Wirtschaft und Weiterbildung 7_8/2021
R wirtschaft + weiterbildung 07/08_2021 53 grundlage. Insoweit gilt im Datenschutz- recht der Grundsatz des Verbots mit Er- laubnisvorbehalt. Lernplattformen, die über das Internet nutzbar sind, sind zwar Telemedien- dienste nach § 1 Absatz 1 Telemedien- gesetz (TMG). Als Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung im Arbeits- verhältnis kommen dennoch nach der herrschenden Meinung nur Artikel 6, 88 DSGVO in Verbindung mit § 26 BDSG in Betracht. Neben der Einwilli- gung im Sinne des Artikel 6 Absatz 1 a) DSGVO und der Erfüllung rechtlicher Ver- pflichtungen nach Artikel 6 Absatz 1 c) DSGVO (bei verpflichtenden Schulungen, die gegenüber Behörden nachzuweisen sind) sind damit insbesondere Artikel 6 Absatz 1 b) DSGVO und § 26 Absatz 1 BDSG von Bedeutung. Danach dürfen Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäfti- gungsverhältnisses oder nach Begrün- dung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Damit ist auch die Ver- arbeitung von personenbezogenen Daten für die berufliche Weiterbildung in Lern- plattformen zulässig, solange hierfür eine rechtliche Verpflichtung besteht oder es sich um die Vermittlung von Inhalten handelt, die für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind. Dies ist in jedem Einzelfall für jeden Beschäftigten zu bewerten. Daneben kann auch Artikel 6 Absatz 1 f) DSGVO eine Rolle spielen. Nämlich dann, wenn die Schulung zwar nicht für die Durchführung des Beschäftigungsver- hältnisses erforderlich ist, der Arbeitgeber hieran aber ein berechtigtes Interesse hat. Hierauf sollte aber nur in Ausnahmefäl- len zurückgegriffen werden, da dies zum einen eine Interessenabwägung erfordert und die Beschäftigten zudem gemäß Ar- tikel 21 DSGVO ein Widerspruchsrecht haben. Werden im Einzelfall Schulungen durch- geführt, die nicht für die Durchführung des konkreten Beschäftigungsverhältnis- ses von Bedeutung sind oder der Erfül- lung einer rechtlichen Verpflichtung die- nen, tun Arbeitgeber gut daran, hierfür vorher die Einwilligung der Beschäftigten einzuholen. Dabei ist aber zu beachten, dass die Einwilligung • freiwillig erteilt werden muss, • der Schriftform bedarf, • in verständlicher und leicht zugängli- cher Form und • in einer klaren und einfachen Sprache zu erfolgen hat sowie • von den Beschäftigten jederzeit und ohne Grund für die Zukunft widerrufen werden kann. Gerade die Freiwilligkeit einer Einwilli- gung ist im Rahmen von Arbeitsverhält- nissen grundsätzlich problematisch, da die Beschäftigten vom Arbeitgeber ab- hängig sind. Gemäß § 26 Absatz 2 S. 2 BDSG kann die Freiwilligkeit insbeson- dere vorliegen, wenn für die beschäftigte Person ein rechtlicher oder wirtschaftli- cher Vorteil erreicht wird oder Arbeit- geber und beschäftigte Person gleichge- lagerte Interessen verfolgen. Ob das bei einer verpflichtenden Weiterbildung und/ oder einem Test der Fall ist, ist fraglich. Sofern Beschäftigte aber von sich aus um eine Weiterbildung bitten, dürfte auch die Erteilung einer Einwilligung unproblema- tisch sein. Grundsatz der Daten- minimierung Auch wenn die Verarbeitung von perso- nenbezogenen Daten für die berufliche Weiterbildung in Lernplattformen auf der Grundlage von Artikel 6 Absatz 1 b) DSGVO, § 26 Absatz 1 BDSG, Artikel 6 Absatz 1 c) DSGVO oder einer wirksamen Einwilligung zulässig ist, ist der Grund- satz der Datenminimierung zu beachten. In Bezug auf Lernplattformen bedeutet dieser, dass nur so viel an personenbezo- genen Daten verarbeitet werden darf, wie notwendig ist, um die jeweilige Weiterbil- dung durchzuführen. Die Plattform muss damit so voreingestellt sein, dass nur die für die Durchführung der jeweiligen Schulung tatsächlich erforderlichen per- sonenbezogenen Daten gespeichert wer- den. Welche Daten dies sind, ist in jedem Einzelfall zu prüfen und hängt unter an- derem auch davon ab, ob es sich um eine zwingende oder eine freiwillige Schulung handelt. In der Regel dürfte dies aber nur die für die Anmeldung verwendeten Daten –Vorname, Name, E-Mail-Adresse, gegebenenfalls auch Tätigkeit im Betrieb – den Inhalt der Schulung und – wenn eine Teilnahmepflicht besteht – das Er- gebnis etwaiger Abschlusstests (bestan- den/nicht bestanden) betreffen. Für die Auswertung von Lerndauer, Zahl der Wiederholungen, Anzahl der falsch oder richtig beantworteten Fragen et ce- tera besteht in der Regel kein berechtigtes Interesse, sodass auch die Speicherung dieser Daten in der Regel unzulässig ist. Auch die Motivation, anhand dieser Daten die Lernumgebung und -moti- vation sowie den Lerntransfer, also das gesamte Lernerlebnis und -ergebnis zu verbessern, begründet kein berechtigtes Interesse. Diese Ziele können nur mit an- onymisierten beziehungsweise aggregier- ten Daten verfolgt werden. Zugriffskonzept für Beschäftige erstellen Von wesentlicher Bedeutung ist auch, wer Zugriff auf die zulässigerweise in der Lernplattform gespeicherten personenbe- zogenen Daten hat. Arbeitgeber sind gut beraten, ein entsprechendes Zugriffskon- zept zu erstellen und dieses zu dokumen- tieren. ImWesentlichen ist der Zugriff nur denjenigen Beschäftigten in der HR-Abtei- lung zu gestatten, die für die Verwaltung der Schulungen verantwortlich sind und die Personalakten führen. Rechtsanwältin Lisa-Marie Niklas ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Counsel der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland am Standort Köln. Sie berät nationale und internationale Unternehmen im kollektiven und individuellen Arbeits- recht. Ihre Beratungsschwerpunkte sind neben der Einführung neuer Arbeitsmethoden und von IT-Syste- men komplexe Ausgliederungs- und Restrukturierungsvorhaben. CMS Hasche Sigle lisa-marie.niklas@cms-hs.com cms.law/de AUTORIN
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