Wirtschaft u. Weiterbildung 7-8/2020
grundls grundgesetz Boris Grundl 56 wirtschaft + weiterbildung 06_2020 Sinn wird für viele Berufstätige schnell zu einem phi- losophischen Ansatz und hat nichts mit dem prak- tischen Alltag zu tun. Stimmt das? Aus meiner Sicht nicht. Philosophie ist etwas sehr Konkretes. Was ich gestern gedacht habe, wurde zu einer Handlung und zeigt sich heute in Form von Ergebnissen. Philoso- phie ist somit sehr greifbar. Wie sieht das jetzt mit der Sinnfrage aus? Schauen wir auf das, was die meisten Menschen wollen. Erfolg – wie auch immer dieser definiert wird. Erfolg steht in engen Zusammenhang mit Respekt und Anerkennung. Außerdem geht es um ein erfülltes Leben. Erfüllung hat sehr viel mit dem Erleben von Sinn zu tun. Und natürlich gehört Gesundheit dazu – körperliche, aber auch geistige. Für sie braucht es kluge innere Filter. Genau um diese drei Aspekte dreht es sich in der beruflichen Weiterbildung – um klare Wege zu Erfolg, Erfüllung und mentaler Gesundheit. In Zeiten wie diesen nimmt die Suche nach dem Sinn Fahrt auf. Das ist auch gut so. Viele beobach- ten, was gerade passiert. Natürlich fällt uns das bei anderen leichter. Bei den Politikern. Den Chefs. Im Freundeskreis. Wohl wissend, dass es viel klüger wäre, auf sich selbst zu schauen. Das „Warum“ im Leben, im Alltag, im Job, bei Zielen oder im Meeting – Sinn ist alles andere als unbrauchbare Philoso- phie. Doch bitte seien Sie vorsichtig: Schnell sind wir dabei, Sinn von anderen einzufordern. Ohne uns selbst darüber im Klaren zu sein, was Sinn für uns bedeutet. Und jetzt wird es interessant. Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, dass wir Sinn erfahren? Der Partner? Die Kinder? Der Chef? Das Unternehmen? Die Gesellschaft? Im Kontext „Arbeit“ gibt es aus meiner Sicht zwei Verantwortungsbereiche zum Thema Sinn. Einmal sind Unternehmen verantwortlich, dass so etwas wie Sinn entstehen kann. Bildlich gesprochen geben sie die grüne Wiese vor und die Werkzeuge, um auf ihr etwas Sinnvolles anbauen zu können. Der Mitarbeiter trägt die andere Hälfte der Verant- wortung: nämlich dafür, dass er in sich nach etwas Sinnhaftem sucht und es einbringt. Unternehmen schaffen Sinn, indem sie einen klaren Zweck für sich definieren – mit einem Wesenskern, der Mitar- beitern die Chance gibt, sich zu identifizieren. Mit einer Mission, die auch dem Kunden Identifikation ermöglicht. Und mit Leitlinien und Positionierungs- ideen, die die Werkzeuge zur Gestaltung der Wiese definieren. Das sind 50 Prozent. Auf der anderen Seite steht ein selbstverantwort- licher Mensch. Dieser weiß, dass es verbindende und trennende Aspekte zwischen Mitarbeiter und Unternehmen gibt. Er nimmt beides bewusst wahr und konzentriert sich auf das Verbindende. In die- sem Rahmen entdeckt er seine Talente und entwickelt sie zu Stärken. Darin liegen seine 50 Prozent der Verantwortung. Das ist ein wunderbares Bild für die Zukunft: Unternehmen definieren sich neu und erschaffen Möglichkeiten für Sinn. Für sinnvolle Produkte, sinnvollen Umgang mit Res- sourcen und sinnvolle Ideen. Gleichzeitig erfinden Menschen sich neu. Bauen ihre Talente aus und die- nen damit anderen. So wird es rund. Treffen diese beiden Kräfte zusammen, entsteht die Chance für deutlich mehr Sinn. Nicht nur im großen Ganzen, sondern auch im Kleinen. Im Hier und Jetzt. Fangen wir doch gleich an: Woran erkennen Sie, dass Sie diesen Tag sinnvoll genutzt haben? Paragraf 87 Stifte mehr Sinn! Boris Grundl ist Managementtrainer und Inhaber des Grundl Leadership Instituts, das Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden. Er gilt bei Managern und Medien als „der Menschenentwickler“ (Süddeutsche Zeitung). Sein jüngstes Buch heißt „Verstehen heißt nicht einverstanden sein“ (Econ Verlag, Oktober 2017). Boris Grundl zeigt, wie wir uns von oberflächlichem Schwarz-Weiß-Denken verabschieden. Wie wir lernen, klug hinzuhören, differenzierter zu bewerten, die Perspektiven zu wechseln und unsere Sicht zu erweitern. www.borisgrundl.de Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, dass wir Sinn erfahren? Der Partner? Der Chef? Die Gesellschaft? „ „
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