Wirtschaft und Weiterbildung 7_8/2021

wirtschaft + weiterbildung 07/08_2021 27 diesem Beitrag eine Tabelle mit 65 Web­ sites, die coachingspezifische Tools erleb- bar machen. Komplett neu ist auch ein Kapitel mit Beiträgen zur Coaching-Forschung … Rauen: Ich finde zum Beispiel die Bei- träge über Wirkfaktoren sehr wichtig, in denen man über die Ergebnisse der ak- tuellen Forschung informiert wird, was Coaching nachweisbar wirksam macht. Ein wichtiger Beitrag ist auch der Text über die „motivationale Passung“ von Coach und Coachee. Wenn der Klient ein Sicherheitsmotiv hat und nur reden will, dann sollte er sich keinen Coach suchen, der von einemWachstumsmotiv angetrie- ben wird. Wenn ich lieber nachdenken möchte, ist es wenig sinnvoll, wenn ich gepusht werde. Zum Thema Forschung fällt mir ein, dass Sie in 2020 zum ersten Mal eine „Coaching-Marktanalyse“ (www.rauen.de/cma) ve röffentlicht haben. Was steckt dahinter? Rauen: Unsere Coaching-Marktanalyse gibt einen neuartigen Einblick in den als intransparent geltenden Coaching-Markt. Von September 2019 bis März 2020 wur- den mittels einer anonymen Onlinebefra- gung aussagekräftige Daten von über 500 Coachs erhoben. Wir haben große Mühe darauf verwandt, dass wir aussagekräf- tige Daten über die Honorarsätze bekom- men, die bekanntermaßen in Abhängig- keit von der Hierarchiestufe schwanken. Jetzt können wir sagen, dass ein Topma- nager in einem Konzern im Schnitt 291,11 Euro für eine Zeitstunde Coaching be- zahlt, ein Topmanager im Mittelstand nur 245,67 Euro. Ein Mittelmanager in einem Konzern zahlt 202,66 Euro im Schnitt und ein Mittelmanager im Mittelstand überra- schenderweise 207,86 Euro. Beim unteren Management sieht die Sache so aus: Kon- zern 195,68 Euro und Mittelstand 156,25 Euro. Sie haben sogar das Volumen des deutschen Coaching-Markts hochgerechnet … Rauen: Nach unserer Schätzung dürfte dieses Marktvolumen bei 500 Millionen Euro liegen, wenn man die Zahl von 12.000 bis 13.000 Business Coachs in Deutschland unterstellt. Dieses Markt- volumen ist für eine gesamte Branche vergleichsweise gering. Es gibt einzelne mittelständische Unternehmen, die ein größeres Umsatzvolumen aufweisen. Die Coaching-Branche kann daher eher als vergleichsweise kleines Spezialangebot für Führungskräfte angesehen werden. Ob digitale Angebote in absehbarer Zeit zu einer „Demokratisierung“ des Coa- chings führen werden (Coaching für die Massen), bleibt abzuwarten. Dem Motto unserer Titelgeschichte zum Thema „Fachbuchempfehlungen“ folgend, bitte ich Sie, unseren Lesern eines Ihrer Lieblingsbücher zu verraten. Rauen: Mein persönliches Lektüre-High- light ist ein echter Schatz an Wissen und stammt vom Osnabrücker Psycholo- gieprofessor Dr. Jürgen Kriz. Sein Buch „Grundkonzepte der Psychotherapie“, das 1985 zum ersten Mal erschienen ist und jetzt in der 7. Auflage (mit Online- Fallbeispielen) vorliegt, sollte jeder Coach gelesen haben, um die unterschiedlichen psychologischen Ansätze zu verstehen. Interview: Martin Pichler Wissensschatz für die Coaching-Branche Kaum zu glauben: Während die 1. Auflage des „Handbuch Coaching“ aus dem Jahr 2000 nur 325 Seiten umfasste, liegt die aktuelle 4. Auflage bei 722 Seiten. Das liegt nicht nur daran, dass das neue Kapitel „Coaching-Forschung“ mit sechs Beiträgen aufgenommen wurde oder dass das aktuelle Thema „digitales Coaching“ nicht vergessen wurde – es liegt vielmehr daran, dass jeder einzelne Text trotz eines durchgängig kompakten Schreibstils sich seines Themas ausgesprochen gründlich (mit Tabellen und Litera- turlisten) widmet. Die Besten als Autoren Wie schon in den früheren Auflagen sind wieder die Gro- ßen der Branche als Autoren mit dabei – wie Wolfgang Looss, Bernd Schmid, Siegfried Greif, Jürgen Kriz, Gunther Schmidt, Simone Kauffeld, Astrid Schreyogg oder Ulrich Nachschlagewerk. Nach 15 Jahren erscheint eine vollständig überarbeitete Neuauflage des „Handbuchs Coaching“. Es wurde höchste Zeit, denn von der Coaching-Forschung bis zu den Coaching-Tools hat sich viel getan. Buchtipp. Christopher Rauen (Hrsg.): „Handbuch Coaching“ (4. Auflage), Hogrefe, Göttin- gen 2021, 722 S., 69,95 Euro Dehner, um nur einige der über 30 Autoren zu erwähnen. Jürgen Kriz muss einfach gelesen werden, weil er (als Ver- treter der „personenzentrierten Systemtheorie“) grundsätz- lich klarstellt, was „systemisch“ bedeutet und was die Do‘s und Dont‘s systemisch arbeitender Coachs sein sollten. Ausgesprochen praxisnah geht es auch in dem Beitrag von Robert Wegener und Silvano Ackermann zu, die unter ande- rem die (überhaupt nicht banalen) sieben wissenschaftlich abgesicherten Erfolgsfaktoren eines Coaching-Prozesses beschreiben. Martin Pichler

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