Wirtschaft u. Weiterbildung 7-8/2020

training und coaching 40 wirtschaft + weiterbildung 07/08_2020 gen. Da zeigten sich schon Grenzen der Zusammenarbeit. Als es dann um die Umsetzung eines e. V. als gemeinsame Plattform ging, sind wichtige Verbände ausgestiegen. Ein Thema dabei waren die Stimmberechtigungen und die jährlichen Vereinsgebühren. Aber letztlich hat natür- lich jeder Verband seine eigene Begrün- dung, warum er nicht mitmacht. Und was ist die Begründung des DBVC? Rauen: Der DBVC-Vorstand hatte Lutz Salamon bereits im Oktober 2019 darü- ber informiert, dass der DBVC auf den Bereich Business Coaching fokussiert ist. Vor dem Hintergrund strategischer Ent- wicklungen und internationaler Bestre- bungen sehen wir keine Notwendigkeit, einen Dachverband für Deutschland zu gründen oder einem solchen beizutre- ten. Zudem sahen wir schon in einem Dachverband, der nur von wenigen Coa- ching-Verbänden mitgetragen wird, kein Zukunftsmodell. Das gilt natürlich umso mehr, wenn jetzt kaum noch originäre Coaching-Verbände dort vertreten sind, beziehungsweise die verbleibenden Ver- bände teilweise sehr wenig Bezug zum Business Coaching haben. So gehören jetzt zum Beispiel die Deutsche Gesell- schaft für Systemische Therapie, Bera- tung und Familientherapie (DGSF) oder die Systemische Gesellschaft dazu. Und dass sich ein Dachverband wie die Eu- ropean Association for Supervision and Coaching, der Supervision in Europa vertritt, einem deutschen Dachverband anschließt – und nicht andersherum –, er- scheint mir unlogisch. Aber für die Grün- dung eines deutschen e. V. benötigt man eben sieben Mitglieder. Ein Dachverband ohne die wichtigsten Verbände klingt nach einer Totgeburt ... Rauen: Vermutlich hofft der Roundtable Coaching e. V., dass sich mit der Zeit doch noch mehr Verbände anschlie- ßen, um gemeinsam eine wirkungsvolle Standesvertretung darstellen zu können. Dieser Gedanke ist nachvollziehbar, ver- nachlässigt meiner Meinung nach aber die sehr unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse der einzelnen Coaching-Ver- bände. Dieses strukturelle Problem wird sich nicht zeitnah auflösen lassen. Auch werden sich größere Verbände nicht von kleineren Verbänden dominieren lassen. Und selbst wenn man das ändern würde, werden sich kleinere Verbände nicht von den großen dominieren lassen wollen. Es ist schwer, da eine gute Balance zu fin- den. Es blieben also nur inhaltliche Über- einstimmungen als verbindendes Ele- ment. Und wenn es die in entsprechen- dem Ausmaß gäbe, würden wiederum nicht bereits so viele Verbände existieren. Momentan scheint mir der der RTC eher ein Supervisions-, Therapie- und Berater- verband mit ein paar Coachs zu sein. Halten Sie es für möglich, dass sich der DBVC später nicht doch noch dem Dachverband anschließt? Rauen: Das kann ich aktuell ausschlie- ßen, denn wir konzentrieren uns auf Business Coaching und möchten daher Ende März wurde der „Roundtable Coaching e. V. (RTC)“ als Dachverband gegründet, der die Coaching-Branche nach außen vertreten und allgemein gültige Standards entwickeln soll. Der DBVC ist – wie etliche andere große Verbände – nicht dabei. Warum eigentlich nicht? Dr. Christopher Rauen: Gespräche über einen Dachverband gab es schon seit Jahren. Die Idee dahinter war: Wenn wir als Coaching-Branche insgesamt ernster genommen werden möchten, benötigen wir dafür eine gemeinsame Plattform. Ein eingetragener Verein, statt weiter ein eher lockeres Austauschforum zu sein, war auch für Lutz Salamon, den Speaker des bisherigen „Roundtable Coaching“, folge- richtig. Ein Grundproblem des Roundtable war jedoch schon immer, dass sich dort über- wiegend die Vorsitzenden der Verbände trafen. Und kaum hatte man Vertrauen aufgebaut, kam es bei den Verbänden schon wieder zu einem Vorstandswech- sel. Da musste dann immer wieder Vertrauen neu aufgebaut werden und manchmal wurde engagiert um jedes Wort gefeilscht, bis Anfang 2015 – also nach zehn Jahren – endlich ein gemein- sames Positionspapier zu Coaching-Stan- dards verabschiedet wurde. Dieses wurde aber von der Sektion Wirtschaftspsycho- logie des BDP, dem Bundesverband der Deutschen Psychologen, nicht mitgetra- „Coaching-Dachverband ist kein Zukunftsmodell“ INTERVIEW. Dr. Christopher Rauen, 1. Vorsitzender des Vorstands des Deutschen Bundesverbands Coaching (DBVC), äußert sich in diesem Interview zu dem Ende April 2020 in Berlin neu gegründeten „Coaching-Dachverband“, dem er ausgesprochen kritisch gegenübersteht. „Und irgendwann gibt es mehrere Dachverbände und dann blickt keiner mehr durch.“ Christopher Rauen

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