Wirtschaft und Weiterbildung 9/2020

wirtschaft + weiterbildung 09_2020 19 und viele haben erst in den letzten Mo- naten an Online-Varianten oder Blended- Learning-Konzepte gedacht. Schließlich sahen viele bis vor Kurzem die Gefahr, dass Online-Lernen den eigenen Job ge- fährden könnte. Und plötzlich sollen und wollen sie genau das für ihre Kunden leis­ ten, ganz zeitnah und am besten eins zu eins. Manche Kollegen gehen wie selbst- verständlich davon aus, dass sie Live-Online-Trainings ohne weitere Vorberei- tung locker beherrschen. Man braucht ja nur eine Webcam und eine virtuelle Plattform oder ein Tool, dann geht es schon los. Viele Kollegen bilden sich aktuell weiter, sodass die ver- schiedenen Online-Trainer-Ausbildungen geradezu boomen, doch unterscheiden sie sich sehr hinsichtlich Qualität, Auf- bau, Nutzen, Umfang und Inhalt. Bei Online-Trainerausbildungen ist es wie mit anderen Ausbildungen auch: lieber eine mehr als eine zu wenig machen, denn jeder Ausbilder setzt andere Schwer- punkte. Sich nicht in den technischen Feinheiten verlieren Der Schwerpunkt der Weiterbildungs- angebote zum Online-Trainer liegt oft auf der Technik sowie dem Verkauf von Online-Kursen. Didaktisches Handwerk und pädagogische Kunst habe ich immer wieder vermisst. Denn ein vernünftiger Online-Kurs braucht weitaus mehr Trai- ningsqualität als ein Präsenzseminar! Und dazu kommen dann die typischen Herausforderungen, die schon vor einem Online-Training zu klären sind: • Welches Tool beziehungsweise welche Plattform bietet sich wofür an? Was ist eigentlich eine Online-Plattform oder ein virtueller Meetingraum? Welche gibt es? • Wie geht man als Trainer damit um, dass man „nur“ in die Webcam spricht und kein echtes Gegenüber mehr hat? Zudem muss man verschiedene Auf- gaben oft gleichzeitig ausführen und im Blick haben: die Präsentation, das Licht, die Kamera, die Menschen, die Dokumentenkamera, das Whiteboard, den Chat, das Umfragetool, das Quiz, die Breakout-Session … • Wie kann die Inhaltspräsentation le- bendig gestaltet werden? • Wie klappt es mit dem Transfer der Inhalte in den Alltag der Teilnehmer – geht das überhaupt und wenn ja, wie? • Einige Teilnehmer haben sich schon gut mit der virtuellen Welt arrangiert, andere sind noch ungeübt, kennen sich nicht aus und haben Sorge, bei einem virtuellen Live-Online-Seminar nicht zurechtzukommen. Wie kann man diese Sorgen zerstreuen? Immer wieder habe ich festgestellt, dass Trainer sich derzeit in den technischen Raffinessen verlieren – und dadurch ihre Ausdruckskraft und ihre Wirkung leidet. Grundsätzlich zeigen Online-Trainer zur- zeit nach meinen Beobachtungen eine gewisse Hyperaktivität durch zu viele – auch oberflächliche – Methoden oder Apps, die nicht automatisch tiefe Lern- prozesse ermöglichen. Kleine Filme vorproduzieren und bei Langeweile einspielen Folgendes ist unter anderem zu beden- ken, wenn Präsenztrainer ihr Seminar von Präsenz auf Online umstellen: 1. Eine geplante Präsenz-Tagesveranstal- tung kann nicht so einfach umgestellt werden – das würde alle Beteiligten enorm ermüden. Trainer können einzelne Pakete schnüren, indem sie die Lern- ziele herunterbrechen und dazu dann passende Einheiten designen. Die Frage dabei lautet, wie man passende Einheiten gestalten kann. 2. Die Planung von Selbstlernphasen darf nicht vergessen werden. Trainer sollten überlegen, welche Einheiten die Teilneh- mer für sich alleine lernen können. Hier sollten auch Selbststudien ermöglicht werden. Powerpoint ist als Trägermedium weit verbreitet, aber einschläfernd und wenig interessant. Es gilt also hier (wie auch im gesamten Live-Online-Seminar) den Inhalt auf die attraktivste Weise vor- zustellen oder bearbeiten zu lassen. Hier bieten sich neben kreativen Präsentati- onsmethoden auch kleine Filme an, die eigens dafür produziert werden. Dank Smartphone und Filmschnittprogrammen R Barbara Messer. Sie hat sich ein eigenes Video-Studio für Webinare eingerichtet, das einen guten Ton und eine gekonnte Ausleuch- tung garantiert. Kleine Erklärfilme werden mit dem Smartphone vorproduziert.