Wirtschaft und Weiterbildung 11/2021

titelthema 22 wirtschaft + weiterbildung 10_2021 spielhaft zusammengestellt, worauf es ankommt, die Erfolgs- und Misserfolgs- treiber des digitalen Transformationspro- zesses zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren. Es gilt … • die digitalen Prozesse auf eine be- stimmte Strategie, einen Betrieb, die Arbeit bestimmter Mitarbeitenden und die Kunden anzuwenden • die Sprache der Datenanalysten kennenzulernen und von deren Exper- tise zu profitieren • zu beachten, welche Unternehmens- kultur die digitale Transformation för- dert und welche sie hemmt und man Veränderungen anstößt • die Mitarbeitenden an den Verände- rungen teilhaben zu lassen • eine Umsetzungs-Roadmap zu entwi- ckeln. Im Mittelstand wird die Kombination aus Robotik und Deep Learning in naher Zu- kunft die Produktions- und Arbeitswelt umkrempeln. Eine Weiterbildung in Sa- chen Digitalisierung sollte deshalb laut Simon schnell kommen, nicht nur auf das Selbstlernen der Mitarbeitenden set- zen (siehe Interview Seite 23) und von zusätzlichen staatlichen Bildungsmaß- nahmen begleitet werden. Die von Hermann Simon gegründete Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners Strategy & Marketing Consul- tants GmbH, Bonn, ist selbst eine Art Hidden Champion. Simon-Kucher hat sich global auf die optimale Festlegung von Verkaufspreisen spezialisiert und ist mit mehr als 1.400 Mitarbeitenden in 26 Ländern aktiv. Das Potenzial der Digita- lisierung wurde schon im Jahr 2019 er- kannt, als die Tochterfirma Simon-Kucher Digial gegründet wurde. Das Motto lau- tet: Die digitale Reife eines Unternehmens („Digital Maturity“) muss jederzeit von der digitalen Monetarisierung („Digital Monetization“) begleitet werden. Dazu wurde ein „Digital Maturity & Monetiza- tion Score“ entwickelt. Die eigene Profes- sionalität in Sachen Digitalisierung wird aber nicht dazu führen, dass man sein Wissen in einer Art Akademie ergeben will. Simon schwört auf die Spezialisie- rung seiner Beratungsgesellschaft, auf die Kalkulation von Preisen und empfiehlt in Sachen digitaler Weiterbildung deutsche und internationale Business Schools. Mittelständler wollen keine Börsengänge Wenn sich der deutsche Mittelstand über die Börse finanzieren würde, könnte er schneller wachsen. Das wäre in der jet- zigen Umbruchphase sehr wichtig. In sehr schnell wachsenden Märkten bil- det die langsame Finanzierung aus dem Cash-Flow heraus eine Wachstums- und Skalierungsbremse. Gerade heute kommt es laut Simon darauf an, sehr fruh die fuhrende Marktposition zu besetzen. An Beispielen aus China kann man ablesen, dass chinesische Hidden Champions we- sentlich fruher an die Borse gehen und sich so umfangreiches Kapital beschaf- fen, das sie in Wachstum und Innovation investieren. Aber für viele deutsche Un- ternehmerfamilien ist das Thema Börsen- gang ein Tabuthema. Als börsennotierte Aktiengesellschaft muss man natürlich viel mehr Information offenlegen als eine GmbH. Die Transparenz ist aber keines- wegs zum Nachteil eines Unternehmen. Wenn Profis von außen auf ein Unter- nehmen kritisch schauen, dann sind das wertvolle Sparringspartner. Simon: „Ich kann nur von denen sagen, die an die Börse gegangen sind, dass sie damit sehr gute Erfahrungen gemacht haben und mehr Disziplin in das Unternehmen hi- neinbekommen haben – zum Beispiel bei der Lösung der Nachfolgeproblematik.“ Zum Glück gibt es noch die Sunrise Industries Neben den schrumpfenden Sektoren einer Volkswirtschaft gibt es immer auch neue Sunrise-Industrien, die Arbeitsplatze und Wohlstand schaffen. Eine Sunrise- Industrie ist eine Branche, die neu oder relativ neu ist, schnell wachst und die voraussichtlich in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird. Wie kann der den Nie- dergang von Hidden Champions in Sun- set-Industrien durch neue Firmen in den Sunrise-Sektoren kompensiert werden? Es gibt in Deutschland durchaus eine be- achtliche Zahl von Unicorns, junge Unter- nehmen, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind. Was aber noch interessanter ist: Es gibt im Business-to-Business-Ge- schäft laut Simon Hidden Champions die man zum Sunrise-Sektor rechnen kann: Unternehmen aus dem Tunnelbau, der Renovierung von Straßen und der Infra- struktur, den Technologien wie Magnet- bahn oder Hyperloop, den energetischen Sanierungen, der Medizintechnik. Ein Thema, bei dem man große Chancen fur die Hidden Champions sehen kann, ist die Nachhaltigkeit. Die Nachhaltigkeit wird zum Großteil auf den vorgelager- ten Stufen der Wertschopfungskette be- stimmt, namlich in der Rohstoffbeschaf- fung, im Herstellungsprozess und in der Logistik. Da haben die Hidden Champi- ons hohe Kompetenzen. Das gilt auch für weitere Sunrise-Zutaten wie Automati- sierung, Robotik, additive Fertigung und kunstliche Intelligenz. Voraussetzung fur einen zukunftigen Erfolg sind letztlich tiefe Kenntnisse der Kundenprozesse, In- novationskompetenz und Agilitat. Simon ist hier optimistisch: „Diese Fahigkeiten haben die Hidden Champions bisher be- wiesen und werden es in Zukunft tun.“ Martin Pichler R Foto: 1494 / AdobeStock

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==