Wirtschaft und Weiterbildung 1/2020
wirtschaft + weiterbildung 01_2020 49 ICF-Führungspersonal. Christine Kranz, derzeitige Präsidentin des ICF Chapter Germany, und Jean-Francois Cousin, derzeitiger ICF Global Board Chairman. gen sorgfältig und kundenorientiert zu unterscheiden • die Berücksichtigung der Komplexität der Partnerschaft zwischen Coach und Coachee • die Bedeutung der kulturellen, der sys- temischen und der kontextuellen Be- wusstheit. „Die neuen Kernkompetenzen sind klarer, weniger mehrdeutig, einfacher zu verste- hen und daher auch leichter in alle Spra- chen zu übersetzen“, so ICF-Präsident Cousin. Übersetzt wurden sie von pro- fessionellen Übersetzungsbüros mit Mut- tersprachlern. Das letzte Wort haben die ICF-Coachs vor Ort. Die Kompetenz „in Partnerschaft mit dem Klienten agieren“, die bislang mit dem Unterpunkt „Empa- thie und Responsivität“ zusammengefasst war, ist jetzt zum Beispiel ein eigener Punkt. Es seien auch „systemische“ Kom- ponenten hinzugekommen, die die Kern- kompetenzen noch stärker international anschlussfähig machen sollen. So zählt nun zur Kompetenz des Coachs auch, dass er das Umfeld des Klienten und die Organisation, für die der Klient arbeitet, im Blick hat. Die acht Kernkompetenzen gliedern sich in die vier Abschnitte: 1. Grundlagen 2. gemeinsam die Beziehung aufbauen 3. effektiv kommunizieren 4. Lernen und Wachstum kultivieren. Zu den Grundlagen gehören „zeigt ethi- sche Praxis“ und „verkörpert ein Coa- ching-Mindset“. Zur effektiven Kommu- nikation zählen „aktives Zuhören“ und „schafft Bewusstheit“. Besonders um- fangreich ist der Unterpunkt „gemeinsam eine Beziehung aufbauen“. Dazu gehört zum Beispiel: „Integriert die Worte, den Stimmklang und die Körpersprache des Klienten.“ Neue Ethik-Standards Neben den Kernkompetenzen müssen die Mitglieder auch die ethischen Standards des ICF unterschreiben und sich damit verpflichten, die in 28 Punkten definier- ten Kriterien für professionelles Verhalten als Coach einzuhalten. Auch der Ethik- Code wurde überarbeitet und moderni- siert. Dabei haben 24 Coachs aus zehn Natio nen mehr als tausend Stunden ehrenamt- liche Arbeit geleistet. Die neuen Stan- dards treten am 1. Januar 2020 in Kraft. Sie gliedern sich in vier Abschnitte: Ver- antwortung gegenüber Kunden, für Pra- xis und Leistung, für die Professionalität und Verantwortung für die Gesellschaft. Ein neuer Punkt sei der Umgang mit Statusunterschieden, so Jürgen Bache, seit 2016 Mitglied der internationalen Ethikkommission und der Schiedsstelle des ICF. Habe ein Coach einen Auf- trag mit Klienten aus unterschiedlichen Hierarchieebenen in einem Unterneh- men, müsse er unbedingt auf jeder Ebene dieselbe Qualität liefern. In den Standards heißt es dazu, dass der Coach die gleich- bleibende Qualität von Coaching unab- hängig von der Höhe und Form der ver- einbarten Vergütung in jeder Geschäfts- beziehung sicherstellen müsse. Interessant ist auch Standard 20: „Als ICF Professional stelle ich meine Coa- ching-Qualifikationen, mein Niveau an Coaching-Kompetenz, Fachwissen, Er- fahrung, Training, Zertifizierungen, Refe- Foto: Pichler renzen und ICF Credentials korrekt und genau dar.“ Und in Standard 27 heißt es: „Als ICF Professional bin ich ehrlich und arbeite innerhalb anerkannter wissen- schaftlicher Standards“. Wichtig sei vor allem auch die Verantwortung für die Ge- sellschaft. Wichtig sei es auch, die Standards in die jeweilige Kultur zu übersetzen, was nicht immer einfach sei. Wie wichtig das sei, erlebe man immer wieder im Beschwerdeteam. So sei es in Deutsch- land üblich, Verträge schriftlich zu ma- chen, in Asien dagegen nicht. „Ethik hat eben Millionen von Farben“, so Bache. Um die Ethik-Standards besser bekannt zu machen, soll es im nächsten Jahr zahlreiche Schulungen und Webinare geben. Ab Januar ist zudem ein virtueller Kaminabend geplant. Im Falle einer Be- schwerde gibt es eine nationale und eine internationale Ethik-Kommission, die bei erwiesenem Fehlverhalten eine Verwar- nung aussprechen oder den Ausschluss aus dem Verband initiieren kann. In Deutschland wurde eine neue Ethik- kommission für die nächsten drei Jahre gewählt, die von drei auf fünf Personen aufgestockt wurde. Die deutsche Ethik- kommission stellt einerseits die Auf- klärung und Aufmerksamkeit für das Thema Ethik in Deutschland sicher und ist auch Schnittstelle zur internationa- len ICF-Ethikkommission. Andererseits ist sie Schlichtungs- und Schiedsstelle für Coachs und Klienten bei Differenzen und Beschwerden. Für Ethik-Kommissi- onsmitglied Bache ist klar: „Eine ethisch saubere Einstellung ist die Basis für ein gutes Coaching.“ Bärbel Schwertfeger
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