Wirtschaft und Weiterbildung 6/2021
wirtschaft + weiterbildung 06_2021 29 bestimmte Lernziele unterstützen, aber ein Game-Changer sei es nicht. Umfassende Konzepte nötig Denn in der Talkrunde wird deutlich, dass allein das Angebot an verschiede- nen Lernformaten noch lange nicht die Transformation unterstützt, die alle Un- ternehmen – in unterschiedlichem Maß – betrifft. Personaler müssen die hybride Lernwelt so ausgestalten, dass ein tragfä- higes Konzept entsteht, mit dem sie die Transformation begleiten und mit voran- treiben können. Das lässt sich gerade in der Automotive-Branche gut veranschau- lichen: Auf dem Weg zur Elektromobilität werden viele Jobs wegfallen und gleich- zeitig neue mit völlig veränderten Anfor- derungsprofilen entstehen. Die ZF Group steht mitten in dieser Transformation: „Wir wollen möglichst viele Menschen auf dem Weg der Transformation mitneh- men“, so Schulte-Kutsch. „Dabei muss klar sein: Wir reden über wirklich stark veränderte Jobprofile. Zu erwarten, dass jemand sich dafür nebenbei mit ein paar Microlearnings in Eigenregie qualifiziert, ist nicht realistisch.“ Ausgearbeitete Pro- gramme mit klaren Einstiegsvorausset- zungen seien Bedingung für den Wandel. Für diese spezifischen Entwicklungspro- gramme ist noch viel Vorarbeit zu leisten. Dorit Schalansky benennt die einzelnen Schritte: „Die Unternehmen müssen sich zuerst klar darüber werden, wie das Ziel- bild genau aussieht. Daraus lässt sich ableiten, welche Geschäftsmodelle nötig sind, um dieses Ziel zu erreichen. In der Konsequenz lassen sich dann Rollen und Anforderungen definieren.“ Die Aufgabe der Personalentwickler ist dann auch die Unterstützung der Führungskräfte in der Transformation, denn diese müssen das Zielbild auf ihre Teams herunterbrechen. Leitfragen sind dabei laut Schalansky: „Wie verändern sich die Märkte und die Anforderungen der Kunden? Was hat das für Konsequenzen für mein Team und welche neuen Rollen brauche ich in mei- nem Team? Welche Kompetenzen sind nötig, und können diese entwickelt wer- den oder muss man sie einkaufen?“ Für die Dienstleister der E-Learning-Bran- che geht mit der Transformation auch ein Rollenwandel einher. Sie müssen einer- seits ihren Kunden weiterhin die Werk- zeuge an die Hand geben, die sie im di- gitalen Lernen unterstützen. Andererseits müssen sie individuelle Betreuung bie- ten. „Passgenau aus Kundensicht die ver- schiedenen Rollen vom Lotsen über den Enabler und Ausputzer bis zum Super- visor einzunehmen, das ist zunehmend entscheidend“, erläutert Scholl. Und die Produktentwicklung für den Kunden wird künftig noch stärker auf agilen Prinzipien fußen. Prototypen werden in iterativen Schleifen zur serienreifen Produktion ge- bracht. Damit hat Reflact bereits Erfah- rungen gesammelt: „Früher startete ein Trainingsprojekt mit den Anforderungen, die dann lange ausgearbeitet und entwi- ckelt wurden. Heute beginnen wir zum Beispiel mit drei Webinaren und verfol- gen, wie die Lerngruppen reagieren. Die Erkenntnisse fließen in die weitere Ent- wicklung ein.“ In jedem Fall wird es nicht „die eierle- gende Wollmilchsau geben, die diesen Transformationsprozess automatisiert, bewilligt oder bewältigt“, fasst Wachter zusammen. Wichtig sei, die zugrundelie- genden Informationen für das Zukunfts- bild der Unternehmen zu erhalten – und dafür spiele künstliche Intelligenz eine zunehmend wichtige Rolle. Lösungen dafür sind bereits am Markt: „Sie scannen gezielt die Ausschreibungen nach neuen Jobprofilen. So entsteht ein Überblick zu den geforderten Profilen am Markt und über Ontologien erfolgt eine Überset- zung auf das eigene Unternehmen und die Mitarbeiterprofile“, so Wachter. Die- ser Überblick und die Transparenz sind auch nötig, um die Mitarbeiter für ihre persönliche Entwicklung zu motivieren. „Menschen müssen sehen und erkennen, wo die Reise hingeht, was das für sie und ihren Job jetzt und in Zukunft bedeu- tet“, erklärt Christina Schulte-Kutsch und schließt mit den Worten. „Nur dann kann man auch die Begeisterung dafür wecken, die Lernangebote wahrzunehmen.“ Kristina Enderle da Silva, Reiner Straub Virtueller Talk. Zwei Marktteil- nehmer diskutierten mit zwei Personalerinnen über Verände- rungen in der Lernwelt durch die Pandemie und über die Zukunft des digitalen Lernens. „ Wir werden in Zukunft mehr als Lotse und Super- visor gefordert sein.“ Hartmut Scholl, Reflact
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