Wirtschaft und Weiterbildung 3/2021

wirtschaft + weiterbildung 03_2021 27 zwischen öffentlicher und interner Kom- munikation unterscheiden. Fast alle ex- trovertierten Trainer ziehen mit ihrer offenen und oft auch offensiven Art der Kommunikation die Aufmerksamkeit be- wusst auf sich, um den Druck von ihren Spielern zu nehmen. Nach außen wirken sie oft streng und dominant, werden von ihren Spielern aber in der Regel akzeptiert und respektiert. Inwiefern Fußballtrainer Kommunikation gezielt lernen, darüber kann nur spekuliert werden. Die meisten Trainer imitieren wohl ihre Vorbilder oder handeln aus eigener Intuition. Dies wäre bei Wirtschaftsmanagern mit entspre- chender Ausbildung vielleicht anders. Man kann drei Kommunikationsstile in der Führung unterscheiden: aufmerk- same, dominante und beeindruckende Kommunikation. Für die aufmerksame Kommunikation lässt sich erneut Joa- chim Löw als Beispiel heranziehen. Seine nüchterne Art prägt auch seine Kommu- nikation. In den Medien kann er sehr gut seine Meinungen und Beweggründe für jeden verständlich erklären und auch in der Kommunikation mit den Spielern wählt er bedacht die richtigen Worte wie zum Beispiel „Optimierung“ statt „Feh- ler“ oder „Schwächen“. Mit seiner Art der Kommunikation erreicht er damit sowohl die einzelnen Spieler als auch das ganze Team. „Dem Fußballcoach gelingt es, jedes Teammitglied entsprechend seiner Persönlichkeit anzusprechen – je nach Si- tuation mal emotionaler, mal rationaler“, schreibt Antje Heimsoeth 2017 in Capital. Dominante Kommunikation Für den dominanten Kommunikationsstil kann Huub Stevens als Beispiel dienen: Er ist ein direkter und authentischer Trai- ner, der seine Spieler auch wortlos wis- sen lässt, woran sie sind. Er hat aufgrund seiner mürrischen Art den Spitznamen „Knurrer von Kerkrade“. Spieler bezeich- nen ihn als „absolute Respektsperson“ mit autoritärem Führungsstil und laut- starken Ansagen, die auch Humor hat. Seine Kommunikation ist direkt und unverblümt. So erzählte sein damaliger Spieler Gerald Asamoah einmal gegen- über N-TV: „Ich lag mal im Krankenhaus, war gerade operiert worden. Er hat kurz gefragt, wie es mir geht – und dann hat er mir sämtliche Fehler der Hinrunde aufgezählt. Aber ich habe geweint, als er gegangen ist, denn ich habe gemerkt: Der meint es gut mit dir.“ Beeindruckender Kommunikationsstil Einige Fußballtrainer und -trainerinnen motivieren ihre jeweiligen Spieler durch eine beeindruckende Kommunikation – zum Beispiel Christian Streich und Jürgen Klopp: Streich ist voll und ganz Trainer des SC Freiburg, regional verhaftet und er spricht nur in seiner alemannischen Mundart. Er ist in ganz Fußballdeutsch- land bekannt und beliebt und wurde von Bundesligaspielern noch vor dem Triple- Gewinner Jupp Heynckes zum „Trainer des Jahres 2013“ gewählt. Seine Kommu- nikation mit den Spielern ist akribisch, positiv, er fokussiert auf die Arbeit hinter dem Erfolg. Er nimmt die Spieler fachlich und emotional mit. So sagte er 2012 „11 Freunde“ über seine Spieler: „Ich finde es wichtig, wenn sie merken, dass ich mich für sie interessiere und nicht nur für ihre Ballannahme.“ Jürgen Klopp beherrscht die beeindru- ckende Kommunikation als Fußballtrai- ner quasi perfekt. Alle hören ihm gerne zu – eigene und gegnerische Fans, Men- schen, die gar keine Fußballfans sind, die Presse. Auch er stellt sich mit seinem Ego sehr oft schützend vor seine Mannschaf- ten und zieht die Aufmerksamkeit gewollt auf sich, um den Druck von seinen Spie- lern zu nehmen. Klopp hat Klarheit und Konsequenz in seiner Art der Kommunikation. Er fördert und fordert Respekt und Teamgeist. Psy- chologisch nutzt er viel das Reframing, das Umdeuten von Negativerlebnissen. Hauptsächlich lebt seine Art der Kommu- nikation von seiner persönlichen Hingabe an Mannschaft, Verein und Ziele, die er dann mit seiner ihm eigenen Energie auf alle anderen Beteiligten und Interessierten übertragen kann. Das macht ihn aber nur oberflächlich zum Kumpeltypen, denn auch diese Führungskommunikation ist Machtausübung, aber statt Befehl und Gehorsam wird sie über eine „komplexe Allianz aus Leidenschaft, Loyalität und Drill“ ausgeübt, wie Andreas Bernard im SZ-Magazin 2011 analysierte. Kommuni- kation, Emotion und Motivation sind bei Klopp eine Einheit und daher für seine Zuhörer so beeindruckend. Effektivität der Führungsstile Alle hier genannten Führungspersönlich- keiten waren oder sind sehr erfolgreich. Es zeigt sich jedoch, dass einige Füh- rungsstile eher nachhaltig und vorbildlich sind als andere. Dies belegen auch meh- rere hundert wissenschaftliche Studien von unabhängigen Wissenschaftlern, die Manager in verschiedensten Organi- sationen, Ländern und Branchen unter- sucht haben. Insgesamt zeigt sich, dass transformationale und transaktionale Führung am erfolgreichsten ist. Zudem wurde nachgewiesen, dass instrumentelle Führung zu mehr Erfolg bei den Mitar- beitenden führt. Schließlich ist negative Führung negativ mit Leistung assoziiert: Je mehr negative Führung gezeigt wird, desto weniger leisten Mitarbeitende. Balance der Verhaltensweisen Bei modernen Führungskräften sollten also mehrere – nicht unbedingt alle – der transformationalen Verhaltensweisen an erster Stelle stehen (wie eine positive Zukunftsvision, die glaubhaft vorgelebt wird). Um die Vision für die Mitarbeiten- den erreichbar zu machen, ist instrumen- telle Führung nötig. Es gilt, Schritte auf dem Weg zur Erreichung der Vision zu erarbeiten. Dann folgt die transaktionale Führung, bei der allen Mitarbeitenden kurzfristige Ziele aufgezeigt werden und auch was bei der Zielerreichung erwartet werden kann. Mit einer ausbalancierten Mischung von Verhaltensweisen haben Manager die besten Chancen auf eine nachhaltig hohe Leistung und Zufrieden- heit ihrer jeweiligen Mitarbeitenden. Dies impliziert, das passive Verhaltens- weisen wie Laissez faire nicht gezeigt werden sollten, ebenso wenig wie des­ truktive Führung. Mit dieser Balance an Verhaltensweisen aus dem Integrativen Führungsmodell haben Manager und Ma- nagerinnen die besten Chancen auf eine nachhaltige hohe Leistung und Zufrie- denheit ihrer jeweiligen Mitarbeitenden. Jens Rowold, Christina Neugebauer und Nele Hartmann

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