Wirtschaft und Weiterbildung 1/2020

training und coaching 38 wirtschaft + weiterbildung 01_2020 strategischen Ziele. Welche neuen Rollen werden durch Transformationsprozesse entstehen? Welche Skills werden benö- tigt? Mit welchen Formaten und Entwick- lungsbausteinen können diese vermittelt werden? Spezialwissen wie etwa Big Data Analytics wird künftig in allen Branchen gefragt sein. Spezialisten werden auf dem Arbeitsmarkt aber knapp werden. Durch die neuen Arbeitsformen werden sich aber auch die Schlüsselqualifikationen in der Breite verändern. Digital Literacy, agiles Arbeiten, Adaptionsfähigkeit oder auch Eigeninitiative werden zusehends wichtiger. All dies braucht längerfristige Maßnah- men und vor allem nachhaltigere Formen des Lernens. Andererseits gilt es, die si- tuativen und individuellen Kompetenzen für den unmittelbaren Workflow weiter- zuentwickeln – mit Performance Support, Learning on Demand, Micro-Formaten und Austauschmöglichkeiten. Last but not least sind für eine Umsetzung der unternehmerischen Ziele auch die indi- viduellen Entwicklungsziele der Mitar- beiter von großer Relevanz. Je besser es HR und den Führungskräften im Zusam- menspiel mit den Mitarbeitern gelingt, den übergeordneten Sinn und Zweck und die gemeinsamen Entwicklungsper- spektiven herauszuarbeiten, umso enga- gierter sind die Mitarbeiter. Eine geteiltes Commitment sowie der starke persönli- che Stärken- und Interessenbezug haben enormen Einfluss auf die Motivation der Mitarbeiter. Zukunftsfähige Wei- terbildung muss also viel ganzheit- licher gedacht werden als bisher. Sie bezieht die strategische Entwicklung und situative Qualifizierung sowie nach- haltige und informelle Lernprozesse mit ein. Dies erfordert ein Umdenken bei allen Unternehmensplayern: Auf Organi- sationsebene geht es darum, eine neue Kultur des Lernens zu etablieren. Auf der Ebene der Menschen bedarf es eines neuen Mindsets. Für die technische Reali- sierung wird ein Umfeld benötigt, das die entsprechende Systematik sowie Tools, Formate und Strukturen parat hält. Lernkultur: Eigenverantwor- tung statt Fremdbestimmung Die Lernkultur eines Unternehmens wird maßgeblich von HR und Management ge- prägt. Ihr Part liegt darin, sich von ihrer bisherigen Rolle als Manager und Con­ troller formaler Angebote zu verabschie- den und in die des Enablers und Beglei- ters ganzheitlichen Lernens zu schlüp- fen. Sie sollten mehr selbstgesteuertes Lernen zulassen und auch zumuten. An den Stellen also, wo Weiterbildung auf Beschäftigtenseite noch zu verschult ge- dacht wird, braucht es Ermutigung und Hilfestellung zum Ausprobieren und zu mehr Eigenverantwortung. Hier sind die Führungskräfte gefragt, Mitarbeiter Wie lernen wir im Arbeitsalltag? Wie gehen wir während der Arbeit mit kniff- ligen Aufgaben oder Wissenslücken um? In der Regel suchen wir uns selbstständig Antworten im Internet oder fragen Kolle- gen. Genau diese informellen Wege der Informationsbeschaffung machen den Löwenanteil der Weiterbildung aus. Laut des 70/20/10-Modells des beruflichen Lernens von Michael Lombardo und Ro- bert Eichinger bewältigen wir 70 Prozent durch „Learning on the job“ in Projekten oder bei neuen Aufgaben und 20 Prozent durch sozialen Austausch mit Vorgesetz- ten, Kollegen, Coachs oder Mentoren. Lediglich 10 Prozent unseres Wissens stammt aus formellen Formaten wie Se- minaren oder E-Learnings. Informellem Lernen Raum geben Unternehmen investieren noch immer den größten Teil ihres Weiterbildungsbud- gets in klassische Formate und bedienen damit gerade einmal zehn Prozent des Lern-Outcomes. Es ist höchste Zeit, die Weiterbildungspraxis so auszurichten, dass sie dem tatsächliche Kosten-Nutzen- Verhältnis von formellem und informel- lem Lernen entspricht. Um Weiterbildung neu aufzustellen, muss zunächst geklärt werden, was sie überhaupt leisten muss. Dies erfordert ei- nerseits einen Blick auf die langfristigen, Durch „neues Lernen“ zukunfts- fähiger werden NEUES LERNEN. Digitales Lernen ist modern, aber „neues Lernen“ ist viel mehr: Es rückt den businessrelevanten Outcome konsequent in den Fokus und wirkt sich auf alle Dimensionen des Unternehmens aus – das heißt auf Organisation, Mensch und Umfeld. Doch wie sieht der neue Lernansatz konkret aus und welche Rolle spielt dabei das digitale Lernen?

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