Wirtschaft und Weiterbildung 3/2021
personal- und organisationsentwicklung 26 wirtschaft + weiterbildung 03_2021 Felix Magath wird oft als harter, kompro- miss- und humorloser Trainer beschrie- ben. Man darf allerdings dabei seine Er- folge nicht vergessen. So gelang ihm 1998 der Aufstieg in die Erste Bundesliga mit dem 1. FC Nürnberg, der Gewinn des DFB-Pokals 1999 mit Werder Bremen und 2003 die Vize-Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart. Mit dem FC Bayern München wurde er zweimal in Folge Double-Ge- winner (Pokalgewinn und Meisterschaft). 2009 machte er erstmalig den VfL Wolfs- burg zum Deutschen Meister. Aufgrund all dieser Erfolge wurde er in vielen Jah- ren zum „Trainer des Jahres“ gewählt. Den genannten Erfolgen steht das menschlich-emotionale Leiden hinter diesen Erfolgen gegenüber. Von Felix Ma- gath selbst kommen Zitate wie „Qualität kommt von Qual“ und „Wer dich nicht fürchtet, respektiert dich nicht“. Seine Spieler kritisieren militärische, mensch- lich fragwürdige Methoden. Auch Funk- tionäre wie Uli Hoeneß, die ihn gerade wegen seiner Erfolgsmentalität eingestellt haben, kritisieren ihn. In erfolgreichen Trainerstationen wie in Wolfsburg, die er wider Erwarten erstmals zur Deutschen Meisterschaft führte, war man froh, als er wieder ging. Oft haben Führungskräfte, die destruktiv führen, starke negative Gefühle, die sie in die Kommunikation gegenüber den Mit- arbeitenden einfließen lassen, um kurz- fristig Ziele zu erreichen. „Ein Mensch, der ihm ausgesetzt ist und sich seiner Meinung nicht anschließt, ist ein Wider- sacher, im Zweifel ein Arschloch“, ana- lysierte 2010 Stefan Willeke in „Die Zeit“. Magath ist nicht als eloquent bekannt und legt keinen Wert auf Kommunika- tion. Magaths Spieler litten unter der mangelnden oder sehr selektiven Kom- munikation. Auch nutzt er Schweigen als Strafe: „Er schweigt Spieler an, die sich seinen Anweisungen widersetzen. Das ist eine Strafe, weil sie auf seinen Rat ange- wiesen sind“, so Willeke. Der Führungsstil des Trainers Carlo Ancelotti Zentral für die Laissez-faire-Führung ist es, die Beantwortung dringender Fragen zu verschieben und generell Führungs- verhalten zu vermeiden. Dazu lässt sich das Beispiel von Carlo Ancelotti heranzie- hen. Natürlich fällte Ancelotti bei seiner Arbeit Entscheidungen und zeigte teil- weise aktive Führungsverhaltensweisen. Jedoch gilt er als derjenige Trainer, der am ehesten den Laissez-faire-Führungs- stil verkörpert. Carlo Ancelottis Erfolge sind sehr beachtlich. 1994 erreichte er als Co-Trainer mit Italien das WM-Finale. 1996 stieg er mit dem AC Reggiana in die Serie A auf. Mit dem AC Milan erreichte er 2003 den Champions-League- und den Pokalsieg, 2004 die Meisterschaft und 2007 gewann er erneut das Champions- League-Finale. Mit dem FC Chelsea holte er 2010 das Double (FA-Cup und Meis- terschaft), mit Paris Saint-Germain 2013 die Meisterschaft, mit Real Madrid 2014 Pokal- und Champions-League-Sieg. Mit dem FC Bayern München wurde er 2017 Meister. Diese Erfolge lassen den Schluss zu, dass der Laissez-faire-Führungsstil bei Welt- klasse-Clubs zu Erfolgen führen kann. Aber der Erfolg liegt dabei auch sehr stark an den jeweiligen Weltklasse-Spielern und ihrer hohen Selbstdisziplin. Bei we- R niger gut aufgestellten Clubs kann die Art der Führung nicht funktionieren. Ancelotti hat selbst ein Buch über seinen Führungsstil geschrieben, den er „Quiet Leadership“ nennt. Er propagiert darin einen zurückhaltenden Führungsstil, ohne laut zu werden, befürwortet ruhiges und überlegtes Handeln, besonnene Ent- scheidungen und ruhige Überzeugungs- kraft. Sein Führungsverhalten ist also nicht durch völlige Abwesenheit von Ent- scheidungen – wie sie für Laissez faire ty- pisch wäre – gekennzeichnet, aber doch durch sehr langsame Entscheidungen. Dieser Führungsstil führte in der Realität langfristig mehrfach zur Kündigung. „Ich weiß, dass ich meine Erfolge meiner Ruhe und Gelassenheit verdanke“, schrieb der Italiener einmal und wunderte sich: „Wie kann dann der Misserfolg dieselben Gründe haben? Es ist ein Paradox.“ Aufmerksamer Kommunikationsstil Bei der Kommunikation von Fußball- trainern und -trainerinnen muss man Quellen. Die beschriebenen Verhaltensweisen der im Text dargestellten Trainer und Trainerinnen beruhen auf der Fußballberichterstattung in den Medien. Neben den im Artikel direkt zitierten Beiträgen waren dies Berichte von Die Welt, Der Spiegel, Focus, Brand Eins, FAZ, Berliner Zei- tung, Stuttgarter Zeitung, Süddeutsche Zeitung, GQ, Kicker und 11 Freunde sowie Blogbeiträge von Antje Heimsoeht und Boris Thomas. Die angeführten Studienergebnisse zur Effektivität der Führungsstile lassen sich hier nachlesen: · Sturm, M., Reiher, S., Heinitz, K., & Soellner, R. (2011). Transformationale, transaktionale und passivvermei- dende Führung. Zeitschrift für Arbeits-und Organisations- psychologie A&O. · Antonakis, J., & House, R. J. (2014). Instrumental leader- ship: Measurement and extension of transformational– transactional leadership theory. The Leadership Quarterly, 25(4), 746-771. · Schyns, B., & Schilling, J. (2013). How bad are the effects of bad leaders? A meta-analysis of destructive leadership and its outcomes. The Leadership Quarterly, 24(1), 138- 158. Literaturhinweise
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==