Wirtschaft und Weiterbildung 2/2020

grundls grundgesetz Boris Grundl 64 wirtschaft + weiterbildung 02_2020 Für mich heißt Leadership: Menschen zu Verant- wortung befähigen und das durch Ergebnisse sichtbar machen. Diese Definition mag manchem zu nüchtern klingen, doch sie hat Substanz. Dieser Überzeugung folgend, wurde vor drei Jahren der Verantwortungsindex begründet - mit dem Ziel, Verantwortung besser zu verstehen und mehr „Lust auf Verantwortung“ zu machen. Dazu muss man for- schen. Denn erst verlässliche und aussagekräftige Untersuchungsergebnisse schärfen den Blick. Das mit dem „besser verstehen“ funktioniert schon sehr gut. Doch das mit dem „Lust machen“ überhaupt nicht. Denn die aktuelle Studie belegt, dass Men- schen oft weniger Verantwortung übernehmen, als sie eigentlich könnten. Obwohl die Daten ebenfalls belegen, dass kluge Verantwortungsübernahme glücklicher und zufriedener macht. Was ist da los? Jetzt haben wir endlich auch hier mehr Klarheit. Es geht um die grundsätzliche Haltung, mit der ein Mensch auf Verantwortung blickt. Denn da gibt es zwei große Unterschiede. Die einen blicken auf Verantwortung mit einem von der Gesellschaft programmierten Blick. Sie übernehmen die der Prägung der Gesellschaft als etwas Fremdes – von außen nach innen. Sie geben sich als verantwor- tungsvoll. Und das geht mit Schwere und Pflicht- gefühl einher. Also mit Last. „Ich muss“, lautet der Tenor. Verantwortung als Verpflichtung. Das kostet Energie. Die anderen blicken auf Verantwortung mit einem selbst gewählten Bewusstsein. Sie überneh- men keine Verantwortung, um anderen zu gefallen, sondern weil sich Verantwortung für sie gut anfühlt. Deswegen handeln sie aus Verantwortung heraus. Von innen nach außen. Und das geht mit Kraft, Klar- heit und Erfüllung einher. Also mit Lust. „Ich will“, so der Tenor. Verantwortung ist dann „selbst gewählt“. Das gibt Energie. Was empfinden Sie, wenn Sie das Wort Verant- wortung hören? Ist es für Sie eher Lust oder eher Last? Ein Gedankenexperiment: Wann haben Sie in der Vergangenheit Verantwortung über- nommen aus Pflichtgefühl? Weil Sie es mussten? Und aus dieser Haltung heraus gehandelt? Was ist passiert, wie ging es aus und was hat es mit Ihnen gemacht? Und wann haben Sie in Ihrer Vergangen- heit aus Verantwortung gehandelt? Weil Sie es wollten? Und aus dieser Haltung heraus gehan- delt? Was ist passiert, wie ging es aus und was hat es mit Ihnen gemacht? Und wann haben Sie mit Verpflichtung („Ich muss“) angefangen und durch Nachdenken Ihre Haltung gedreht in „Ich will aus Verantwortung handeln“? Interessant, nicht wahr? Diese Änderung in der eigenen Haltung zur selbst gewählten Verantwortung ist für mich jedes Mal ein Ausdruck mentaler Freiheit. Von der Frustration zur Inspiration. Von der Last zur Lust. Ein Beispiel: Die Digitalisierung ist für uns alle eine große Herausforderung. Mit Verpflichtung bin ich an sie herangegangen. Mit Schwere und Last. Heute digitalisieren wir mit Freude alles, was es zu digitalisieren gibt. Mit Kraft, Klarheit und Lust. Bitte machen Sie sich immer wieder diesen Blick auf Ver- antwortung bewusst. Und dann helfen Sie anderen, ihren Blick darauf zu schärfen. Darauf freue ich mich in diesem Jahr besonders. Und ich hoffe, ich konnte Sie dafür ebenfalls gewinnen. Lassen Sie uns gemeinsam mehr „Lust auf selbst gewählte Verantwortung“ machen. Paragraf 82 Sorge für ein kluges Verantwortungs- bewusstsein! Boris Grundl ist Managementtrainer und Inhaber des Grundl Leadership Instituts, die Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden. Er gilt bei Managern und Medien als „der Menschenentwickler“ (Süddeutsche Zeitung). Sein jüngstes Buch heißt „Verstehen heißt nicht einverstanden sein“ (Econ Verlag, Oktober 2017). Boris Grundl zeigt, wie wir uns von oberflächlichem Schwarz-Weiß-Denken verabschieden. Wie wir lernen, klug hinzuhören, differenzierter zu bewerten, die Perspektiven zu wechseln und unsere Sicht zu erweitern. www.borisgrundl.de Was empfinden Sie, wenn Sie das Wort Verantwortung hören? Ist es für Sie eher Lust oder eher Last? „ „