Wirtschaft + Weiterbildung 5/2020
wirtschaft + weiterbildung 05_2020 37 Programme auf der Plattform anzubieten. Bisher sind die meisten Studenten mit der kurzfristigen Umstellung offenbar zufrie- den. „Wir haben in den letzten Wochen viel Positives über die Flexibilität unse- rer Studenten gelernt – sie machen mit, und bisher scheint alles zu klappen“, sagt ESMT-Manager Barniville. Die Stu- denten seien größtenteils sehr zufrieden, sagt auch ESCP-Rektor Professor Kaplan. Beschwerden gebe es so gut wie keine, da Studierende dankbar sind, dass man die Umstellung so schnell hinbekommen habe und sie so ihren Abschluss zum ge- planten Zeitpunkt bekommen. Neben den vermittelten Inhalten käme dabei auch der Netzwerkgedanke nicht zu kurz. So tauschten sich die Studenten, die sich mittlerweile überall auf der Welt verteilt befinden, weiterhin über Videokonferenz miteinander aus. IE-Dean Boehm sieht das Bild etwas dif- ferenzierter. Bei den Studenten, die ihr Studium im Juli beenden, gehe es vor allem darum, das Studium fertig durch- zuziehen. Anders sei das bei den Vollzeit- studenten, die am Anfang ihres Studiums stehen. Denn sie hätten sich explizit für ein Präsenzstudium entschieden und müssten nun online studieren. Sie be- scheinigten der Schule zwar, einen tollen Job zu machen, aber sie wollten eben etwas anderes und hätten auch dafür be- zahlt. „Es gibt einen kleinen Anteil der Studenten, die möchten Geld zurück oder irgendwelche zusätzlichen Angebote haben“, so Boehm. An manchen Top- schulen in den USA gibt es inzwischen sogar eine regelrechte Revolte. An der Stanford University sollen bereits rund 80 Prozent der MBA-Studenten eine Petition unterschrieben haben, in der sie erheb- liche Preisnachlässe aufgrund der „sub- optimalen Unterrichtserfahrung“ fordern. Die Universität hatte am 2. April verkün- det, dass das gerade beginnende „Spring Quarter“ ausschließlich online stattfindet und man nicht davon ausgehe, diesen Sommer Programme auf dem Campus anbieten zu können. Einen Preisnachlass lehnte die Eliteuni ab. Ein Drittel der Interessenten will sein Studium verschieben Die Vollzeitstudenten an den US-Top- schulen trifft es besonders hart. Sie haben ihren Job aufgegeben und investieren teils über 200.000 Dollar in ihr zweijäh- riges MBA-Studium, ohne von den we- sentlichen Vorteilen zu profitieren. Denn die liegen in den Campus-Erfahrungen mit Präsenzunterricht, dem persönlichen Kontakt mit den Professoren, unzähligen außercurricularen Aktivitäten, Firmen- präsentationen und dem Netzwerken mit Kommilitonen aus aller Welt. Große Unsicherheit gibt es auch bei den MBA- Interessenten, die im Herbst ihr MBA-Stu- dium beginnen wollen. Laut einer Online-Umfrage des MBA- Portals Poets & Quants bei mehr als 300 MBA-Interessenten mit Zulassung an einer Topschule will fast jeder Dritte sein MBA-Studium verschieben, wenn auf- grund der Corona-Krise auch im Herbst noch kein Präsenzstudium möglich sein sollte. 96 Prozent befürchten, dass ihnen die wichtigen Campuserfahrungen vor- enthalten werden. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Amerika- nern, die an einer US-Schule zugelassen wurden, und Nichtamerikanern mit Zu- lassung an einer internationalen Schule. Während bei den Amerikanern nur 24 Prozent ihr Studium verschieben wollen, sind es bei den Nichtamerikanern immer- hin 47 Prozent. Nur 17 Prozent der künftigen MBA- Studenten finden auch einen Online- Unterricht in Ordnung. 43 Prozent sind der Meinung, dass die Studiengebühren um durchschnittlich 37 Prozent gesenkt werden sollten, wenn der erste Teil des Studiums nur online erfolgt. Während der Online-Unterricht bei den Vollzeitstuden- ten bisher allenfalls kurzfristig akzeptiert wird, sehen die Dekane von US-Schulen einen klaren Trend. Laut einer Online- Umfrage des Beratungsunternehmens Eduvantis, an der 46 Deans teilnahmen, glauben fast drei Viertel, dass es auch nach der Wiedereröffnung ihres Cam- pus mehr Onlinelernen geben wird. 17 Prozent sind sogar der Meinung, dass sich das Studium erheblich in Richtung online verschiebt. Besonders überrascht war man dabei über die Antworten auf die Frage nach den langfristigen positiven Folgen aus der Bewältigung der Krise. An erster Stelle nannten die Dekane mit 65 Prozent mehr Kompetenzen in der On- linelehre. Bärbel Schwertfeger Foto: WHU Leipzig. Auch die HHL in Leipzig steht jetzt leer. Vallendar. Bei der WHU in Vallendar wurde der Unterrichtsbetrieb wegen eines entdeckten Coronafalls schon sehr frühzeitig eingestellt.
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