Wirtschaft und Weiterbildung 7_8/2021
tum, mehr Gewinn, mehr Performance als im Vorjahr.“ Schlüssel für Höchstleistung und Innovation Um diese hochgesteckten Ziele zu er- reichen, ist effizientes Management, aber auch immer mehr Innovationskraft gefragt, um mit der technischen Ent- wicklung Schritt zu halten. Dies wird erschwert, wenn Mitarbeitende durch Ängste und Unsicherheiten gehemmt sind. In Workshops haben uns Führungs- kräfte häufig die Frage gestellt, ob psy- chologische Sicherheit nicht lediglich bei niedrigen Performance-Erwartungen möglich sei – wenn die Ziele nicht allzu hoch sind. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass psychologische Sicherheit auch bei hohen Performance-Standards möglich ist. Erst bei hohen Performance-Anforde- rungen und gleichzeitig hoher psycholo- gischer Sicherheit kommen Höchstleis- tungen zustande. Es braucht Arbeitsumgebungen, in denen Mitarbeitende sich trauen, Prozesse und Geschäftsmodelle zu hinterfragen, ihre Ideen einzubringen, einander Feedback zu geben und Neues auszuprobieren – auch wenn sie dabei Gefahr laufen, Feh- ler zu machen. In einem psychologisch sicheren Team trauen sich Mitarbeitende, solche interpersonellen Risiken einzuge- hen. Zahlreiche Studien wie beispiels- weise von Amy C. Edmondson (2018) belegen ebenfalls, dass psychologische Sicherheit Innovation und Performance ermöglicht. Der Tech-Gigant Google hat psychologische Sicherheit sogar als Nummer-eins-Faktor für Höchstleistung in Teams deklariert, wie Charles Duhigg es zusammenfasst (2016). Die 2017 ver- öffentlichte Gallup-Studie „State of the American Workplace“ legt nahe, dass psychologische Sicherheit die Produkti- vität und Mitarbeiterbindung signifikant steigern kann. Das große Potenzial ist er- kennbar und zeigt, wie lohnenswert die Entwicklung von psychologischer Sicher- heit am Arbeitsplatz sein kann. Fünf wichtige Führungs stellhebel Wir haben über die vergangenen fünf Jahre mittels qualitativer und quantita- tiver Studien sowie teilnehmender Be- obachtungen in internationalen Groß- konzernen das Phänomen der psycho- logischen Sicherheit untersucht und Stellhebel entwickelt, um psychologische Sicherheit als Schlüssel für Höchstleis- tung und Innovation zu kultivieren. Im Folgenden stellen wir fünf wichtige Stell- hebel vor, die Führungskräfte nutzen kön- nen, um die psychologische Sicherheit in ihrem Team zu erhöhen. 1. Stellhebel: Wahrheit und Transparenz Um „Wassermelonen-Reporting“ in Meetings entgegenzuwirken, bedarf es zunächst Klarheit über das erwartete Verhalten. Wenn Mitarbeitende wissen, dass von ihnen erwartet wird, dass sie die Wahrheit sagen und für Transparenz sorgen, erhöht sich ihre Bereitschaft, Probleme und Herausforderungen anzu- sprechen und ihre ehrliche Meinung zu sagen. Dies setzt voraus, dass Mitarbei- tende erleben, dass dieses Verhalten auch wirklich gewünscht ist und sie in diesem Zuge keine negativen Konsequenzen zu befürchten haben. Als ein positives Beispiel in diesem Zu- sammenhang dient Ray Dalio, Gründer des derzeit weltweit größten und erfolg- reichsten Hedgefonds-Unternehmens Bridgewater Associates in New York, USA. In seinem 2017 erschienenen Buch „Principles“ erklärt der Milliardär eines seiner Erfolgsgeheimnisse: „Was du denkst, musst du sagen.“ Für Ray Dalio ist Wahrheit und Transparenz bei der Ar- beit die Notwendigkeit schlechthin für Er- folg. Dieses Prinzip kommuniziert er klar im Unternehmen, lebt es vor und erwar- tet dies auch von seinen Mitarbeitenden. Wer dieses Prinzip nicht konsequent be- folgt, muss das Unternehmen verlassen. Dieses Führungsprinzip mag etwas ex trem wirken, aber Ray Dalio beurteilt es als einen wesentlichen Grund für seinen Erfolg. 2. Stellhebel: Klares und gemeinsames Zielbild Im Einklang mit unseren Studien zur Bedeutung und Ermöglichung von Sinn- stiftung bei der Arbeit, dem viel zitierten „Purpose“, haben unsere Befragungen ergeben, dass Klarheit über ein gemein- sames Zielbild auch die psychologische Sicherheit im Team erhöht. Wenn Teams Klarheit über ihre Mission haben – wenn sie einen gemeinsamen Auftrag haben–, trauen sie sich eher, Risiken einzugehen, und empfinden ein stärkeres Wirgefühl. Weil sie wissen, wozu sie die Risiken eingehen. Weil sie wissen, dass sie mit ihren Kolleginnen auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Dann werden Wissen und Ideen geteilt und Probleme angespro- chen. Auf Fehlern wird nicht herumge- ritten, sondern es wird gemeinsam nach Lösungen gesucht, um die gemeinsame Mission zu erfüllen. Viele Managerinnen und Manager bestä- tigten in unseren Führungs-Workshops, dass es häufig an einer klaren und ge- meinsamen Mission in Teams fehlt. Ei- R wirtschaft + weiterbildung 07/08_2021 39
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