Wirtschaft u. Weiterbildung 7-8/2020
wirtschaft + weiterbildung 07/08_2020 15 und so finden wir schließlich die richtige Länge.“ Grund zum Streiten gab es genug. Denn reibungslos lief keines der Pro- jekte. Aufgrund der endlosen Genehmigungsprozeduren arbei- teten sie stets an mehreren Projekten gleichzeitig. Lief dann eines plötzlich besser, konzentrierten sie sich nur auf den Er- folg dieses einen Vorhabens. Zu den vielen nicht realisierten Projekten gehört die zweiwö- chige Verhüllung eines Flussabschnitts des Arkansas River in Colorado. Von 1992 bis 1994 fuhren sie 25.000 Kilometer durch die Rocky Mountains, um den idealen Fluss zu suchen. Dann kam die Genehmigung für die Verhüllung des Reichstags da- zwischen. Das Flussprojekt ruhte. 1996 fuhren sie zurück in die Rocky Mountains und fanden den idealen Flussabschnitt. Der endlose Kampf mit den Behörden begann. Erst vor drei Jahren beendete Christo das Projekt „Over the River“ endgül- tig – aus Protest gegen Präsident Donald Trump. „Hier ist die US-Bundesregierung unser Vermieter. Ich kann kein Projekt machen, dass diesem Vermieter zugutekommt“, erklärte der 81-Jährige der „New York Times“. Bis dahin hatte er rund 15 Millionen Dollar in das Projekt investiert. 2009 starb Jeanne-Claude mit 74 Jahren. Das erste von Christo allein realisierte Großprojekt war „Floating Piers“ im Juni 2016 am norditalienischen Iseo-See, wo die Besucher auf mit gelb- orangen Stoffbahnen bespannten Plastikwürfeln 16 Tage über das Wasser wandeln konnten. Drei Kilometer lange und 16 Meter breite Stege verbanden die Inseln Monte Isola und San Paolo mit dem am Ufer gelegenen Städtchen Sulzano. Auch dieses Projekt hatte eine lange Vorgeschichte. Bereits 1969 wollten es Christo und Jeanne-Claude am Rio de la Plata in Argentinien realisieren. Doch es klappte nicht. 1996 schlugen die Künstler „The Daiba Project“ in Tokio vor, bei dem zwei schwimmende Promenaden zwei Inseln verbinden sollten. Nach einem Streit mit den Betreibern der Anlage sagten sie das Projekt ab. 2014 passte Christo sein 45 Jahre altes Projekt dann an die Gegebenheiten des Iseo-Sees an. Diesmal gaben die Be- hörden nicht einmal ein Jahr später grünes Licht. Die letzte Phase geht auch ohne Christo Der Andrang war riesig. 1,2 Millionen Besucher kamen und brachten die schwimmende Konstruktion an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Christos letztes Projekt war „The Mastaba“ 2019 im Londoner Hyde Park, eine gigantische Skulptur aus 7.506 gestapelten, bunten Ölfässern, die in einem künstlichen See schwammen. Im April 2020 sollte die Verhüllung des Arc de Triomphe in Paris mit 25.000 Quadratmetern silbrigblau- schimmernden Stoffs folgen. Doch dann kam das Coronavirus dazwischen. Am 31. Mai 2020 starb Christo eines natürlichen Todes kurz vor seinem 84. Geburtstag. Das Projekt soll den- noch nächstes Jahr realisiert werden. Das Material wurde von Christo bereits komplett vorbereitet. Bärbel Schwertfeger Letztes Werk. Seit 1962 wurde die Verhüllung des Arc de Triomphe in Paris geplant. Das End- ergebnis soll im Herbst 2021 zu sehen sein.
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