Wirtschaft und Weiterbildung 7_8/2021
training und coaching 44 wirtschaft + weiterbildung 07/08_2021 gendein Coach helfen, sondern nur einer, der unsere Lebens- und Entscheidungs- situation auch nachvollziehen kann. Ein Beispiel: Sie haben schon mehrfach aus beruflichen Gründen den Wohnort ge- wechselt. Also wissen Sie, wie schwer es ist, sich wieder einen Freundeskreis auf- zubauen. Gerade deshalb zögern Sie, das attraktive Angebot eines potenziellen Ar- beitgebers anzunehmen. Was nutzt Ihnen in einer solchen Situation ein Coach, der noch nie Mutters Herd verließ? Vermut- lich wenig, weil er Ihre widerstreitenden Gefühle nicht nachvollziehen kann. Ein weiteres Beispiel: Sie sind Unternehmer und stehen vor der Entscheidung „Ex- pandiere ich mit meinem Geschäft oder verkleinere ich es?“. Für beides sprechen viele Gründe – unternehmerische und private. In einer solchen Entscheidungs- situation kann Ihnen kein Coach helfen, der bislang imWesentlichen nur das „An- gestelltendasein“ kennt und nicht weiß, mit wie vielen Risiken jede unternehme- rische Entscheidung behaftet ist. Die vorhandenen Ressourcen aktivieren Noch ein Beispiel: Sie sind eine beruflich sehr stark engagierte Frau, die schon in normalen Zeiten eine sehr straffe Agenda hat. Doch plötzlich zwingt sie das Coro- navirus zudem noch rund um die Uhr ihre beiden Kinder zu versorgen und mit ihnen Homeschooling zu betreiben. Und bei all Ihrem Bemühen, diese vielfältigen Aufgaben unter einen Hut zu bringen, nervt Sie zudem Ihr Lebenspartner, der nun auch zuhause weilt und scheinbar alles besser weiß. Was nutzt Ihnen in einer solchen Lebenssituation ein Coach, der ein überzeugter Single ist und ein Fa- milienleben nur aus Erzählungen kennt? Vermutlich wenig! Deshalb sollten Sie sich, wenn Sie einen Coach suchen, zunächst fragen: Auf wel- che Art von Fragen suche ich eine Ant- wort? Persönliche? Familiäre? Berufliche? Unternehmerische? Oder gar Sinnfra- gen? Außerdem: Warum finde ich keine R Den passenden Coach finden Checkliste. Beate Schütz hat eine Reihe von Fragen und Tipps zusammengestellt, wie Berufstätige für sich den passenden Coach finden können. Der Hauptaugenmerk sollte dabei auf dem sogenannten „Kennenlerngespräch“ liegen, in dem sich entscheidet, ob „die Chemie stimmt“. 1 Fragen Sie sich zunächst: Auf welche Art Fragen suche ich eine Antwort? Persön- liche? Familiäre? Berufliche? Unterneh- merische? Oder gar Sinnfragen? Außer- dem: Warum finde ich keine Antwort? Und warum kann ich mich nicht entscheiden? Hieraus können Sie ableiten, welche Kenntnisse und Erfahrungen „Ihr Coach“ haben sollte. 2 Coach ist kein geschützter Beruf. Jeder darf sich so nennen. Lassen Sie sich des- halb von den Coachs, die Sie in Betracht zie- hen, einen Lebenslauf zeigen, aus dem her- vorgeht, welche Ausbildungen die Person durchlaufen und welche Lebens-/Berufser- fahrung sie gesammelt hat. 3 Holen Sie mehrere Angebote ein und vergleichen Sie diese – jedoch nicht nur preislich. Achten Sie auch darauf, welches Selbstverständnis der Coach hat. Stellt er zum Beispiel als „reiner Coach“ nur aus seiner Warte „zielführende Fragen“ oder schlüpft er bei Bedarf auch mal in die Rolle eines Trainers, der einen fachlichen Input gibt, oder in die Rolle eines Berater, der einen Lösungsvorschlag unterbreitet, um das Coachingziel zu erreichen? 4 Fragen Sie den Coach nach Referen- zen – auch um zu checken, wie diskret ist er. Denn Vertraulichkeit ist Grundvoraus- setzung beim Coachen. Deshalb können Coachs in der Regel keine Referenzen von Privatpersonen nennen. Anders sieht es bezogen auf die Unternehmen aus, für die sie arbeiten. 5 Ein guter Coach hilft Ihnen, sich zu ent- scheiden. Außerdem begleitet er Sie beim Umsetzen der Entscheidung. Deshalb sind gute Coachs spezialisiert – zum Beispiel auf die Beratung bei persönlichen, beruflichen oder unternehmerischen Fragen (selbst wenn sich diese beim Coachen nicht sauber trennen lassen). Trotzdem gilt: Ein Coach, der behauptet, er sei bei allen Problemla- gen gleich fit, ist kein guter Coach. 6 Bestehen Sie auf ein Vorgespräch, bei dem Ihnen der Coach sein Vorgehen erklärt. Seriöse Coachs arbeiten transparent und können Ihnen ihre Arbeitsweise erläutern. 7 Fragen Sie den Coach auch, wo für ihn die Unterschiede zwischen Therapie und Coaching sowie einer (fachlichen) Beratung liegen. Ein professioneller Coach hat hierzu einen klaren Standpunkt. 8 Vertrauen Sie auf Ihr Gefühl. Wenn Sie beim Vorgespräch das Gefühl haben, „die Chemie stimmt nicht“ oder „der Coach kann mir nicht helfen“, sollten Sie sich einen anderen suchen. 9 Schließen Sie mit Ihrem Coach eine schriftliche Vereinbarung ab, wie oft, wie lange und in welchem zeitlichen Abstand Sie sich treffen. Klären Sie mit ihm zudem, inwieweit er Ihnen bei akuten Fragen auch zwischen den Sitzungen – zum Beispiel via Telefon oder online – als Ansprechpartner zur Verfügung steht. 10 Vereinbaren Sie mit Ihrem angehen- den Coach auch, bis wann Ihr konkretes „Problem“ oder Ihr aktuelles Anliegen gelöst sein sollte, denn ein Coaching ist stets zeit- lich begrenzt. Dr. Beate Schütz
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==