Wirtschaft und Weiterbildung 3/2021
aktuell 12 wirtschaft + weiterbildung 03_2021 Kein Mensch ist ganz gesund, kein Mensch ist nur krank. Der Begründer der Salutogenese, der Medi- zinsoziologe Aron Antonovsky, hat bereits in den 80er-Jahren anschaulich illustriert, dass es eher ein Kontinuum gibt, an dessen Endpolen sich jeweils Krankheit und Gesundheit befinden. Wir bewegen uns innerhalb des Kontinuums hin und her. Je nachdem, wie wir unterwegs sind, driften wir in die eine oder in die andere Richtung. Mal geht es uns besser, mal schlechter. Je mehr wir uns der Zusam- menhänge bewusst werden, desto besser können wir unsere Richtung bestimmen. Genau diese Ein- schätzung unseres eigenen Wohlbefindens hilft uns zu erkennen, was wir tun können, um uns gesünder aufzustellen. Deshalb braucht es weniger gute Ratschläge im Allgemeinen, was uns gesund hält, als vielmehr das eigene Erleben. Yoga, Chi-Gong oder andere Entspannungstechniken werden oft als Allheil- mittel gegen Stress empfohlen. Das kommt drauf an. Wenn du zur Yoga-Stunde hechtest, du dich anschließend aber müde und erschöpft fühlst, dann wäre eine Alternative empfehlenswert. Auch eine Meditation ist nicht für jeden geeignet. Wenn es dir gefällt, dann nur zu. Doch quäle dich nicht damit. Es gibt Menschen, die innerlich unruhig und aggressiv werden, wenn sie zum Stillsitzen aufgefordert wer- den. Dann gibt es für dich bessere Methoden, zu dir zu finden. Der entscheidende Punkt ist auch hier: Geht es dir anschließend besser oder schlechter? Solange du dein Wohlbefinden nicht ausbauen kannst, erprobe andere Möglichkeiten. Spazier- gänge in der Natur, in den Himmel blicken oder ein Instrument spielen können auch beruhigend und stresslösend wirken. Die gleiche Strategie hilft auch bei der Wahl einer gesunden Ernährung. Grundsätzlich gilt: Der Coach oder Therapeut gibt Fachwissen, der Ratsuchende das Wissen um die eigene Person. Der Coach oder Therapeut kann Zusammenhänge erklären und aus seiner Erfahrung bei der Unterstützung von Gesundheitsprozessen berichten, der Patient steuert seine Beobachtungen über sich und seine Gewohnheiten hinzu. Es geht um Lösungsfindung – nicht um die Frage, wo das Problem sitzt. Manche Patienten und The- rapeuten sind dermaßen damit beschäf- tigt, eine Ursache für die Krankheitssymp tome zu finden und eine Diagnose zu stel- len, dass wertvolle Zeit verstreicht, in der man sich um die Förderung der eigenen Gesundheit kümmern könnte. Im Alltag kannst du deine eigene Gesundheit ohne großen Aufwand fördern, solange du erkannt hast, dass jeder Stressphase eine Entspannungsphase folgen sollte. Glücklicherweise haben wir unseren freien Willen, um zu entscheiden, womit wir uns beschäftigen, was wir lernen wollen und welchen Dingen wir aus dem Weg gehen wollen. Diese Frei- heit können wir nutzen, sobald uns klar wird, dass wir die Verantwortung für unser gesundes Dasein tragen. Es ist kein Automatismus in uns eingebaut, der uns auf Teufel komm raus gesund hält. Dafür brauchen wir nicht nur die Kenntnis bestimmter Zusammenhänge, sondern auch den Willen, uns mit uns selber zu beschäftigen. Mit sich selber in guter Verbindung zu stehen, ist die Grundlage für eine gesundheitsfördernde Lebensweise – zu jeder Zeit. Gastkommentar Selbst herausfinden, was gut tut! Tanja Rosenbaum Tanja Rosenbaum ist Gesundheits-Coach mit Begeisterung für die Regenerationsfähigkeit unseres biologischen Systems. Ihre Schwerpunkte sind: Prävention, Resilienz und salutogene Führung (https://tanjarosenbaum.com). Ro senbaum ist Autorin des Buchs „Was uns gesund hält – Die Bausteine für ein salutogenes Leben“ (Business Village, Göttingen 2020, 210 Seiten, 29,95 Euro). Grundlage für Gesundheit: Mit sich selbst in guter Verbindung stehen. „ „
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