beiden jedoch das Gefühl als Sender und Empfänger wirklich auf einer Wellen länge zu sein. Das ist wie bei einem alten Radio: Der Knopf muss solange einge stellt werden, bis der Sender drin ist. Den Knopf steuern Sie. Bleiben wir bei unserem Beispiel eines Mitarbeitergesprächs zu Fehlzeiten: Was passiert in diesen 60 Sekunden der Pause? Sie stellen fest, dass Ihr Mitarbei ter immer wieder montags oder auch frei tags fehlt. Dabei sprechen Sie von Ihrer Wahrnehmung. Jetzt machen Sie die Pause. Der Mitarbeiter hat Sie vielleicht bisher nicht richtig angeschaut. Je län ger die Pause geht, desto nervöser wird er. Das zeigt sich in der Körpersprache. Er wird sich im wahrsten Sinne des Wor tes winden und gelegentlich Ihren Blick suchen. Das wird der schwierigste Punkt für Sie sein – hier nicht ein für Sie beide erlösendes Wort zu sagen. Halten Sie wei ter durch. Entspannen Sie sich, atmen Sie in den Bauch. Bleiben Sie verbindlich und freundlich in Ihrer Mimik. Stellen Sie innerlich Ihren Blick weit. Das wirkt sich unmittelbar auf Ihre Mimik aus, ent spannt und ein Lächeln entsteht. Währenddessen arbeitet es offensicht lich in Ihrem Mitarbeiter. In ihm entsteht das Gefühl, dass er so aus dieser Situa tion nicht herauskommt. Ein sehr unan genehmes Gefühl. Die Folge davon ist, dass er die Notwendigkeit verspürt, etwas sagen zu müssen. Um in einem Bild zu sprechen: Der Ball liegt unübersehbar bei ihm. Er wird dann je nach Charakter erstmal etwas Ausweichendes erwidern. Darauf sollten Sie auf keinen Fall ansprin gen, sondern lediglich erstaunt reagieren. Dabei können Ihnen die drei Zauberworte „Das überrascht mich“ helfen. Nun ist der Ball wieder bei dem Mitarbeiter, der zwangsläufig fragen muss, „Warum?“. Darauf sollten Sie lediglich mit nur einem Satz antworten. Nun sind Sie im Ge spräch. Das Radio ist auf die gemeinsame Wellenlänge eingestellt. Bei den anderen beiden Beispielen ist es nicht notwendig, die Magie der Pause so lange auszudehnen. So können Sie bei der Präsentation in einem Mitarbeiter- Meeting immer wieder kleinere Pausen von drei bis fünf Sekunden einbauen. Damit in dieser Zeit keine Fragen dazwi schengeworfen werden, die Ihr Konzept durcheinanderbringen, regeln Sie dies ganz einfach vorab: Sagen Sie, dass Fra gen am Schluss gestellt werden sollen, und erklären Sie, dass Sie durch die In halte Absatz für Absatz gehen möchten. Damit stellen Sie sicher, dass alle folgen können. Das ist in einem virtuellen Mee ting unabdingbar, denn dabei sehen Sie nicht immer alle Teilnehmer und können deshalb die Reaktionen nicht ablesen. Und im Beispiel der Wertschätzung: Sagen Sie nur einen Satz und lassen die sen wirken. Gerne auch mehr als drei Sekunden. Sie sehen dann wie Ihr Mitar beiter reagiert. Erst wird er vielleicht ein wenig ungläubig schauen, dann wird sich auf seinem Gesicht Freude breit machen und danach sicher ein „Danke“ kommen. Also kurz und tiefgehend. Um diese Situ ation dann beenden zu können, machen Sie einen kleinen Abspann in dem Sinne, dass Sie ihrem Mitarbeiter das einfach mal sagen wollten. Pausen sind gut für Effektivität und Gesundheit In diesen Beispielen wird deutlich, was die Magie der Pause bei Ihren Mitarbei tern bewirken kann. Für Sie selbst be wirkt die Pause das gute Gefühl, die Mit arbeiter erreicht zu haben. Und natürlich, eine Pause gibt Ihnen die Möglichkeit, sich selbst wahrzunehmen. Damit kommen wir zu dem Wechselspiel von Effektivität und Gesundheit. Effekti vität entsteht natürlicherweise, wenn Ihre Kommunikation durch das Nutzen von Pausen klarer wird. Das hat zur Folge, dass Sie Wiederholungen vermeiden. Und damit sparen Sie wiederum Zeit. Die Kommunikation auf den verschie denen Kanälen und in verschiedenen Zusammenhängen wird einfacher, klarer und kürzer. Das verschafft Ihnen Zeit für die angesprochene Lücke. Einen Termin schließen Sie ab, die Lücke entsteht, ehe Sie einen neuen Termin beginnen. Hier kommt die Gesundheit ins Spiel. Beim bewussten Beenden eines Termins schließen Sie inhaltlich und emotional ab. Danach ist es Ihnen erst wieder möglich, neu anzufangen. Eine gesunde Abfolge Ihrer Terminierung entsteht. Sie spüren sich in allem, was Sie tun und werden nicht von Terminen, die eigentlich noch nicht beendet sind, vor sich hergetrieben. Wer macht uns dieses Phänomen so schön vor? Ein Kleinkind! Wenn Kinder in ihrer Freizeit sich selbst überlassen werden, entwickeln sie einen eigenen Rhythmus. Einen Rhythmus, auf Entde ckungsreise zu gehen, die Welt zu erfor schen. Versonnen eine Sache mit allen Sinnen so lange zu untersuchen, bis sie ganz erfasst ist. Dann erst wendet sich das Kind einer neuen Tätigkeit zu. Wir Erwachsenen verlernen das sehr schnell. Die Parallelität der Tätigkeiten, die verdichtete Zeit verlangt uns ver meintlich ab, alles gleichzeitig zu tun. Dadurch kann kein eigener Rhythmus, entstehen. Und ohne eigenen Rhythmus ist es uns nicht möglich, uns selbst bei allen Tätigkeiten wahrzunehmen. Und jetzt sind wir beim Kernpunkt: Die Magie der Pause hilft Ihnen, zu Ihrem ganz persönlichen Rhythmus zurückzu finden. Wenn Sie Ihre Kommunikation wirklich zu Ende bringen, ehe Sie mit einer neuen beginnen, werfen Sie stetig den Ball ins Feld Ihrer Mitarbeiter. Durch das Einhalten der Pausen entsteht über haupt erst die Möglichkeit, dass der Ball aufgehoben und zurückgespielt werden kann. Eine Interaktion entwickelt sich. Und damit ein natürlicher Rhythmus, bei dem Sie den Takt vorgeben. Dabei ent lasten Sie sich immer wieder dabei, nicht allein die Kommunikation füllen zu müs sen. Anders gesprochen: Sie bestimmen im wahrsten Sinne des Wortes den Ton. Elisabeth Ostermann Elisabeth Ostermann ist sei t 1999 Geschäf t sführe - rin zusammen mit Markus Berg und Michael Schaller des Unternehmenstheaters „Vitamin T – Die Bühne für Veränderung“. Sie ist als Theaterpädagogin, Schauspie- lerin, Coach und Trainerin seit 1994 selbstständig tätig. Elisabeth.Ostermann@vitamint.com www.vitamint.com elisabethostermann.de AUTORIN
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