Wirtschaft und Weiterbildung 5/2021

titelthema 20 wirtschaft + weiterbildung 05_2021 04. ... etwas, das Gelassenheit erzeugt, wenn es im Alltag schwierig wird. 05. ... ein kostenloses Medikament, das heilen kann, wenn es richtig dosiert wird. R Gelegentlich führe ich für die Kunden meines Humorinstituts Online-Team- Coachings in meinem Kellerstudio durch. Mein Mann, Geschäftsführer einer Agen- tur, sitzt eine Etage höher in seinen Büro- räumen, in einem Online-Meeting. Unser Sohn, seit Kitaschließung abwechselnd von uns betreut, sitzt heute bei Papa auf dem Schoß. Er muss auf die Toilette im Untergeschoss und kommt zu mir ins Studio, zieht an meinem Arm und will mir unbedingt etwas zeigen. Ich lasse meinen Sohn kurz in die Kamera winken, übergebe das Wort an einen Kollegen und sage: „Ich kann Ihnen sicher gleich etwas ganz Beeindruckendes berichten.“ Als ich zurückkomme, erzähle ich mit übertrie- benen Worten von einem Eiszapfen, den wir dringend beim Gang auf die Toilette begutachten mussten – ein erlösendes La- chen in einer anstrengenden Zeit. Dünnhäutigkeit aushalten Als mittelständiges Fortbildungsinstitut hatten wir im Jahr 2020 wenig zu lachen. Im Frühjahr gab es einen dramatischen Umsatzeinbruch, die Mitarbeitenden waren auf einen Schlag ohne Auftritte vor Ort und gleichzeitig mussten alle das Dreifache arbeiten, um die Dinge wieder ins Rollen zu bringen. Mein Team, von der Büroleitung bis hin zur Trainerin im Homeoffice, hat seitdem Enormes ge- leistet. Manche mit kleinen Kindern zu Hause und im Homeschooling. Andere mit der eigenen Mutter im Krankhaus, die Uns tat das gut. Unsere Kunden und uns holte das aus der Schockstarre. Viele Menschen nahmen unseren Kalender sehr dankbar an. In einer der wöchent- lichen Teamsitzungen diskutierten wir online über die gerade wieder geöffneten Spielplätze. Eine Mitarbeiterin mit er- wachsener Tochter sagte: „Ich wollte mit meiner Tochter auch unbedingt auf den Spielplatz. Sie wollte aber nicht.“ Alle lachten. Wenn ich das letzte Jahr Revue passieren lasse, haben wir uns mit dem Lachen ge- genseitig immer wieder angesteckt. Regel- mäßig starteten wir selbst mit Schmunz- lern über tragisch-komische Momente in unserem Meeting der Woche. Jüngst berichtete ich von einer Online-Bespre- chung mit einer Aufsichtsrätin, deren de- mente Mutter ins Bild lief. Diese verstand nicht gleich, dass es ein Meeting war und schaute sehr verwundert. Wir begrüßten sie alle mit freundlichem Winken und großem Hallo. Sie grüßte freundlich zu- rück. Die Aufsichtsrätin sagte: „Ohne meine Mutter läuft hier nix.“ Ein kurzes Lachen zusammen in einer schweren Zeit. Sie erzählte uns, dass sie aufgrund einer Demenzerkrankung zeitweise zu ihrer Mutter gezogen war. Das hätte ich in einem realen Meeting wahrscheinlich so nie erfahren. Humor bringt uns näher. Und die Zeit der Distanz zeigt Nähe gerade aus un- erwarteten Ecken. Deshalb sagt der Volksmund wohl: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Aber was bedeutet das eigentlich? Humor ist heitere Gelassen- heit. So definiert es der Duden. Trotz der Widrigkeiten des Lebens lachen, schreibt Wikipedia. Humor ermöglicht Abstand. Und damit macht er eine Krise leichter und lässt uns durchatmen. Humor kann man nicht besuchen durfte. Vielen von uns ging der Humor flöten. Dabei benöti- gen wir ihn gerade jetzt so dringend, um weiter durchzuhalten. Bei aller Solidarisierung, Dünnhäutigkeit, Mutlosigkeit, bei allen Bedenken sind wir durch endlose Online-Meetings wel- lenförmig erschöpft, zoom-müde und in Sorgenschleifen gefangen. Man könnte meinen, Humor sei in diesen Zeiten völ- lig fehl am Platz. Dabei hat Humor nicht nur bei uns nach der ersten Schockstarre in der Coronakrise gute Dienste geleistet: Der Osterhase 2020 war systemrelevant: Er hat keine Ostereier versteckt, sondern Klopapier. Es gab viele gute Maskenwitze. Martin Sonneborn, ehemaliger Journalist beim Satiremagazin Titanic und nun seit vielen Jahren im EU-Parlament, postete: „Habe heute maskierte Männer an der Tankstelle bei einem Überfall gesehen. Vorbildlich.“ Im Jahr 2019 wäre es nicht lustig gewe- sen, zu fragen: „Muss sich Farin Urlaub nun zu Inka Rantäne umbenennen?“ Zu lesen war auch: „Wenn Kirche und Puff gleichzeitig schließen, dann haben wir echt ein Problem.“ Zu Weihnachten 2020 glich die Geschenkeübergabe an unsere Liebsten und Freunde einer Lösegeld­ übergabe in einer TV-Doku. Wir vom Deutschen Institut für Humor produ- zierten im Frühjahr 2020 bereits einen Humor-Krisenkalender. Jeden Tag ein Humortürchen. Jeden Tag einen kleinen Schmunzler trotz eigener Krise. Jedes Teammitglied steuerte Beiträge dazu bei. 06. ... auch vorhanden, wenn einem etwas Schlagfertiges erst nach Stunden einfällt. „ Humor macht eine Krise leichter und lässt uns trotz aller Widrigkeiten ruhig durchatmen.“ Eva Ullmann

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