Wirtschaft und Weiterbildung 3/2021
wirtschaft + weiterbildung 03_2021 19 nutzen, um meine Mitarbeiter zu führen, und nur 20 Prozent, um schwierige fach liche Probleme in meiner Abteilung zu lösen“, wäre ein viel konkreteres Ziel, das sich durch ein Coaching nachweis bar (durch entsprechende Arbeitsproto kolle) erreichen lässt. Wenn die Leistung einer Führungskraft gemessen werden soll, kann man Mitarbeiterbefragungen zur Beurteilung zurate ziehen, den Kran kenstand der Mitarbeiter messen oder bestimmte Führungskompetenzen defi nieren und durch Beobachtung oder Be fragung deren Erfüllung erfassen. Die Ver änderung der Anzahl der Kündigungen in einer bestimmten Abteilung kann zum Beispiel auch ein Kriterium sein, um Coa ching-Erfolge nachzuweisen. Mitarbeiter verlassen nach einem gängigen Bonmot nicht ein Unternehmen, sondern ihren direkten Vorgesetzten. Das passende Coa ching-Ziel für den Abteilungsleiter könnte lauten: Bezogen auf das gesamte Unter nehmen (oder bezogen auf „unsere“ Branche) liegt die Kündigungsrate bei zehn Prozent pro Jahr. In meiner Abtei lung soll die Kündigungsrate von zwanzig Prozent auf den Durchschnittswert sin ken. Der Erfolg des Coachings lässt sich dann sehr schnell ermitteln, wenn man die Recruiting-Kosten eines Mitarbeiters mit der Anzahl der verhinderten Kündi gungen multipliziert. In einem ersten Schritt kann man Unter nehmen nur ermutigen zu überprüfen, wie sie ganz generell den Nutzen von Coaching ermitteln. Denn ohne mess baren Nutzen mit smarten Zielen bleibt Coaching ein „Nice-to-have“ und ist keine „richtige“ Investition. Es lohnt sich zum Beispiel, wenn ein Coach während eines Coaching-Prozesses sich mit dem Coa chee und dessen direktem Vorgesetzten und womöglich auch dem zuständigen Personalentwickler regelmäßig trifft, um über Ergebnisse zu reden – ganz abgese hen davon, dass das 360-Grad-Feedback, das für den Coachee erhoben wird, ein sehr guter Indikator für Coaching-Erfolge sein kann. Ist Coaching die richtige Methode? Nachdem der gewünschte Nutzen als Ziel feststeht („Max Meier soll sein Führungs verhalten so verändern, dass seine Mit arbeiter mehr Freiräume erhalten und so ein zusätzlicher Umsatz von X Tausend Euro ermöglicht wird“), gilt es die Alter nativen zu ermitteln und zu beurteilen. Bei Verhaltensfragen gilt Coaching als ein hilfreicher Ansatz. Eine ernsthafte Investitionsentscheidung nimmt solche allgemeinen Aussagen aber nicht als ge geben hin, sondern hinterfragt sie. Viel leicht gibt es ja Alternativen, die einen ähnlichen Nutzen erzeugen? Denn zuge gebenermaßen ist Einzel-Coaching eine Investition, die nicht skalierbar ist. Wäh rend man die Kosten eines Seminarleiters auf zum Beispiel zehn Seminarteilnehmer umlegen kann, kommen die Kosten für einen Coach direkt nur einem Mitarbei tenden zugute. Was sind also Alternativen im Bereich der Verhaltensänderung? Viele Unterneh men haben etablierte Trainingssysteme, die auch das Thema Verhaltensände rung abdecken können. Trainings sind das bevorzugte Format, wenn es um die Wissensvermittlung geht. Weiß eine Füh rungskraft also nicht, welche Führungs stile es gibt und wo sie sich einordnet, oder wenn es darum geht, sich in neuen Tools wie Zoom zurechtzufinden, kann Training oft helfen. Geht es hingegen um die Veränderung des eigenen Verhaltens geht es häufig auch ans „Eingemachte“ und ans Unbe wusste, welches sich im Gruppenformat eines Trainings nur bedingt darstellen lässt, weil hier auch Ängste geweckt werden, sich vor der Gruppe zu öffnen. Gerade Themen wie Werte und Glaubens sätze und deren Veränderung brauchen einen geschützten Coaching-Raum und längere Zeiträume, damit sie effektiv be arbeitet werden können. Neben einem Training gibt es noch wei tere Alternativen, nämlich Mentoring und Beratung. Beides sind Ansätze, in denen Ratschläge erteilt werden. Im Mentoring gibt ein erfahrener Manager seine Erfah rung an weniger erfahrene und oft jün gere Mitarbeitende weiter, im Sinne von: „Wenn Sie hier so wie ich erfolgreich sein wollen, dann sollten Sie Y tun und Z las sen.“ Während man bei Mentoring den Rat von einem „Unternehmensexperten“ erhält, ist der klassische Berater ein „The menexperte“, der mit konkreten Ratschlä gen weiterhilft. Mentor und Berater ist eigen, dass ihre Ratschläge nur die ratio nale Seite des Ratsuchenden ansprechen. Unbewusst interpretiert man Ratschläge als Handlungsanweisungen, die durch ihre Klarheit und Struktur zusätzlich ein laden, einfach abgearbeitet zu werden. Die emotionale Seite hingegen wird ver nachlässigt und, da gerade die Verhal tensänderung oft an der Motivation schei tert, sind Mentoring und Beratung nur bedingt hierfür geeignet. Zudem haben tief eingebettete Werte und langjährig gepflegte Glaubenssätze in der Beratung keinen Platz. Die Betrachtung der Coaching-Alterna tiven ist äußerst wichtig. Ob Coaching das Richtige ist, hängt davon ab, welche Verhaltensänderung gewünscht wird und wie schwierig diese zu erreichen ist. Viel fach haben die Klienten schon Trainings durchlaufen und dennoch nicht die er wünschte Verhaltensänderung erreicht. Dies ist ein Indiz, dass dieser Person nicht mehr Wissen fehlt, sondern Unterstüt zung dieses Wissen zu nutzen. Bei üblichen Investitionsentscheidungen sind Nutzen und Aufwand abschätzbar. Eine Maschine hat Leistungsmerkmale, die den Nutzen beschreiben. Der Auf wand wird durch Preislisten sichtbar und die Wettbewerber sind preislich oft relativ nahe beieinander. Im Coaching ist dies anders: Die Leistungsmerkmale sind unscharf und die Preise variieren enorm. Daher gilt es, ein klares Verständnis für R Felix Müller, Leadership-Coach mit Zertifizierung durch den ICF, war 25 Jahre inter- nationale Führungskraft (mit BWL- Studium in St. Gallen und MBA an der Duke University). Sein Handwerk als Coach lernte er drei Jahre lang an der Henley Business School (GB). Felix Müller Karlsbader Straße 91 85435 Erding Tel. 0173 2525823 www.felix-mueller.coach AUTOR
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==