Wirtschaft und Weiterbildung 1/2020
wirtschaft + weiterbildung 01_2020 23 gesund und emotional belastbar ist und beschreibt ausführlich Grund und Ziel des von ihm gewünschten Coachings. Insgesamt werden neun Aspekte abge- fragt – zum Beispiel auch, wie der indi- viduelle Karriereplan des Mitarbeiters aussieht. 5 Matching Das Coaching-Team, das innerhalb der Personalabteilung für internes Coaching zuständig ist, sucht auf der Basis der An- gaben zu Grund und Ziel des gewünsch- ten Coachings manuell drei interne Coachs aus, die dem angehenden Coa- chee vorgeschlagen werden. Die Beson- derheit bei Adidas besteht darin, dass das Coaching-Team alle internen Coachs mit ihren Stärken und Spezialgebieten per- sönlich kennt. Das Team ist zum Beispiel dabei, wenn sich die internen Coachs zum Austausch und zur Supervision tref- fen. Alle internen Coachs sind Adidas- Mitarbeiter, die auf den unterschiedlichs- ten Hierarchiestufen arbeiten. Alle haben eine vom ICF akkreditierte Coaching-Aus- bildung absolviert. Es gibt zwei Arten von Coachs: Junior Coachs (mindestens 100 Stunden Praxiserfahrung in der Durch- führung von Coaching-Sitzungen) und Senior Coachs (mindestens 200 Stunden Praxiserfahrung). In der Adidas-Zentrale in Herzogenaurach mit ihren rund 6.500 Mitarbeitern sind derzeit 38 interne Coachs einsatzbereit. Hinzu kommen noch weitere 14 interne Coachs, die in den Niederlassungen über- all auf der Welt arbeiten. Vor diesem Hin- tergrund ist Adidas sehr stolz darauf, dass interne Coachings nach ICF-Standards auch in Englisch, Holländisch, Franzö- sisch, Spanisch, Portugiesisch, Russisch, Indisch, Chinesisch und Japanisch statt- finden. 6 Kennenlerngespräche Der angehende Coachee ist verpflich- tet, mit allen drei ihm vorgeschlagenen Coachs ein halbstündiges Gespräch zu führen und sich erst dann für einen Coach zu entscheiden. Die Chemie sollte stimmen, damit der Coachee im Verlauf des Coaching-Prozesses keine Schwierig- keiten hat, sich dem Coach gegenüber zu öffnen. Ob mit allen gesprochen wurde, wird kontrolliert. Das Coaching-Team achtet auch darauf, dass Coach und Coa- chee nicht aus demselben Arbeitsumfeld kommen. 7 Agreement Das erste Treffen zwischen Coachee und Coach dreht sich ausschließlich darum, ein mehrseitiges „Coaching Agreement“ zu besprechen und anschließend ge- meinsam zu unterschreiben. Das Papier besteht aus diversen vom ICF vorgeschla- genen Formulierungen, um die Rahmen- bedingungen des Coachings im Detail zu klären. Ein sehr wichtiger Punkt dabei dreht sich um das Thema „Vertraulich- keit“. Beide vereinbaren eine sehr strenge Form von Vertraulichkeit. Selbst wenn der Coachee den Coach darum bitten sollte, gewisse Coaching-Inhalte seinem direkten Vorgesetzten „beizubringen“, ist der Coach gehalten, nur mit dem Coa- chee zusammen zu dessen Vorgesetzten zu gehen, um über einen bestimmten Sachverhalt zu reden. 8 Coaching-Sitzungen Der angebotene Coaching-Prozess besteht aus acht Sitzungen zu je einer Stunde Dauer. In der ersten Stunde wird das Agreement besprochen und in der letzten Stunde geht es darum, sich gegenseitig Feedback zu geben, sodass für die eigent- liche Arbeit ein Rahmen von sechs Stun- den verteilt auf sechs Sitzungen übrig bleibt. Coach und Coachee treffen sich dazu idealerweise persönlich in einem Se- minarraum in der Adidas-Zentrale. Immer öfter werden die Coaching-Stunden aber auch via Skype durchgeführt. 9 Evaluation Der Coachee wird nach Abschluss des Coaching-Prozesses gebeten, einen Fra- gebogen auszufüllen. Auf der Basis von ICF-Kriterien wird der Erfolg der Coaching-Maßnahme hinterfragt. Die Coachees sagten zu 88 Prozent, dass ihr Coaching-Ziel erreicht worden sei. 85 Prozent gingen davon aus, dass Coaching eine positive Wirkung auf ihr Verhalten habe. Ebenso wird der direkte Vorgesetzte danach gefragt, was ihm an der „Perfor- mance“ seines Mitarbeiters aufgefallen Preisübergabe an Adidas (von links): Dr. René Kusch, Chef von Relevant (Sponsor), Chris tina Rudrich, Director Orga- nizational Effectiveness bei Adidas, Sabine Peters-Brady, Senior Business Consultant bei Adidas, Dr. Geertje Tutschka, Prism-Award-Leitung (ICF). Foto: Pichler R
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