Wirtschaft u. Weiterbildung 7-8/2020
aktuell 12 wirtschaft + weiterbildung 07/08_2020 Zuweilen ist es für uns selbst ein Rätsel, warum wir Personen und Situationen intuitiv richtig einschät- zen. Denn eigentlich sind wir überzeugt, dass wir weitgehend rational entscheiden. Doch wissen- schaftliche Untersuchungen belegen: Selbst unsere scheinbar rationalsten Entscheidungen werden von Emotionen mitbestimmt – nur ist uns dies meist nicht bewusst. Viele Menschen sind überzeugt: Den „sechsten Sinn“ hat man oder man hat ihn nicht. Wissen- schaftliche Studien zeigen aber, dass jeder Mensch über die Fähigkeit verfügt, Menschen, Situationen und Konstellationen intuitiv richtig einzuschätzen, sie ist nur verschieden stark ausgeprägt. Diese Fähigkeit lässt sich trainieren. Doch wie können wir unser Gespür für Menschen, Situationen und Konstellationen trainieren? Eine Voraussetzung ist: Wir müssen akzeptieren, dass Emotionen und unser Unterbewusstsein viel stärker unser Verhal- ten bestimmen als wir gemeinhin vermuten. Zudem müssen wir grundsätzlich bereit sein, auch auf unser Bauchgefühl zu hören. Einige Beispiele: Angenommen Sie warten mit vie- len Menschen auf einen Fahrstuhl. Dann können Sie sich, bevor sich die Tür öffnet, fragen: Welche Personen werden wohl als erste den Fahrstuhl betreten? Oder Sie sind in einem Meeting. Dann können Sie sich fragen: Wann ergreift mein Kollege Müller das Wort und was sagt er? Wenn Sie sich solche Aufgaben regelmäßig stellen, merken Sie nach einiger Zeit: Ihre Prognosen sind häufiger richtig. Denn hierdurch lernen Sie, Personen und Situationen intuitiv richtig wahrzunehmen und ein- zuschätzen. Besonders gut können wir unsere Intuition in der Freizeit trainieren. Denn: Wer gestresst ist, arbeitet Aufgaben nur mechanisch ab. Er ist nicht offen für Neues. Ebenso verhält es sich, wenn wir Angst haben. Anders ist es, wenn wir relaxt sind und uns pudelwohl fühlen. Dann nehmen wir unsere Umwelt und unsere Empfindungen sensibler wahr. Versetzen Sie sich deshalb, wenn Sie das Unterbewusstsein als Ideenquelle anzap- fen möchten, zunächst in die richtige Stim- mung. Zum Beispiel mit Entspannungs übungen. Gewiss haben Sie auch schon die Erfahrung gemacht, dass Sie, wenn Sie sich von der Hektik des Alltags lösen, eher auf ganz neue Ideen kommen. Zum Beispiel, wenn Ihnen beim Spazierengehen oder unter der Dusche plötzlich die Lösung für ein Problem einfiel, über das Sie schon tagelang gegrübelt haben. Doch Vorsicht! Nicht jeder Gedanke ist eine „zün- dende Idee“. Viele Menschen tappen regelmäßig ins Fettnäpfchen, weil sie blind ihrem Bauchgefühl folgen, statt ihre Eingebungen zunächst zu prüfen. Das ist in der aktuellen Corona-Krise ganz beson- ders wichtig. Dann sollten Sie sich zum Beispiel fragen: Warum lässt mich diese Situation erschauern? Primär weil unsere Aufträge wegbrechen? Oder weil ich keine Erfahrung mit einer solchen Krisensituation habe und nicht weiß, wie ich reagieren soll? Oder weil sich alte Entscheidungen von mir im Rückblick als falsch erweisen? Oder weil ich neue, harte Entschei- dungen treffen und verkünden muss? Oder weil ...? Nicht jede Emotion ist eine zielführende Intuition. Wer sich rein auf sein Bauchgefühl verlässt, ist gerade in Krisenzeiten, die Umbruchzeiten sind, oft verlassen. Nicht jede Emotion ist eine zielführen- de Intuition. Es lohnt sich, seine innere Stimme zu schulen. „ „ Gastkommentar Nicht nur auf das Bauchgefühl vertrauen Joachim Simon Joachim Simon lebt in Braunschweig und arbeitet als Führungskräftetrainer. Zudem unterstützt er als Business Coach Manager beim Treffen strategischer Entscheidungen. Mit dem von ihm konzipierten Online-Programm „Egoleading“ können (angehende) Führungskräfte jene Skills trainieren, die sie im digitalen Zeitalter nach den Erfahrungen von Simon zum Führen von Menschen und Organisationen dringend brauchen (www.joachimsimon.info).
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