Wirtschaft + Weiterbildung 5/2020

wirtschaft + weiterbildung 05_2020 29 gezielten Umgestaltung der „geneti- schen“ Grundstruktur eines Unterneh- mens, in dessen Verlauf das Unterneh- men sich selbst und einen großen Teil seiner Beziehungen zu seiner Umwelt neu definiert und neben seiner Strategie und seinem Geschäftsmodell auch seine Geschäftsprozesse hinterfragt und diese bei Bedarf radikal umgestaltet. Das Unter- nehmen (oder der Unternehmensbereich) erfindet sich sozusagen neu, um mittel- und langfristig sein Überleben und/oder seinen Erfolg zu sichern. Eine Herausforderung, vor der – diese These ist nicht gewagt – nach der Corona- Krise auch viele Unternehmen stehen werden, denn: Durch die Krise werden sich viele Parameter des unternehme- rischen Handelns in den Unternehmen sowie deren Umfeld ändern. Von einem solchen fundamentalen Wandel sind alle drei der vorgenannten Ebenen Stra- tegie, Kultur und Struktur tangiert. Und die Mitarbeiter? Sie müssen sich und ihr Verhalten neu definieren und eine neue Identität zumindest bezogen auf ihre Funktion in der Organisation entwickeln. Solche Transformationsprozesse durch- liefen bereits vor der Corona-Krise zum Beispiel viele Finanzdienstleister und Unternehmen in der Automobilbranche. Und nach der Krise? Dann werden sehr, sehr viele Unternehmen auch aus bisher „gesunden“ Branchen, wenn nicht gar die gesamte (Welt-)Wirtschaft, vor dieser He- rausforderung stehen. Unternehmen entwickeln eine neue Identität Die Transformation eines Unternehmens lässt sich am ehesten mit der Metamor- phose vergleichen, die viele Insekten im Laufe ihres Lebenszyklus durchlaufen. So gibt es zum Beispiel bei einem Schmetter- ling die Entwicklungsphasen Ei, Raupe, Puppe und Falter. Und beim Übergang von einem Entwicklungsstadium ins nächste wandelt sich das genetische Material vollständig um. Doch nicht nur dies! Eine Schmetterlingsraupe hat auch andere Fähigkeiten als der Falter am Ende des Entwicklungszyklus: Eine Raupe kann zum Beispiel nicht fliegen. Ähnlich verhält es sich bei der Transfor- mation eines Unternehmens. Auch bei diesem Prozess wird unter anderem unter Rückgriff auf die vorhandenen Ressour- cen wie Erfahrungen und Kompetenzen das System Unternehmen so radikal um- gestaltet, dass die transformierte Organi- sation für Personen, die mit ihr längere Zeit keinen Kontakt mehr hatten, kaum wiederzuerkennen ist, weil neben ihrer Strategie sich auch ihre Kultur und Struk- tur gewandelt haben. Das heißt, nach dem Durchlaufen eines Transformationsprozesses verfügt eine Organisation nicht nur über eine neues Selbstverständnis und eine neue Identität, sondern auch über neue Kompetenzen, weshalb auch ihre Mitarbeiter neue und teils andere Fähigkeiten und Fertigkeiten brauchen. So weit, so gut! Es gibt jedoch auch Unterschiede zwischen der Meta- morphose eines Schmetterlings und der Transformation eines Unternehmens. Bei einem Schmetterling ist der Transforma- tionsprozess genetisch festgelegt: Erst Ei, dann Raupe, dann Puppe, dann Schmet- terling. Er läuft sozusagen automatisch R Veränderung. Der Prozess der Transformation von der Raupe zum Schmetterling ist eine häufig genutzte Metapher für den Wandel von Organisationen.

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