Wirtschaft und Weiterbildung 9/2020

R wirtschaft + weiterbildung 09_2020 43 vor der Corona-Krise Konjunktur hatten. Auf den einschlägigen Top-Ten-Bestseller- listen der Sachbücher fanden sich in den letzten Monaten oft gleich drei oder vier Titel mit Bezug zum Thema Crash. Der Tenor dieser Bücher ist ausnahmslos alar- mistisch und dramatisierend. Beispiele für ein paar Thesen der Crash-Propheten: Der „Weltsystemcrash“ sei unausweich- lich und stünde unmittelbar bevor. Der Euro habe „Krebs im Endstadium“. In der gesamten Eurozone wimmle es von „Zombieunternehmen“ und „Zombieban- ken“. Und schließlich: Die meisten Deut- schen würden „über 90 Prozent ihrer Er- sparnisse verlieren“. Jedoch darf man den düsteren Prog- nosen nicht trauen und sollte sich von ihrer Endzeitstimmung nicht anstecken lassen. Denn erstens halten sich Krisen nicht an irgendwelche Regeln oder Ge- setzmäßigkeiten und lassen sich niemals vorhersagen. Zweitens verfolgen die be- rufsmäßigen Schwarzmaler ein massives Eigeninteresse. Der Crash und die Angst davor sind ihr Geschäftsmodell. Mittler- weile warnt sogar die Stiftung Warentest (Finanztest) vor den Empfehlungen der Crash-Propheten. Einige Schwarzmaler profitieren durch den Vertrieb von angeblich crashsiche- ren Anlagealternativen wie Edelmetallen oder exotischen Investments in Whis- key, teuren Rotwein oder Kunstgegen- stände. Noch häufiger verdienen sie je- doch an einem von ihnen selbst aufge- legten Investmentfonds. Die rettenden „Wertsicherungsfonds“ oder „Vermö- genssicherungsfonds“ sind jedoch keine kostengünstigen, passiven Indexfonds (ETFs), sondern teure, aktiv gemanagte Produkte, die beim Erwerb schon mal rund fünf Prozent Ausgabeaufschlag und dann rund zwei Prozent jährliche Gebüh- ren sowie zusätzliche Erfolgsprämien in Rechnung stellen. Verunsicherte Bürger, die diesem einträg- lichen Schwarzmaler-Geschäftsmodell auf den Leim gehen, verlieren über die Zeit allein durch diese hohen Kosten einen guten Teil ihrer Ersparnisse – da muss eigentlich gar kein Crash mehr kommen. Ihnen bleibt nur noch der frag- würdige Trost, dass ihr Geld nicht wirk- lich weg ist – das haben ja nun die Crash- Propheten. Einigermaßen geschockt sind Anlage- profis über Empfehlungen, die versteckt oder sogar explizit zum Rechtsbruch und zu illegalen Transaktionen ermuntern. Gegen einen staatlich verordneten Las- tenausgleich oder eine Vermögensabgabe zur Finanzierung der Folgen eines mögli- chen Finanzcrashs oder dem Abbau der Staatsschulden hilft legal eben kein Aus- landskonto und auch kein Grundstück im Ausland. Ebenso wenig nützen Gold- barren, die in anderen Ländern deponiert werden. Solches Eigentum muss vom inländischen Steuerpflichtigen nämlich trotzdem im Fall einer Vermögensabgabe oder Vermögenssteuer alles beim deut- schen Fiskus angegeben werden. Die einzige legale Möglichkeit wäre, ganz konsequent auszuwandern. Bitte dann aber auch nicht zurückkommen, wenn im gewählten Steuerparadies die ärztliche Versorgung nicht stimmt oder die Rechts- sicherheit bedroht ist. Ein bekannter Crash-Prophet, den ich bewusst nicht na- mentlich würdigen möchte, prahlt unver- hohlen damit, dass er sich frühzeitig um mehrere Staatsbürgerschaften gekümmert habe. An anderer Stelle publiziert er, dass er einen Jagdschein besitzt, und lässt ge- nüsslich offen, gegen wen er die Waffe richten möchte. Es sei die Frage erlaubt, was mit unserer Gesellschaft passieren würde, wenn sich jeder so verhielte. Wir können nicht alle bei der ersten Schwie- rigkeit auswandern und wir können auch nicht alle unsere Ernährung sichern, indem wir in den Wald gehen und Rehe schießen. Konstruktiv mit Krisen umgehen! Diese Ausgangssituation war für mich Motivation, bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie ein konstruktives Buch über den Umgang mit einer möglichen Fi- nanzkrise zu schreiben. Dass dieses Buch überraschend schnell aktuell wurde, be- daure ich sehr, denn ein wenig mehr Vor- bereitungszeit hätte vielen Bürgern gut getan. Jedoch kann ich auch in der jetzi- gen Anfangsphase einer wahrscheinlich länger andauernden Krisenlage auf den Finanzmärkten oder sogar auf dem Weg in eine dauerhafte „neue Normalität“ (zum Beispiel Kredit- und Kapitalmärkte ohne Zinsen) einige leicht umsetzbare Empfehlungen für jedermann geben. Bei diesen Empfehlungen wird keine Medizin verschrieben, die im Zweifelsfall schlim- mer ist als die eigentliche Krankheit. Und ich bereichere mich auch nicht daran, dass Sie die Empfehlungen umsetzen. Seien wir doch ehrlich: Niemand kann einen Crash oder eine Krise voraussehen, denn ein Chaos lässt sich nicht planen. Alles kann passieren – auch natürlich auch das Gegenteil. Und daher verzich- ten meine konstruktiven Crash-Gedanken auf Prognosen. Vielmehr empfehle ich

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