Wirtschaft und Weiterbildung 1/2020
8 wirtschaft + weiterbildung 01_2020 aktuell ALFRED KIESER II Nützliche Management-Moden ALFRED KIESER I „Agilität ist inhaltsleere Modeerscheinung“ Alfred Kieser erwähnte in seinem Brandeins-Interview (11/2019) auch Management-Moden, die etwas bewirkt hätten. Das Konzept des „Total Quality Management“ (TQM) sei eine sinnvolle Antwort auf die japa- nische Qualitätsoffensive gewesen. Eine andere sinnvolle Management- Mode sei „Lean Production“ gewe- sen. Automobilfabriken organisierten damals ihre Fertigung neu und Arbeit- nehmer wurden am Prozess beteiligt. Eine schlanke Produktion habe im Ergebnis zu mehr Effizienz und zu mehr Arbeitszufriedenheit geführt, weil Verantwortung nach unten ver- lagert wurde. Dass die TQM-Vorzei- gefirma General Electric trotzdem gerade schwächelt, begründet Kie- ser so: Eine falsche Personalpolitik habe dazu geführt, dass die interne Zusammenarbeit stark litt. Und das Null-Fehler-Prinzip habe die Folge gehabt, dass Innovationen unterlas- sen wurden. Kieser: „Wer keine Fehler machen will, fängt nichts Neues an.“ Prof. Dr. Alfred Kieser (77), einer der re- nommiertesten BWL-Professoren mit Schwerpunkt „Organisation“, erklärte in einem Interview mit „Brandeins“ (11/2019), dass er den „schwammigen Be- in der Lage wäre, viel schneller als die Kon- kurrenz auf Kundenwünsche zu reagieren“, so Kieser. Der Argumentation, durch Agili- tät werde ein Unternehmen hierarchiefreier und demokratischer, widerspricht Kieser. Das sei nicht realistisch, weil Unternehmen per se hierarchische Organisationen seien. Es gebe immer eine letzte Instanz, die ent- scheide. Wenn etwas passiere, was gegen deren Willen wäre, würde sie eingreifen. Die Mitarbeiter würden vor wichtigen Ent- scheidungen mit viel Aufwand versuchen herauszufinden, was diese oberste Instanz wollen könnte. „Offiziell gibt es dann keine Hierarchie, in Wahrheit und in den Köp- fen sehr wohl.“ Das führe nicht zu Agili- tät, sondern zum Gegenteil. Auch deshalb werde diese Mode kaum Spuren hinterlas- sen. Führungskräften, die in einem Unter- nehmen arbeiteten, das Agilität auf seine Fahnen geschrieben habe, rät Kieser, so zu tun, als hielten sie das Konzept für sinn- voll. Sonst müssten sie Nachteile fürchten. Foto: Pichler griff“ Agilität für eine Modeerscheinung halte, der „inhaltsleer“ sei. „Es gibt kein überzeugendes Vorbild, also ein größeres Unternehmen, das Agilität lebt und auf ganz neue Art organisiert ist und deshalb Eventagenturen und die Veranstaltungs- manager in den Unternehmen in der Wirtschaft achten nur geringfügig auf das Thema „Umweltschutz“, wenn sie eine Tagungsstätte oder eine Eventlocation aus- wählen. Das hat die Hochschule Worms im Rahmen einer Onlinebefragung (122 komplett aus- gefüllte Fragebögen wurden ausgewertet) herausgefunden. Die Hochschule fragte nicht danach, wie wichtig Nachhaltigkeit sei, sondern wollte einfach nur die Ent- scheidungskriterien bei der Wahl einer Ver- anstaltungsstätte wissen. Die Prioritäten sahen so aus: Auf Platz 1 stand die Erreich- barkeit der Location. Auf Platz 2 lag das Raumangebot und auf Platz 3 das Preis-/ Leistungsverhältnis. Weit abgeschlagen auf der Prioritätenliste standen Kriterien wie „Barrierefreiheit“ und „Möglichkeit für Green Meetings“. TAGUNGEN Nachhaltigkeit irrelevant Prof. Dr. Alfred Kieser. Das Foto entstand auf einer Systemiker- Tagung 2015.
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