Wirtschaft + Weiterbildung 5/2020

training und coaching 44 wirtschaft + weiterbildung 05_2020 gefunden hat. Und ich habe ihn oder sie versucht zu motivieren, diese Inhalte dann auch in die Lehre einzubringen. Als eine wirkungsvolle Maßnahme beschreiben Sie das jährliche Programm „Orchestrating Winning Performance“ am IMD in Lausanne, das es auch nach Ihrem Weggang immer noch gibt ... Lorange: Das stimmt. Bei dem Pro- gramm präsentieren die Professoren ihre Forschungsergebnisse vor mehreren Hundert Praktikern aus internationa- len Unternehmen und Organisationen. Durch die intensive Interaktion mit den Managern erleben sie, welche Relevanz ihre Forschung hat und wo es Bedenken und Kritik gibt. Diese äußerst fruchtba- ren Diskussionen haben häufig auch zu einer Anpassung der Programmangebote geführt. Welche Rolle spielen die Alumni einer Business School? Könnten Sie nicht Veränderungen beschleunigen? Lorange: Alumni, die inzwischen Mana- ger sind, könnten viel stärker dazu beitra- gen, dass neue Lernbedürfnisse aus der Praxis zurück an Business Schools fließen und dort in die Programme integriert wer- den. Doch das ist leider nur sehr selten der Fall. Die Alumni-Aktivitäten werden meist vom Alumni-Büro gemanagt und das Feedback der Ehemaligen wird von dort nicht weitergegeben. Dazu kommt, dass viele Alumni-Büros ihre Aufgabe vor allem darin sehen, soziale Treffen und Festivitäten zu organisieren. Auch der Beirat – das Advisory Board – könnte eine wichtigere Rolle spielen. Doch auch hier landen die Vorschläge oft nur beim Dean oder Präsidenten der Schule und nicht bei den Professoren, die normalerweise nicht an den Beiratssitzungen teilnehmen. In Ihrem Buch schreiben Sie, dass die großen Unternehmensberatungen immer stärker zu Konkurrenten für die Business Schools werden. Ist das Ihr Ernst? Lorange: Berater haben umfangreiche Kenntnisse aus der Praxis und wissen, worum es geht. Das ist ähnlich wie bei Redakteuren der Financial Times, die wir in unserem „Lorange Network“ ein- setzen. Die haben einen exzellenten Ein- blick in die Praxis eines Bereichs. Das ist dann eher so etwas wie eine handlungs- orientierte Forschung. Denn zu der guten alten traditionellen Forschung muss heute unbedingt auch noch das Element Geschwindigkeit und Handlungsorientie- rung dazukommen. Berater oder Redak- teure können daher Professoren ergänzen und ihr Wissen wird von den Kunden immer mehr geschätzt. Aber ist das nicht gefährlich? Beratern geht es oft in erster Linie um die Vermarktung und ihre Konzepte sind manchmal ziemlich oberflächlich und in der Regel auch sehr wenig theoretisch fundiert. Lorange: Das ist richtig. Aber es gibt auch sehr seriöse Berater. Nehmen Sie zum Beispiel Hermann Simon, der sich seit Jahren mit den Hidden Champions befasst. Das ist natürlich eine weitere He- rausforderung für die Unternehmen, da die Spreu vom Weizen zu trennen und sich ein gutes Portfolio an Angeboten von Business Schools, Universitäten und Be- ratern zusammenzustellen. Das ist eine Frage der Diversität. In der Weiterbildung gilt heute oft das Mantra der Geschwindigkeit. Man lernt nur noch das, was gerade wichtig ist, möglichst online und in kleinen Lern- häppchen. Führt das nicht auch dazu, dass vielen das notwendige Grundwissen fehlt, um neues Wissen richtig einordnen und letztlich auch angemessen beurteilen zu können? Lorange: Da stimme ich vollkommen zu. Wenn ich nicht das entsprechende Grundlagenwissen habe, kann ich auch nicht die richtigen und relevanten Fragen stellen. R „Zur traditionellen BWL-Forschung muss heute das Element Geschwindigkeit und Handlungs- orientierung dazukommen.“ Im Jahr 2015 haben Sie das „Lorange Institute“ an die CEIBS Business School in Shanghai verkauft und das „Lorange Network“ gegründet. Was steckt hinter dieser Aktion? Lorange: Das ist ein Netzwerk für Unter- nehmer und Manager aus Familienunter- nehmen und Investoren. Wer Mitglied werden will, muss sich bewerben. Das Grundpaket kostet nichts, das Premium- Paket 500 Dollar im Jahr. Für die Mitglie- der gibt es drei Formen des Lernens. Zum einen bekommen sie kurze Zusammen- fassungen von Interviews und Büchern, die von sehr kompetenten Autoren ver- fasst wurden. Dazu gehören zum Beispiel die schwedische Beraterin Helena Engq- vist, Mark Esposito, der als angesehener Professor an der Harvard Business School lehrt und die Professorin Nadine Kam- merlander, die den Lehrstuhl für Famili- enunternehmen an der WHU in Vallendar leitet. Zudem gibt es etwa vier eintägige Work- shops im Jahr mit ausgewählten Redak- teuren der Financial Times. Und wir orga- nisieren eintägige Meetings, die an einem Flughafen stattfinden, um die Reisezei- ten zu reduzieren. Da sitzt man dann an einem runden Tisch und diskutiert über bestimmte Herausforderungen und Di- lemmata wie etwa die Frage, wie man als Unternehmen zu neuem Kapital kommt. Moderiert wird das von einem Professor, der weiß, welche weiterführenden Fragen man unbedingt stellen muss. Jeder muss sich persönlich beteiligen und bringt eine Peter Lorange. Der Denker war auch ein erfolgreicher Reeder. Foto: IMD

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