Wirtschaft + Weiterbildung 5/2020

fachliteratur 52 wirtschaft + weiterbildung 05_2020 Vor 20 Jahren entführte die islamistische Terror- gruppe Abu Sayyaf 21 Geiseln aus einem Hotel in Malaysia und versteckte sich mit ihnen im philip- pinischen Dschungel. Zu den Geiseln gehörte auch der junge Urlauber Marc Wallert und seine Eltern. Die Geiseln kamen nach und nach frei. Marc Wallert wurde nach 140 Tagen als Letzter freigelassen. Heute ist er Keynote Speaker, Trainer und Resilienz- Coach und passend zum Jahrestag hat er ein Buch veröffentlicht, in dem er sehr reflektiert von seiner Entführung berichtet. Das Buch ist ausgesprochen le- senswert, weil Wallert seine Erlebnisse auf Basis der Resilienz-Forschung analysiert und daraus allgemein- gültige Ratschläge ableitet. So lautet eine einfache Er- kenntnis: „In der Krise hilft helfen“. Indem man han- delt (und zum Beispiel den Schwachen hilft), stellt sich das gute Gefühl ein, etwas bewirken zu können (auch wenn die eigentliche Lage als Gefangener da- durch nicht verbessert werden kann). Wallert bestä- tigt auch, dass es so etwas wie ein posttraumatisches Wachstum gibt. Man redet sich die Krise nicht schön, aber nimmt früher oder später wahr, dass man an der Erfahrung gewachsen ist. In der Krise selbst hilft Optimismus. Aber Wallert warnt auch: „Ich habe erfahren, wie gefährlich po- sitives Denken in Krisen sein kann. Falscher Opti- mismus kann tödlich enden und hat Menschen schon das Leben gekostet.“ Die Optimisten unter den Geiseln seien von einer schnellen Freilassung ausgegangen: „Das dauert höchstens eine Woche.“ Aber die Frist sei ergebnislos verstrichen. So sei es Woche für Woche gegangen. Diese Zitterpartie sei für alle Geiseln zermürbend gewesen, am schlimms­ ten habe es die Optimisten getroffen, denn sie seien immer wieder aus der Euphorie in eine Depression gefallen, einige unter ihnen hätten sogar ernsthafte Suizidabsichten entwickelt. Wallert: „Enttäuschte Er- wartungen sind ein Risiko des positiven Denkens. Noch schwerer wiegt allerdings, dass man vor lauter Optimismus die realen Risiken ausblendet, statt sich auf sie vorzubereiten.“ Am Ende des Buchs stellt der Autor noch auf über 30 Seiten wissenschaftlich abgesicherte „sechs Schutz- faktoren“ vor, die einem helfen, durch jede Krise zu kommen: Akzeptanz, Optimismus, Stresskompetenz, Selbstwirksamkeit, soziale Unterstützung und Fit- ness. Mit gezielten Fragen bringt er die Leser dazu, die Schutzfaktoren auf ihren konkreten Alltag zu übertragen. Außerdem gibt Wallert mit vier Denk- anstößen Tipps, die möglicherweise vorhandenen Chancen einer Krise zu finden. Marc Wallert, geboren 1973, hat zwei Masterabschlüsse im Wirt- schaftsbereich, er ist psychologischer Berater, Burn- out-Berater sowie zertifizierter Resilienz-Trainer und Resilienz-Coach (www.marcwallert.com). Er hat über 15 Jahre für eine Unternehmensberatung (PwC), die Auto- mobilindustrie (Renault) und die Medizintechnik (Otto Bock) gearbeitet. Als Führungskraft hat er größere Teams geleitet und an die Geschäftsführung berichtet. AUTOR In der Krise hilft helfen RESILIENZ Marc Wallert: Stark durch Krisen. Von der Kunst, nicht den Kopf zu verlieren, Econ Verlag, Berlin 2020, 305 Seiten, 18,00 Euro

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