Wirtschaft + Weiterbildung 5/2020

menschen 14 wirtschaft + weiterbildung 05_2020 SPIRITUALITÄT. Willigis Jäger, Benediktinermönch und Zen- Meister, starb am 20. März 2020 im Alter von 95 Jahren. Er gründete im Jahr 2003 den „Benediktushof“ in Holzkirchen bei Würzburg (www.benediktushof-holzkirchen.de) – heute eines der größten Zentren für Meditation und Achtsamkeit in Europa. Der Hof wird auch von Führungskräften genutzt, um zu sich selbst zu finden und mit lebenspraktischen Impulsen gestärkt in den Alltag zurückzukehren. Willigis Jäger, der lange Jahre in Japan lebte, gründete in den 1990er-Jahren in Deutschland die „Würzburger Schule der Kontemplation“ mit dem Ziel, die Kunst des spirituellen Betens zu beleben. Im Jahr 2003 wurde Jäger Leiter des überkonfes- sionellen Bildungshauses „Benediktushof“ auf dem Gelände einer ehemaligen Benediktinerpropstei in Holzkirchen. 2007 zog er sich aus der Leitung des Benediktushofs zurück. Er gründete die eigene Zen-Linie „Wolke des Nichtwissens Wil- ligis Jäger“ und erhielt vom chinesischen Chan-Großmeister Jing Hui die Bestätigung als Chan-Meister. Mit Meditation zur „ewigen Weisheit“ Willigis Jäger verkörperte eine konfessionsunabhängige zeit­ genössische Spiritualität, die den modernen Menschen Ant- worten auf ihre drängenden Fragen geben will. Er war sowohl von der christlich-abendländischen Mystik als auch dem öst- lichen Zen geformt und suchte gleichzeitig über beide Kon- fessionen hinaus das, was allen spirituellen Wegen zugrunde liegt. Beeinflusst wurde Jäger zum Beispiel von Hugo M. Enomiya- Lasalle, der als Jesuit zwischen Christentum und Zen vermit- telte. „Die Begegnungen mit ihm haben mich darin bestärkt, den Weg des Zen zu gehen, ohne zu fürchten, dass das mit dem Christentum nicht vereinbar wäre. Zen ist zwar aus dem Buddhismus hervorgegangen, ist aber ein meditativer Weg Katholischer Zen-Meister gestorben ohne Dogmen und deshalb offen für jeden Suchenden“, er- klärte Pater Willigis, der in seinem „Benediktushof“ jährlich rund 35.000 Gäste begrüßen konnte. Offenbar traf die Verbin- dung von östlichen Wegen wie Zen und westlichen wie christ- licher Kontemplation bei den Menschen einen entscheidenden Nerv. „Wir leben in einer Zeit, in der wir als Menschen an einem Scheideweg stehen“, erklärte der Pater. „Was wir mit unseren Fähigkeiten anfangen sollen, wissen wir nicht. Wir stecken in einem Egotunnel, in dem sich alles nur um uns selbst dreht, um das, was ich mir in den Kopf setze, was ich haben will, was mir nützt. Wenn wir so weitermachen, werden wir als Spezies nicht überleben.“ Egolosigkeit heißt aber nicht, dass man das Ego abschaffen muss, denn es wird zum Beispiel zum Planen gebraucht. „Aber es ist nicht der Herr im Haus, sondern nur ein Hausmeister, der sich leider gern als Hausherr aufspielt“, so Willigis Jäger. In der Spiritualität geht es für ihn darum, sich als „eins mit dem Seinsgrund“ zu erleben. „Wahre Religion kennt keine Grenzen“ Spirituelle Erfahrungen müsse jeder selbst machen. Aber man könne Wege vermitteln, die zu diesen Erfahrungen führten. Die mystischen Traditionen sämtlicher Religionen seien voll von solchen Wegen und sie führten am Ende alle zum selben Ziel. Der Benediktushof bietet auch nach dem Tod von Pater Willigis Meditation. Pater Willigis Jäger war sich sicher: „Wer sich auf die Stille einlässt, mit dem geschieht etwas. Die Stille verändert uns. Die Stille heilt.“

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