Wirtschaft und Weiterbildung 7_8/2021

menschen 14 wirtschaft + weiterbildung 07/08_2021 JUBILÄUM. Der Psychotherapeut und Kommunikations- wissenschaftler Paul Watzlawick, der am 25. Juli 1921 in Villach in Kärnten geboren wurde (und am 31. März 2007 in Palo Alto starb), wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Seine Arbeiten, die den „systemischen“ Ansatz mitbegrün- deten, und sein „radikaler Konstruktivismus“ hatten einen enormen Einfluss – auch auf das Business-Coaching. „Paul Watzlawick war einer der wichtigsten Promotoren des systemtheoretischen Ansatzes“, ist sich Fritz B. Simon, Berlin, Pionier der deutschen Organisationstheorie, sicher. Aus Simons Sicht sind es insbesondere die beiden Bücher „Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien“ und „Lö- sungen: Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels“ (beide bei Hogrefe erschienen), die Watzlawick und sein Team vom Mental Research Institute (MRI) in Palo Alto berühmt gemacht haben. Beide Bücher gehen auf die Ideen des Anthropologen Gregory Bateson zurück, dessen systemisch-kybernetische Kommuni- kations- und Lerntheorien Watzlawick laut Simon erst „lesbar“ gemacht hat. Simon sagt über seinen Freund Watzlawick, mit dem er Kongresse in Deutschland und den USA veranstaltete: „Er hat die ganzen Überlegungen von Bateson operationalisiert und mitgeholfen, dass daraus praktikable Methoden entstan- den. Das ist ein großer Verdienst.“ „Man kann nicht nicht kommunizieren“ Watzlawick befasste sich intensiv mit zwischenmenschlicher Kommunikation und formulierte fünf Axiome, die auf jede Si- tuation mit kommunikativem Charakter zutreffen. Sie lauten: 1. Man kann nicht nicht kommunizieren. Jedes Verhalten enthält eine Botschaft, auch wenn der betreffende Mensch schweigt. Von Watzlawick Kommunikations­ fähigkeit lernen 2. Jede menschliche Kommunikation hat nicht nur einen In- haltsaspekt, sondern immer auch einen Beziehungsaspekt. Neben jeder Aussage zur Sache gibt es eine Aussage zur Beziehung zwischen den Beteiligten. 3. „Sender“ und „Empfänger“ nehmen den Ablauf einer Kom- munikation unterschiedlich wahr und gewichten den Verlauf anders. Es ist sinnlos, zwei Streithähne zu fragen, wie der Streit begonnen hat, weil jeder den Anfangspunkt unter- schiedlich festsetzen wird und sein Verhalten als Reaktion auf das Verhalten des anderen beschreiben wird. 4. In der menschlichen Kommunikation geht es nicht nur um Worte, sondern auch um nonverbale Aspekte wie Gestik, Mimik und Sprechweise. Worte und Körpersprache sollten zusammenpassen, sonst entsteht ein Störgefühl. 5. Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entwe- der symmetrisch (dann sind die Gesprächspartner gleich- gestellt) oder komplementär (dann steht der eine über dem anderen, weil er mehr Macht oder ein überlegenes Wissen hat. Der Unterlegene ist abhängig, was sich auch in der Kommunikation zeigt). Watzlawick war innovativ, weil er sich für das interessierte, was „zwischen“ den Menschen passiert. Er nannte dieses „Zwischen“ Kommunikation. Seine Analysen sind mittler- weile zum Allgemeingut geworden. Begriffe wie Feedback, Metaebene, blinder Fleck oder Beziehungsebene sind im Be- ratungs- und Personalentwicklungskontext selbstverständlich Foto: Ulf Andersen / Kontributor / gettyimages.de

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