Wirtschaft und Weiterbildung 3/2021
wirtschaft + weiterbildung 03_2021 13 Die Coronakrise hat die Anbie- ter von Präsenzseminaren hart getroffen. Die Folgen werden nun sichtbar: Die Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft GmbH in Überlingen, einer der bedeutendsten Weiterbildungs- anbieter in Deutschland, stellt ihre Geschäftstätigkeit vollstän- dig ein. Die Akademie führt im offe- nen Seminarbereich ab dem 1. Februar 2021 keine Seminare mehr durch. Firmeninterne Personalentwicklungsprojekte, die von diversen Unternehmen gebucht sind, können, falls der Auftraggeber einverstanden ist, von der österreichischen 5P Consulting GmbH mit Stand- orten in Wien und München übernommen und mit den be- reits eingearbeiteten Akademie- Trainern zu Ende geführt wer- den. Für die Abwicklung der Aka- demiegeschäfte und die Ent- lassung der rund 30 festange- stellten Mitarbeiter trägt der bisherige Geschäftsführer Dr. Clemens Rihaczek Sorge. Er erklärte: „Die wirtschaftlichen CORONAKRISE Akademie für Führungskräfte stellt Geschäftstätigkeit ein Folgen der Pandemie haben uns letztlich so schwer und nach- haltig getroffen, dass unsere Gesellschafter bedauerlicher- weise keine positive Prognose für die Fortführung des Ge- schäfts gesehen und den Ent- schluss zur Schließung gefasst haben.“ Insbesondere habe man im Laufe der vergangenen Wochen die Hoffnung verloren, dass innerhalb der nächsten Monate wieder Präsenzse- minare durchgeführt werden könnten. Die unklare Dauer des Lockdowns und die nicht vorhersagbare Entwicklung der Die Kernkompetenz der Aka- demie lag in der Ausbildung von Führungskräften und ins- besondere in der Persönlich- keitsentwicklung. Zwar sei 75 Prozent des Akademieangebots digitalisiert und während des zweiten Lockdowns sehr gut angenommen worden, aber viele Kunden wollen laut Ri- haczek inzwischen lieber auf eine – wenn auch ungewisse – Rückkehr zur Normalität warten, weil für eine wirksame Personalentwicklung die Prä- senzveranstaltungen das Opti- mum seien. betrieblichen Weiterbildungs- budgets hätten ein Jahr nach Beginn der Coronakrise der Akademie die Geschäftsgrund- lage entzogen. Die Akademie ist eine recht- lich selbstständige Tochter der Cognos AG, einem der größten privaten und unabhängigen Bil- dungsunternehmen in Deutsch- land. Synergieeffekte mit ande- ren Cognos-Töchtern soll es durchaus gegeben haben – aber nicht in dem Maße, dass sich daraus in der Krise ein tragfä- higes Geschäftsmodell hätte entwickeln lassen. Headquarter. Das Hauptgebäude der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft befand sich direkt an der Überlinger Seepromenade. Foto: www.die-akademie.de EX-AUDI-CHEF STADLER VOR GERICHT Lehrstoff für die Führungsnachwuchs-Ausbildung Der mit Spannung erwartete Auftritt von Rupert Stadler (57), dem ehemaligen Vor- standsvorsitzenden der Audi AG, vor dem Landgericht München II fand am 12. Ja- nuar 2021 statt. Es ging um die Frage des Betrugs: Wer hat bei Audi wie und wann den Abgasausstoß von rund 400.000 Dieselwagen illegal ma- nipuliert und/oder den Verkauf der ent- sprechenden Dieselautos billigend in Kauf genommen? Stadler soll es unterlassen haben, den Verkauf ernsthaft abzustellen, obwohl der Betrug schon offenkundig war. Dem widerspricht Stadler und berichtet von Zeitnot und Stress. Für die Journa- listenlegende Gabor Steingart („Morning- briefing“) eignet sich Stadler gut, um den Weg vom idealen, effektiven Manager zum Opfer einer (vom Mutterkonzern VW auf- gezwungenen) Angstkultur aufzuzeigen. Stadler („Erfolge werden nicht erarbeitet, sondern erkämpft“) berichtet vor Gericht vom Wahnsinn eines Topmanagers: Bis zu 200 Mails pro Tag gehen ein. Er liest fast nichts davon, sondert überlässt die Bear- beitung seinem Sekretariat. Wesentliche Entscheidungen fallen im Zehnminuten- takt. Für Nachdenklichkeit bleibt keine Zeit. In seinem Büro kann er nur wenige Stunden pro Woche sein, weil er immer un- terwegs ist. Vor Gericht erklärte Stadler: „Tarnen und Täuschen war über einen langen Zeitraum hinweg Teil einer Arbeits- und vielleicht auch Angstkultur.“ Steingart ist sich sicher, dass Stadler nicht der Erfinder der Angst- kultur gewesen sei. Aber er habe gesche- hen lassen, was geschah. So etwas führe zu einer Persönlichkeitsminderung.
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