Wirtschaft und Weiterbildung 11/2021

wirtschaft + weiterbildung 10_2021 27 R hinaus das „Chatbot-Mediated Learning (CML)“ in Form von auditiven oder tex- tuellen Lernsituationen zunehmend an Bedeutung gewinnen, wie Hyojung Jung und Kolleginnen im „Journal of Digital Contents Society“ 2020 betonen. Mithilfe der Chatbots könne die Bereitstellung von Feedback für die Lernenden effizienter und zeitlich unabhängig gestaltet werden, was die Zufriedenheit der Lernenden er- höhe, führen sie aus. Diese Entwicklung wird nicht zuletzt durch die anwendungsorientierten For- schungen im Zusammenhang mit dem KI-gestützten Textgenerator „GPT-3“ von Open AI forciert werden. Ben Buchanan vom „Center for Security and Emerging Technology“ beschreibt dieses System, das „ein riesiges neuronales Netzwerk, einen leistungsstarken Algorithmus für maschinelles Lernen und mehr als eine Billion Wörter menschlicher Texte zur Orientierung nutzt“. „GPT-3“ habe be- reits einen Meinungsbeitrag verfasst, der von „The Guardian“ in Auftrag gegeben wurde, und Nachrichten, von denen die Mehrheit der Lesenden dachte, sie seien von Menschen geschrieben. Zudem sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Texte und Audios in unterschiedlichen Sprach- versionen erstellbar sind und auch mehr und mehr „Virtual Reality“-Lernräume erstellt werden. 4. Baustein: „Open Learning Techno- logy Platforms“ Bei den Gestaltungsfeldern des Orchest- rierens soll die personalisierte und selbst- gesteuerte Kompetenzentwicklung der Lernenden technologisch unterstützt wer- den. Wie bereits erwähnt, können Lear- ning-Experience-Plattformen (LXP) eine entsprechende „Open Learning Techno- logy Platform“ anbieten. „Eine Learning Experience Platform (LXP) ist eine lerner- zentrierte Software, die dazu gedacht ist, personalisierte Lernerlebnisse zu schaf- fen und Nutzern beim Entdecken neuer Lernmöglichkeiten zu helfen. Sie nutzt die Kombination von Lerninhalten aus verschiedenen Quellen, Empfehlungen und Bereitstellung mithilfe künstlicher Intelligenz und über alle digitalen Touch- points hinweg, zum Beispiel als Desktop- Applikation, mobile App und mehr“, so fasst es der LXP-Anbieter Valamis zusam- men. Die Software-Spezifikation „Experi- ence API“ (xAPI) setzt dabei den Indust- riestandard, der die Kompatibilität unter den unterschiedlichen Lernarenen, einem weiteren Baustein im Gestaltungsfeld des Orchestrierens, eröffnet. Somit können Lernerfahrung von Benutzern über unter- schiedliche Lernplattformen und andere digitale und analoge Kontexte hinweg verfolgt, gespeichert und geteilt werden. Einen Überblick über die relativen Positi- onierungen von Lösungen und Anbietern für Learning Systeme im europäischen Markt gibt der „Fosway Group 9-Grid- Bericht 2021“. 5. Baustein: Lernarenen Wie bereits angesprochen sind Lernare- nen ein weiterer praxisrelevanter Bau- stein im Gestaltungsfeld des Orchestrie- rens. Das Konzept der Lernarena geht auf Kai Romhardt (1995) zurück: „Als orga- nisatorische Verankerung der lernenden Organisation wird hier die Errichtung von Lernarenen vorgeschlagen. In ihnen sollen kritische Lernprozesse des Unter- nehmens bewusst gemanagt werden. Die Gestalt der Lernarena ergibt sich dabei aus dem zugewiesenen Lernziel (…), den relevanten Lernprozessarten sowie den strukturellen, kulturellen und perso- nellen Besonderheiten der Organisation. Lernarenen überlagern die gewohnte Auf- bau- und Ablauforganisation, ohne sie zu ersetzen.“ Zu den zielgruppenorientierten Lernare- nen zählen Plattformanbieter wie Cour- sera, Udemy, Skillshare oder Udacity, ergänzt um offene Bildungsinhalte wie etwa MOOCs von nationalen und inter- nationalen Content-Anbietern wie zum Beispiel von der Technischen Universität München oder Opencampus.sh. Des Wei- teren sind unter Lernarenen auch zu sub- summieren: Mobile-Learning-Angebote, Lernspiele, praktische Tätigkeiten („Real- World Activities“), experimentelles Ler- nen, Simulationen, (Fach-)Lektüre oder „Collaborative Learning Settings“. 6. Baustein: „Enterprise Content Ma- nagement System“ Neben der Integration von aktuellen und an die Bedürfnislage der Lernenden aus- gerichteten Lernangebote und Lernin- halte von der Stange geht es mit Blick auf das Gestaltungsfeld des Orchestrierens auch darum, eine Learning-Hub-spezifi- sche Entwicklung von (digitalen) Lernin- halten und Lernformen zu ermöglichen – mithilfe von „Enterprise Content Ma- nagement System“ (ECM). Eigener Lern- content soll so inhaltlich und prozessual professionell produziert werden können. Hierbei sind Lehrende und Lernende als Content-Lieferanten oder Produzenten mit einzubeziehen. Als Lehr-/Lernfor- mate bieten sich in diesem Zusammen- hang an: Lernvideos, Computer / Web Based Trainings, Gamification / Game Based Learning, Podcasts, Simulationen Prof. Dr. Thomas Bartscher forscht zu Personal- management, Inno- vations- und Trans- formationsmanagement, Digitalisierung und Arbeit 4.0 an der Hochschule Flens- burg. Als Gesellschafter des IAD (Institut für Arbeit und Digitalisierung) beschäftigt er sich zudem mit den Herausforderun- gen der Digitalisierung in Arbeitssyste- men, publiziert Fach- und Lehrbücher und ist als Consultant und Speaker tätig. t.bartscher@ipp-institut.de www.ipp-institut.de AUTOREN Regina Nissen ist in der gesetzli- chen Krankenver- sicherung tätig und darüber hinaus Geschäftsführerin der IPP-Institut GmbH, Management- und Organisationsbera- tung sowie des IAD (Institut für Arbeit und Digitalisierung). Als Autorin beschäftigt sie sich neben personalwirtschaftlichen Fragen mit den Folgen der Digitalisierung auf Beschäftigungssysteme und vermit- telt dieses Wissen als Lehrbeauftragte. r.nissen@ipp-institut.de www.ipp-institut.de

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