Wirtschaft und Weiterbildung 5/2021

wirtschaft + weiterbildung 05_2021 27 und Handeln abgeben wollen. Die zent- rale Frage ist die nach den Interessen, um Handeln zu steuern – soweit man davon überzeugt ist, dass Handeln durch Incen- tives gesteuert werden kann. Nachhaltige HR-Instrumente In der Nachhaltigkeitsdebatte kommt es gleichwohl auf den Beitrag von HR an – und das beschränkt sich nicht auf den Teil in der nichtfinanziellen Erklärung mit der Beschreibung aller Sozialaspekte. Viel- mehr müssen auch entsprechende Kon- zepte und Instrumente erläutert werden, um den Unternehmensführungskodex zu beschreiben. So sollte die Frage geklärt werden, wie nachhaltiges Management gesteuert wird und wie ein Unternehmen seiner „Social Responsibility“ nachkom- men kann. Die unternehmerische Absicht wird ergänzt um die soziale Verpflich- tung. Dabei geht es um mehr als nur um die Beschreibung eines internen Kontroll- systems (IKS), das für jede Entgeltabrech- nung obligatorisch ist, um Missbrauch zu verhindern. Soziale Arbeitgebermarke Die Nachhaltigkeit beginnt schon beim Employer Branding. Hier geht es darum, die eigene Arbeitgebermarke nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial dar- zustellen: Was ist der sinnstiftende Mehr- wert, jenseits des Zwangs, Geld zu ver- dienen? Was ist die besondere Aufgabe eines Unternehmens, einen Mehrwert anzubieten und zu leisten? Dieser „Purpose“ ist zunehmend von Belang, weil sich das Profil eines Unter- nehmens im Wettbewerb um die Talente nicht nur wirtschaftlich definiert. Zuneh- mend steht für Berufsanfänger nicht so sehr der monetäre Aspekt als vielmehr das Gesamtimage eines Unternehmens im Mittelpunkt. Das führt weiter zum Recruiting, etwa mit der Formulierung einer Auswahlricht- linie, was auch als Betriebsvereinbarung möglich ist. Darin werden die Kriterien beschrieben, die zu einer Personalent- scheidung führen – ohne Ansehen der Person, nur gestützt auf Nachweise und Fähigkeiten. Eine solche Kodifizierung des Recruiting-Handelns hilft freilich auch, um Auswahlentscheidungen zu begründen und in mitbestimmten Unter- nehmen die Zustimmung des Betriebsrats im Verfahren nach § 99 Betriebsverfas- sungsgesetz einzuholen. Nachhaltige Vergütung Auch die Vergütungspolitik kann zur Nachhaltigkeit beitragen, etwa mit der Etablierung einer Langfristorientierung (mehrjährige Ziele und deren Etablierung als „Long Term Incentive“). Nicht die In- centivierung von Umsatz, sondern von nachhaltigem Ertrag steht dann im Fokus. Nicht das Honorieren von Abschlüssen, sondern die Werthaltigkeit von Vertrags- beziehungen soll belohnt werden. Auch wiederkehrende Umsätze sind eher ein Nachhaltigkeitsfaktor, weil sie auf eine längerfristige Kundenbindung und -be- ziehung abstellen. In einer längerfristigen Beziehung stehen der Fairnessgedanke und Ausgleich von Interessen eher im Mittelpunkt als bei schnellem, einmali- gem Straßenverkauf. Der Händler, der morgen weiterzieht, muss keine Rück- sicht auf das Wohlergehen seines Kunden nehmen. Der Partner aber, der mehrere Jahre Umsatz aufbauen will, braucht eine ausbalancierte Beziehung. Für Vorstandsvergütungen gibt hier der „Corporate Governance Kodex“ den Rah- men vor. „Corporate Governance“ ist der rechtliche und faktische Ordnungsrah- men für die Leitung und Überwachung von Unternehmen. Über § 161 Aktienge- setz („Entsprechenserklärung“) müssen börsennotierte Unternehmen bestätigen, dass sie dem Inhalt des Kodex entspre- chen beziehungsweise worin und warum sie dem nicht entsprechen. Damit ist der Kodex faktisch eine wirksame Norm für die Vergütungspolitik und deren Nachhal- tigkeitsaspekte. Soziales Engagement Manche Unternehmen stellen ihre Mitar- beiter einen Tag im Jahr frei, um soziale Projekte durchzuführen, stellen entspre- chende Ausbildungsplätze bereit (siehe etwa das „Tarifliche Förderjahr“ in der Metallindustrie) oder unterstützen ehren- amtliche Tätigkeiten durch Freistellung. Die Palette der Möglichkeiten reicht über die gesamte arbeitsrechtliche Bandbreite: etwa die Zusicherung, den gesetzlichen Mindestlohn und mit dem Entgelttrans- parenzgesetz die Mitarbeiter auch gen- derkonform zu bezahlen. Auch das Ge- setz zur befristeten Teilzeit gibt materi- ell einen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Die Pflicht des Arbeitgebers, auf einer Be- triebsversammlung einen Personal- und Sozialbericht abzugeben (§ 43 Abs. 2 Be- trVG), der auch den Stand der Gleichstel- lung und die Integration ausländischer Beschäftigter thematisiert, galt schon lange, auch wenn das in der Betriebspra- xis nicht ganz so eng gesehen wird. Intrinsische Motivation Jenseits der Versuche, über die CSR-Richt- linie der Europäischen Union (EU) und jenseits der Wirkungen des „Corporate Governance Kodex“ und sogar über die Standards der IFRS hinaus, ist ein Trend zu erkennen, gutes Verhalten zu beschrei- ben und durch Nachhaltigkeitskonzepte zu untermauern. Die intrinsische Motiva- tion ist dabei zunehmend eine relevante Größenordnung, so wie „Purpose“, also eine sinnstiftende Tätigkeit, die Arbeit- geberwahl der Absolventengeneration bestimmt. Es ist schon ein interessantes Betätigungs- feld für den Personalbereich, jenseits der Textbausteine zur nichtfinanziellen Erklä- rung weitere Instrumente und Bausteine zu liefern, um den Nachhaltigkeitsgedan- ken zu etablieren. Die Diskussion dazu hat gerade erst begonnen. Rupert Felder Prof. Dr. Rupert Felder ist seit Februar 2012 Leiter Per- sonal der Heidel- berg Gruppe. Der weltweit aufgestellte Druckmaschinen-Konzern beschäftigt rund 11.000 Mitarbeiter. Zudem ist Felder Honorarprofessor an der Hoch- schule Rhein-Main und Vizepräsident des Bundesverbands der Arbeits- rechtler in Unternehmen (BVAU). Heidelberger Druckmaschinen AG Gutenbergring, 69168 Wiesloch rupert.felder@heidelberg.com www.heidelberg.com AUTOR

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