Wirtschaft und Weiterbildung 1/2020
62 wirtschaft + weiterbildung 01_2020 Stefanie Hornung hot from the US Scott H. Young eignete sich die Inhalte des vierjäh- rigen MIT-Informatikstudiums in nur einem Jahr an – inklusive Programmierprojekte und Abschlussprü- fungen. Programmieren lernen, fließend eine Spra- che sprechen oder ein eigenes Unternehmen auf- bauen – das ist für jeden innerhalb weniger Monate möglich, meint der Autor des Buchs „Ultralearning: Master Hard Skills, Outsmart the Competition, and Accelerate Your Career“. Dass viele unserer Lern- vorhaben scheitern, liegt laut dem kanadischen Autor vor allem daran, wie wir lernen. Wir neigten dazu, einmal eingeübte Lernroutinen zu wiederho- len, statt systematisch neue Trainingsmethoden anzuwenden. Für die Ultralearning-Strategie trägt er deshalb Erkenntnisse aus der Forschung zusam- men und analysiert die Vorgehensweise von Per- sönlichkeiten, die beeindruckende Lernleistungen vollbracht haben – darunter Benjamin Franklin, Schachgroßmeisterin Judit Polgár oder Nobelpreis- träger Richard Feynman. Neun Prinzipien tauchten dabei immer wieder auf. Zum Beispiel starteten viele Ultralerner ihr Lern- projekt mit „Metalernen“: Sie informieren sich, wie andere Menschen das gelernt haben, was sie auch können möchten und strukturieren ihren Lernplan entsprechend. Ein weiteres Prinzip nennt Young den „Drill“: Hochleistungslerner weichen demnach ihren Schwächen nicht aus, sondern versuchen herauszu- finden, woran es bei ihnen hakt und wie sie sich in der Hinsicht verbessern können. Viele der Lernprin- zipien, die Young propagiert, sind an sich nicht neu. Wir wissen längst, dass wir am meisten durch prak- tische Erfahrungen und den Austausch mit anderen lernen. Auch die Erkenntnis, dass es ein möglichst konkretes Lernziel wie „Porträts zeichnen“ statt generell „zeichnen lernen“ braucht, erscheint fast banal. Doch das Buch bringt verschiedene Ansätze zusammen und entwickelt so eine praktikable Roadmap, die jeder einfach nutzen kann. Zwar muten manche Geschichten mehr wie Auszüge aus dem Guinnessbuch der Rekorde an – etwa, wenn der Autor vom Musiker Tristan de Montebello berichtet, der es angeblich mit null Speaker-Erfahrung innerhalb von sieben Monaten ins Finale des „World Championship of Public Spea- king“ unter die Top Ten schaffte. Mehr unspektaku- läre Beispiele aus der Unternehmenspraxis hätten dem Buch gutgetan. Leider fragt Young erst am Ende des Buchs: Kann man anderen Menschen beibringen, wie sie sich selbst etwas beibringen? Wann wird aus intrin- sischer Motivation eine von anderen aufgebürdete Verpflichtung, sich selbst auszubeuten? Ultralear- ning dürfte im Unternehmenskontext nur dann funktionieren, wenn „Lernprojekte“ jenseits des Tagesgeschäfts möglich sind. Das Versprechen des Autors klingt hoffnungsvoll: -Beschäftigte brauchen keine übernatürlichen Superkräfte, um ganz neue Dinge zu lernen, solange sie sich die Lernziele selbst setzen dürfen. Sich selbst zukunftssicher machen Burning for Learning Die freie Journalistin/Reporterin Stefanie Hornung hat sich auf die Themen New Work, Personalmanagement und Diversity spezialisiert. Sie gehörte viele Jahre als Pressesprecherin zum Team der größten deutschen Personalfachmessen „Zukunft Personal“, „Personal Nord“ und „Personal Süd“. Außerdem war sie Chef- redakteurin des Onlineportals „HRM.de “. Mail: s.hornung.ma@gmail.com Foto: Ines Meier Scott H. Young: Ultralearning: Accelerate your Career, Master Hard Skills and Outsmart the Competition, Thorsons/Harper Collins Publishers, London 2019, 283 Seiten, 19,00 Euro Motivationsturbo: Jeder sollte sich seine Lernziele selbst setzen dürfen. „ „
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