Wirtschaft und Weiterbildung 9/2020
wirtschaft + weiterbildung 09_2020 41 verrechnet. Ebenso werden eventuelle Co-Trainer (zum Beispiel zur Unterstüt- zung bei der technischen Durchführung) separat in Rechnung gestellt. 2 Webtalk („Webinar“) Dieses Format erinnert häufig an einen klassischen Vortrag, der jedoch online ge- halten wird, an den sich noch eine Frage- Antwort-Runde anschließt. (Anmerkung: Den eingebürgerten Begriff „Webinar“ nutzen die beiden Verbände nicht – und zwar aufgrund der Möglichkeit, dass der Begriff urheberrechtlich geschützt sein könnte). Charakteristisch für einen Web- talk ist: An ihm kann eine unbegrenzte Zahl von Personen teilnehmen. Seine Dauer beträgt meist 30 bis 90 Minuten. Hier empfehlen die beiden Verbände in ihrer Richtlinie einen von der Teilnehmer- zahl abhängigen gestaffelten Preis pro 90-minütiger Einheit (zum Beispiel eine Stunde Vortrag plus 0,5 Stunden Fragen beantworten) zu verrechnen - und zwar • bis 20 Teilnehmer mindestens 800 Euro • ab 21 Teilnehmer (mit einem Moderator für den Chat) mindestens 1.740 Euro. Speziell dieses Format wird von den Auf- traggebern oft aufgezeichnet und zur Weiterverwendung in die „E-Learning- Bibliothek“ des Unternehmens gestellt. Dasselbe ist in manchen Unternehmen jedoch auch bei (Live-)Onlinetrainings „gängige Praxis“. Deshalb empfehlen die Verbände, die AGBs und die Angebote für Onlinefor- mate zum Beispiel stets mit folgendem Hinweis zu versehen: „Audio- und Vi- deomitschnitte sind nur mit schriftlicher Erlaubnis des Anbieters gestattet.“ Bei Webtalks kann danach der Hinweis er- folgen: „Gerne erteilen wir auf Anfrage eine entsprechende Freigabe.“ Bei (Live-) Online-Trainings ist eine differenziertere Betrachtung nötig, weil hierbei auch der Datenschutz zu beachten ist und es die Persönlichkeitsrechte der Teilnehmer zu wahren gilt. Hinzu kommt: Wissen die Teilnehmer, dass das Training mitge- schnitten wird, ändert sich in der Regel auch ihr Verhalten. Wenn Trainer die Erlaubnis zur Auf- nahme eines Webtalks erteilen, empfeh- len der BDVT und VBT die oben genann- ten Honorare beispielsweise mit dem Faktor 10 zu multiplizieren. Wenn der Kunde über eine Aufnahme des Webtalks verfügt, kann er das Video all seinen Mit- arbeitern – im Extremfall konzern- und weltweit – auf der Lernplattform zeitlich unbegrenzt zur Verfügung stellen. Das heißt für den Trainer: Einen entsprechen- den Folgeauftrag wird er bei dem Kunden nicht mehr erhalten. Diese Empfehlung gilt jedoch primär für Webtalks, in denen der Trainer sein Ex- pertenwissen weitergibt und bei denen davon auszugehen ist, dass die Mit- schnitte längerfristig und in einem grö- ßeren Umfang genutzt werden. Anders verhält es sich, wenn der Trainer in dem Webtalk primär eine Einschätzung zu einem aktuellen Thema wie in jüngster Zeit „Folgen von Corona“ abgibt und davon auszugehen ist: Die Inhalte haben in ein, zwei Wochen oder Monaten pri- mär archivarischen Wert. Dann sollte der Trainer eventuell eher ein höheres Hono- rar für den Webtalk selbst vereinbaren, als einen recht hohen Multiplikator beim Mitschnitt anzusetzen. 3 E-Learnings WBTs oder Lernvideos werden üblicher- weise pro Minute abgerechnet. Hier vari- ieren die Preise sehr stark nach ... • der Art des Videos (animiert?) • der Qualität des Videos (Studio versus Smartphone) Sabine Prohaska ist Inhaberin eines Beratungsunter nehmens, das über eine E-Lear ning-Academy verfügt und dessen Blended-Learning-Trainer-Ausbildung mit dem BDVT-Trainingspreis in Gold 2018/2019 ausgezeichnet wurde. Prohaska ist Mitglied des Vorstands der Vereinigung der Businesstrainer Österreich (VBT). Seminar Consult Prohaska e.U. Märzstraße 55/13, 1150 Wien Tel. +43(0)664 3851767 www.seminarconsult.at AUTORIN • der Postproduktion (Sprecher, Schnitt, Musik) • den Nutzungsrechten und Urheber- rechten. Für 20-minütige, professionell erstellte E-Learnings empfehlen die beiden Ver- bände zwischen 15.000 und 25.000 Euro zu verrechnen. Diesem Betrag liegt ein Richtwert von circa 1.000 Euro/Minute zugrunde. Dieser Wert gilt selbstverständ- lich nicht für Videos, die ein Trainer „en passant“ mit dem Smartphone erstellte, während er am Schreibtisch saß oder in seinem Garten lustwandelte, sondern nur für Videos, die unter methodisch-didakti- schen Gesichtspunkten gezielt aufgebaut und gestaltet sind sowie die professio- nell bearbeitet wurden – für Videos also, deren Erstellung eine entsprechende In- vestition an Zeit und Geld erforderten. Die Honorare werden deutlich divergieren Die genannten Preise verstehen BDVT und VBT nur als eine Empfehlung, die der Orientierung sowohl der Anbieter als auch Nachfrager im Weiterbildungsmarkt dienen sollen. In der Praxis werden sich ähnlich wie bei den klassischen Präsenz- trainings nicht nur verschiedene Verrech- nungsmodelle, sondern auch Preisni- veaus im Markt etablieren, die abhängig vom Thema, Klientensystem (Profit- oder Non-Profit-Organisation), der Vorerfah- rung des Trainers und seinem Ansehen zum Teil stark divergieren. Deshalb hat die Richtlinie der beiden Verbände pri- mär eine vorübergehende Orientierungs- funktion. Sie wird zunehmend an Bedeu- tung verlieren, wenn die Anbieter mehr Erfahrung mit der Preisgestaltung bei Onlineformaten und die firmeninternen Weiterbildner mehr Erfahrung mit deren Einkauf haben. Sabine Prohaska Anmerkung der Redaktion zu Punkt 2 „Webinar“: Ein Mark Keller, der zurzeit in Kuala Lumpur lebt, hat sich vor Jahren einmal die Markenlizenz „WEBINAR®“ gesichert. Durch seine Anwälte ließ er verbreiten, dass der populäre Gattungs- begriff „Webinar“ aus seiner Sicht aber nicht geschützt sei und er die Verwen- dung des Wortes „Webinar“ niemandem untersagen wolle.
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