Wirtschaft und Weiterbildung 6/2021
wirtschaft + weiterbildung 06_2021 27 R als Competence Center für die Adobe-E- Learning-Technologien Lerninfrastruktur, Content-Erstellung und virtuelle Klas- senräume an. Letzteres ging mit Beginn der Pandemie durch die Decke“, erklärt Hartmut Scholl, Gründer und Vorstand der Reflact AG. Am Anfang der Pandemie boomten die einfachen E-Meetings, doch schon bald stellte sich die Frage, wie man mehr Interaktion ins Training zurück- bringt und wie sich erprobte Workshop- Formate – vom Design Thinking bis zur Retrospektive – ins Digitale übertragen lassen. „Inzwischen wissen wir: Es geht! Für die Zeit nach der Pandemie – in der es deutlich stärker um ein motivierendes, problemlösendes, businessnahes und ins- gesamt agileres Lernen gehen wird – er- öffnen sich daraus große Chancen.“ Christian Wachter, Vorstandsvorsitzender der Information Multimedia Communica- tion IMC AG, kann die große Nachfrage im E-Learning-Bereich nur bestätigen. Auch bei IMC waren vor allem die Vir- tual-Classroom-Systeme stark nachge- fragt. Daneben waren es vor allem die einfachen Technologien und Werkzeuge, die die Unternehmen einkauften. Der Druck in den Unternehmen stieg. Weiter- bildung musste weiterlaufen und dafür mussten einfach handhabbare Werk- zeuge für die Umsetzung im Digitalen her. „Größere Projekte und individuelle Content-Erstellung kamen hingegen zum Erliegen“, berichtet Wachter. Die Unter- nehmen waren vorsichtig bei ihren Inves- titionen – zumindest in Europa. Da IMC auch international tätig ist, stellte der IMC-Vorstand dabei Unterschiede über Landesgrenzen hinweg fest: „In Europa sind wir sehr stark in eine Schockstarre gefallen. Viele haben erst einmal abge- wartet, während im Ausland schneller die Chancen gesehen und genutzt wurden. In Deutschland war der Auftrieb erst im Ok- tober 2020 richtig wahrzunehmen.“ Zunächst griff die Budget- bremse in der Weiterbildung Dass die Budgets zunächst geschont wurden, bestätigen die Personalentwick- lerinnen von Ottobock und von der ZF Group im Branchentalk. Das sei klar und vollkommen nachvollziehbar. Schließlich ging es für viele Unternehmen um das finanzielle Überleben. Wenn die Arbeits- plätze gesichert seien, könne auch wieder in Weiterbildung investiert werden. Bei ZF habe man auch gar nicht das vorhandene Weiterbildungsbudget voll ausschöpfen können, weil viele Weiter- bildungsangebote noch nicht digitalisiert waren und in Präsenz nicht mehr statt- finden konnten, fügt Schulte-Kutsch an. „Wir können nicht einfach drei Tage Prä- senztraining plötzlich in Teams abbilden. Dafür braucht es ein Konzept, das man erst erarbeiten muss“, begründet sie diese Situation. Für die Zukunft sieht sie die Budgetlage optimistisch: „Das Invest wird sich erhöhen, denn das Thema Weiterbil- dung ist gerade im Automotive-Bereich eines der Schlüsselthemen der Zukunft.“ Auch bei Ottobock ist in der Coronakrise das Kostenbewusstsein gestiegen. Trotz- dem hat das Unternehmen weiter inves- tiert und zum Beispiel an dem geplanten globalen Entwicklungsprogramm für Top- Talente festgehalten. Es startete mit 120 Teilnehmern im April 2020, mitten im ers- ten Lockdown. „Das war ein Zeichen der Geschäftsführung. Ein Signal, dass wir gerade jetzt in einer Krisenzeit in unsere Mitarbeiter investieren“, bekräftigt Dorit Schalansky. Inzwischen sind die Unternehmen an dem Punkt angekommen, dass sie nicht mehr nur aus der Not heraus digitale Lernangebote im Eiltempo zur Verfügung stellen. Vielmehr hat jetzt die Phase der Professionalisierung begonnen. Aus dem Stückwerk von Lernangeboten, die in Ei- genregie erstellt oder als Learning Nug- gets eingekauft wurden, muss nun ein administrierbares Gesamtsystem werden. „Wir sind an unsere Grenzen gekommen, was Lernmanagementsysteme angeht“, berichtet Schulte-Kutsch und sieht noch viel Potenzial bei den Anbietern der Platt- formen. „Hier braucht es Lösungen, die digitale Angebote besser integrieren.“ Christina Schulte- Kutsch ist Senior Vice President Talent and Organizational Deve- lopment bei der ZF Group. Christian Wachter ist Vorstandsvorsitzender der Information Multi- media Communication IMC AG. „ Das Invest wird sich erhöhen, denn Weiterbildung ist ein Schlüsselthema.“ Christina Schulte-Kutsch, ZF Group
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