Wirtschaft und Weiterbildung 7_8/2021
personal- und organisationsentwicklung 40 wirtschaft + weiterbildung 07/08_2021 nige berichteten beispielsweise von zwei diametral entgegengesetzten Missionen: Profit und Lernen. Demnach sei der Auf- trag oft, innerhalb kürzester Zeit eine hohe Rendite zu erzielen und gleichzei- tig den Markt und die Kunden kennen- zulernen, um strategische Fragen für das Unternehmen zu beantworten. Zwei unterschiedliche Missionen, die häu- fig schwierig parallel zu erreichen sind. Es gibt meist keine Einigkeit auf eine primäre Mission. Je nach Funktion der Führungskraft wird die Profit- oder die Lernmission als Priorität erachtet. Viele Unternehmen scheitern an einer man- gelnden Abstimmung und Einigkeit unter Führungskräften über die angestrebte Mission. Zahlreiche Befragte erklärten, dass unterschiedliche Botschaften über die Mission an das Team kommuniziert werden. Nach dem Motto: „Der eine Ma- nager sagt das und der andere Manager etwas anderes – was dazu führt, dass kei- ner genau weiß, welche Verhaltensweisen gewünscht sind.“ Es herrscht Unklarheit, ob das Team Risiken eingehen und Pi- loten am Markt testen soll, um strategi- sche Fragen zu beantworten, oder ob das Team primär kosteneffizient agieren soll, um schnellstmöglich die Gewinnschwelle zu erreichen. Parallele Missionen füh- ren oft zu Unsicherheit und Verwirrung im Team. Dies kann langfristig bis zum Stillstand führen. Deshalb ist eine gute Abstimmung unter Führungskräften und eine einheitliche Kommunikation an die Belegschaft entscheidend. 3. Stellhebel: SAFE-Ziele Wir haben uns im Detail mit Zielvorgaben und Performance Management befasst und schlagen eine Zielentwicklung nach unserem SAFE-Prinzip vor. Das Akronym „SAFE“ steht für „Shared, Achievable, Flexible, Enriching“. Übersetzt steht es für gemeinsame, erreichbare, flexible und be- reichernde Ziele. Eine Barriere für psychologische Sicher- heit, die wir in vielen Unternehmen beob- achtet haben, ist, dass Ziele oft lediglich von Führungskräften definiert werden – ohne Mitarbeitende in den Prozess einzu- binden. Ohne die Einbindung derjenigen, die die Ziele letztlich mit erreichen sollen. Diese Situation haben wir auch zwischen Mutter- und Tochterunternehmen festge- stellt: Das Führungsteam des Mutterun- ternehmens legt fest, was die Teams des Tochterunternehmens erreichen sollen. Hinzu kommt, dass die Teams des Mut- terunternehmens teilweise andere Ziele erhalten als jene des Tochterunterneh- mens: Während beispielsweise Mitarbei- tende des Mutterunternehmens an der Einführung neuer Pilotprojekte am Markt gemessen werden, sind Mitarbeitende des Tochterunternehmens für das erfolg- reiche Managen der Pilotprojekte verant- wortlich. Unterschiedliche Ziele führen zu unterschiedlichen Verhaltensweisen, was zu Problemen in der Zusammenar- beit führt und die Performance schmälert. Deshalb ist es förderlich für ein psycholo- gisch sicheres Team-Klima, gemeinsame Ziele zwischen verschiedenen Teams und Funktionen festzulegen und die relevan- ten Mitarbeitenden bei der Definition die- ser Ziele einzubinden. In diesem Zusammenhang erklären ei- nige Befragte immer wieder, dass die Leistungserwartungen oftmals zu hoch und zu kurzfristig seien. Es herrsche ein immenser Druck, innerhalb kürzester Zeit eine hohe Rendite erzielen zu müs- sen. Aufgrund des enormen Performance- Drucks entstehe Angst, die Zielerrei- chung zu verzögern. Selbstverständlich sind sich die meisten darüber im Klaren, dass ambitionierte Ziele an sich gut sind. Es geht ihnen nicht darum, komfortable Ziele zu wählen, welche mit moderatem Engagement zu erreichen sind. Wenn Ziele jedoch zu ambitioniert sind, werden selbst Leistungen, welche die eigenen Erwartungen übertreffen, als Versagen wahrgenommen, weil die vorgegebenen Ziele nicht erreicht worden sind. In solch einem Arbeitsumfeld werden oft Schul- dige für das Nichterreichen der Ziele gesucht. Es entsteht eine Kultur der ge- genseitigen Schuldzuweisungen. Daher empfehlen wir, zwar ambitionierte, aber erreichbare Ziele festzulegen – in Koope- ration mit Mitarbeitenden. Wichtig ist auch eine gewisse Flexibilität bei den Zielen. Die Zeiten sind vorbei, in denen Unternehmensleitende am Anfang des Jahres klare Ziele im Detail vorgaben und das Ergebnis dann so wie geplant erreicht wurde. Mit der zunehmenden Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität in vielen Märkten und Indus- R Prof. Dr. Wolf gang Jenewein lehrt Betriebswirt schaf t und ist Direktor des Ins- tituts für Mobilität an der Universität St. Gallen. Er forscht zu Positive Lea- dership, High Performance und Füh- rung von Change. Er coacht und berät Vorstände internationaler Konzerne sowie Teams im Hochleistungssport. Kontakt: wolfgang.jenewein@unisg.ch oder über Linkedin AUTOR Dr. des. Anna- Christina Leisin berät Topmanager zu den Themen Selbst- und Mitar- beiterführung in Zeiten neuer Techno- logien und globaler Unsicherheit. In ihrer Doktorarbeit an der Universität St. Gallen erforschte sie psychologi- sche Sicherheit für Höchstleistung und Innovation in Unternehmen. Kontakt: anna.leisin@syspilot.de oder über Linkedin AUTORIN Dr. des. Maximi lian Strecker berät Topmanager in der Wirtschaft und Hochleis - tungsteams im Sport zu den Themen Purpose und Führung. In seiner Dok- torarbeit an der Universität St. Gallen erforschte er Stellhebel für sinnstif- tende Arbeit als Schlüssel für nach- haltige Motivation und Leistung. Kontakt: maximilian.strecker@syspilot.de oder über Linkedin AUTOR
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