Wirtschaft + Weiterbildung 5/2020
grundls grundgesetz Boris Grundl 56 wirtschaft + weiterbildung 05_2020 In Zeiten der Unsicherheit ist die passende mentale Haltung besonders wichtig. Und die ergibt sich aus der Beantwortung zweier Fragen: • Wie kommen wir da möglichst unbeschadet durch? • Was muss passieren, dass aus dieser Krise eine Chance wird? Die Antworten ergeben sich aus einem tieferen Ver- ständnis dessen, was gerade passiert. Jede Krise durchläuft drei Phasen: Erkenntnis, Anerkenntnis und Transformation. Beim Erkennen wollen wir zuerst die Realität noch nicht wahrhaben: „Das kann doch gar nicht sein ...“ Wir verdrängen. Kopf in den Sand. Geht das nicht mehr, suchen wir einen Schuldigen – eine Person oder einen Umstand: „Der Chinese“, „die Fledermäuse“, „dunkle Mächte“ … Jemand anderes soll dafür verantwortlich sein, dass wir uns mit dieser Situation auseinandersetzen müssen. „Warum haben der oder die nicht früher schon …“ In Summe schieben wir die Thematik von uns weg, distanzieren uns. Wir sind mental noch zu schwach. Beim Anerkennen kommt die Wende. Von außen nach innen. Wir wollen die Umstände annehmen. Jedoch zögerlich. Was zunächst folgt, ist ein Gefühl der eigenen Schuld oder Scham: „Hätte ich doch eher ...“ Danach lernen wir besser, mit der Situation umzugehen. Es folgt ein Zustand der Schwere und des Pflichtgefühls. „Jetzt mache ich halt das Beste daraus…“, Augen zu und durch. Unser Energiepegel ist mäßig. Unsere Kreativität notdürftig. Bei der Transformation haben wir die Situation emotional voll angenommen, sie uns ganz zu eigen gemacht. Wir müssen uns ihr nicht stellen, wir wol- len es. Unser Mantra lautet: „Wenn ich schon muss, dann will ich es auch!“ Jetzt akzeptieren wir, was die Krise mit uns macht. Unser Selbst wird zerlegt und anschließend wieder zusammengesetzt – und ist viel stärker geworden. Als Individuum, als Familie, als Firma oder als Gesellschaft. Wie bei der Nach- kriegsgeneration. Unser Energiepegel ist hoch. Wir sprühen vor Ideen und Kreativität. Wir handeln kraftvoll und zielgerichtet, obwohl wir innerlich noch leiden. Das geht. Jetzt suchen wir nach der Lektion in der Krise. Lernen wir die Lektion, wird aus einer Krise eine Chance. Mentale Stärke bedeutet, wir beweisen uns immer wieder, dass wir am Ende stär- ker sind als jedes Problem! Gerade merken wir sehr ernsthaft, wie es ist, wenn Selbstverständlichkeiten wegfallen. Wenn wir auf uns selbst zurückgeworfen werden. Auf unsere eigene Schwäche, auf unsere eigene Unsicherheit. Die Illusion der Selbstgenügsamkeit löst sich auf. Wir kommen nicht alleine zurecht. Es wäre doch schön, wenn wir als Resultat eine stärkere mentale Haltung gewinnen – ein tieferes Bewusstsein für unser Leben und das anderer. Man kann in den beschriebenen Zustän- den Sekunden, Minuten, Tage, Jahre oder sein ganzes Leben verweilen. Es gilt, sie möglichst schnell zu durchleben. Aus meiner Sicht gibt es keine Abkür- zungen. Wichtig ist jetzt, dass möglichst viele die Corona-Krise mental voll annehmen können. Ob in der Partnerschaft, in der Familie oder am Arbeits- platz. Um denen eine mentale Stütze zu sein, die es noch nicht können. Das ist Leadership, das ist Men- schenführung. Das können Sie, das kann jetzt jeder tun. Und alle Taten, die daraus erwachsen, werden wichtig sein. Jeder kann einen Unterschied ausma- chen. Jeder! Packen wir es an. Paragraf 85 Entwickle mentale Stärke! Boris Grundl ist Managementtrainer und Inhaber des Grundl Leadership Instituts, das Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden. Er gilt bei Managern und Medien als „der Menschenentwickler“ (Süddeutsche Zeitung). Sein jüngstes Buch heißt „Verstehen heißt nicht einverstanden sein“ (Econ Verlag, Oktober 2017). Boris Grundl zeigt, wie wir uns von oberflächlichem Schwarz-Weiß-Denken verabschieden. Wie wir lernen, klug hinzuhören, differenzierter zu bewerten, die Perspektiven zu wechseln und unsere Sicht zu erweitern. www.borisgrundl.de Bald werden wir kraftvoll und zielgerichtet handeln, obwohl wir innerlich noch leiden. „ „
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