Wirtschaft u. Weiterbildung 7-8/2020
wirtschaft + weiterbildung 07/08_2020 31 Anpassungsfähigkeit, Krisenrobustheit und Selbstorganisation in Organisationen fördern und innovative Schubkräfte frei- setzen. Einige erfolgsrelevante Faktoren zeichnen sich schon jetzt ab, die Unternehmen in der Krise besonders geholfen haben, pro- duktiv zu bleiben und ihre Mitarbeiten- den weiterhin beschäftigen zu können. Die Unternehmenskultur, der Umgang der Managementebene mit den Mitar- beitenden, um einen Faktor zu nennen, wurde bei manchen Teams in einigen Un- ternehmen nicht nur als sinnvoller Um- gang eingeschätzt, sondern sogar in inter- nen Umfragen als verbessert wahrgenom- men. Das „Wir gegen Corona“ hat dazu beigetragen, dass ein Schulterschluss in den Reihen der Mitarbeitenden stattge- funden hat, obwohl man sich wochen- oder monatelang nicht einmal in Person gesehen hat. New Work bietet für Unternehmen we- sentliche Ansatzpunkte, die auf die Wi- derstandsfähigkeit und Krisenrobustheit einzahlen: Mithilfe von selbstorganisier- ten Teams und einem sinnorientierten Führungsverständnis, mit flexiblen Ar- beitsformen, mobiler und räumlich ver- teilter Arbeit. Eine Transformation, die nur gelingen kann, wenn die Entwick- lung auf organisationaler Ebene auch mit einem Lernen auf individueller, personel- ler Ebene einhergeht bzw. umgekehrt. Denn für Veränderungen in der äußeren Arbeitswelt und an deren Strukturen (New Work) braucht es wie gesagt auch Veränderungen in der inneren Welt – eine Art Reifegradentwicklung oder mentale Transformation. Die Krise als Turbo für die moderne Arbeitswelt In Hinblick auf die neue Arbeitswelt und die Digitalisierung wirkten die vergan- genen Wochen als Radikalbeschleuniger in vielen deutschen Unternehmen. New Work – häufig mit dem Sinnbild verbun- den, von zu Hause aus zu arbeiten – hat auf beschleunigte Weise Einzug in Unter- nehmen gehalten und der Digitalisierung in Unternehmen in Deutschland auf die Sprünge geholfen. New Work und das Thema digitale Transformation sind nicht neu. Doch durch die akute Bedrohung der Krankheit hatte jeder auf einmal die He rausforderungen vor den eigenen Augen. Und die Relevanz für die Zukunftssi- cherung der eigenen Organisation und Beschäftigungsfähigkeit wurden vielen schlagartig bewusst. In einigen Unternehmen wurde schnell verstanden, dass zu einer Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, die Befähi- gung notwendig ist – zum Wollen auch ein Können gehört. Und dass die Zusam- menarbeit trotz räumlicher Trennung von der Unternehmenskultur und von den Einstellungen der Führungsmannschaft abhängig ist. Als Antwort auf die erkann- ten Bedarfe haben einige Personalabtei- lungen konkrete und zielgerichtete virtu- elle Formate als Soforthilfemaßnahmen angeboten. Dadurch sind neue virtuelle Lern- und Austauschformate entstanden, die von Online-Moderation über virtuelle Führung, von kleinen Austauschrunden bis hin zu Bar Camps reichen. Darüber hinaus kommt es zum verstärkten Be- wusstsein, dass die technologische Befä- higung eine entscheidende Rolle im Ent- wicklungsprozess spielt. Doch das sind nur die ersten Schritte. Möchte man New Work als Antwort auf die wachsende Volatilität und Komplexi- tät als wirksames Konzept in der eigenen Organisation etablieren, ist es zugleich eine kulturelle Entwicklung und Haltung, den Menschen mit dem individuellen Bedürfnis nach Sinnorientierung, Weiter- entwicklung und Wertschätzung in den Mittelpunkt zu rücken. Erst diese Kombi- nation aus beidem – den Erfordernissen der Unternehmen und den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeitenden – er- möglicht es, New Work im Unternehmen nachhaltig zu etablieren. Das bedeutet für viele Führungskräfte und Mitarbeitende ein grundlegendes Umdenken. Radikale Antworten Der aktuelle Moment gibt Anlass, neu zu denken, und ruft Organisationen, aber auch jeden Einzelnen von uns auf, tätig zu werden. Lädt ein, aus den gemachten Erfahrungen eigene Schlussfolgerungen zu ziehen, um als Organisation, aber auch als Gesellschaft und Mensch dauer- haft mit Krisen schneller, effizienter und gezielter umgehen zu können. Ein welt- weiter Virus hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. Wir alle wurden gezwun- gen, plötzlich umzurüsten. Auch wenn viele von uns an der fast liebgewonnenen Illusion noch festhalten wollen: Es gibt kein Zurück in die alte (Arbeits- oder Le- bens-)Welt vor der Pandemie. Denn dis- ruptive Veränderungen sehen nicht ein „Weiter-so-wie bisher“ vor, sondern sind der Beginn etwas völlig Neuem. Es ist an der Zeit, radikalen Denkweisen ausrei- chend Raum zu bieten. Warum sollte es nicht möglich sein, Or- ganisationsstrukturen aufzubrechen, Hierarchien zu verflachen oder ganz ab- zuschaffen und klassische Führungsauf- gaben von einzelnen Personen auf viele zu verteilen? Wer sagt, dass Präsenz am Arbeitsplatz tatsächlich die effektivste Ar- beitsweise ist, während von zu Hause aus eventuell ergebnisorientierter gearbeitet werden kann? Wer jetzt in antiquier- ten Strukturen feststeckt, muss darüber nachdenken, ob es nicht auf lange Sicht gewinnbringender ist, komplett von Null zu beginnen. Arbeitgeber-Attraktivität ist keine leere Worthülse, sondern ein maß- geblicher Anreiz für Fachpersonal, Spe- zialisten und Vordenkende. Es braucht radikale Antworten – doch kreativ und innovativ müssen sie sein und nicht eine Wiederbelebung von ausgesprochen langweiligem Althergebrachten. Daniela Krug-Gottwald, Lea Müller, Julia Böhm Lea Müller ist Expertin für bedarfsorientier- tes und situati- o n s un ab h än g i - ges Lernen: Jedem Menschen sollte das Lernen ermöglicht werden, egal wo und wann. Durch ihren Master in „Betrieblicher Berufsbildung und Berufsbildungsmanagement“ weitete sie ihren Blick in Richtung Change- Management und Digitalisierung. Avilox GmbH Peterssteinweg 14, D-04107 Leipzig Tel. 0049341 68699129 www.avilox.de AUTORIN
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