Wirtschaft und Weiterbildung 2/2020
training und coaching 48 wirtschaft + weiterbildung 02_2020 unser offenes Weiterbildungsprogramm auf die Lernplattform gestellt, um sie als Buchungsplattform und Plattform für Lerninhalte zu testen, und die Trainer verwaltet. Das hat alles ordentlich funk- tioniert. Damit war klar: Wir können E-Content abbilden, wir können unsere Ressourcen verwalten, wir können all unsere internen Weiterbildungsseminare, die klassische Kompetenzentwicklung, das klassische Personalentwicklungsgeschäft (PE) ab- bilden. Mehr E-Learning bedeutet in der Regel weniger Präsenztrainings. Wie war das bei Viessmann? Peter: Wir haben keine Trainings einge- spart, sondern ergänzen sie sinnvoll mit E-Learning und bieten deshalb auch mehr E-Learning an. Ein klassisches Beispiel: In unserem Onboarding-Prozess muss jeder neue Mitarbeiter bei Viessmann lernen, wie eine Heizung grundsätzlich funkti- oniert. Dieses Grundlagenwissen haben wir in ein E-Learning gepackt. In der Prä- senzveranstaltung, die es weiterhin gibt, vertiefen wir das Thema und sprechen über typische Use Cases. Stellen Sie den Kunden die Lernplattform und deren Inhalte kostenfrei zur Verfügung? Peter: Es gibt das klassische Weiterbil- dungsangebot, das ist kostenfrei. Wenn ein Kunde oder ein Mitarbeiter des Kun- den einen Login hat, dann kann er alle digitalen Services nutzen, die sein Chef freigegeben hat. Ein übergeordnetes Rechtekonzept stellt sicher, dass sich ein Monteur beispielsweise Montage-Videos ansehen, aber nicht in unserem Bestell- system Bestellungen aufgeben kann. Be- stimmte Inhalte bieten wir über unser Kundenbindungsprogramm an. Dort kann unser Kunde seine durch den Verkauf von Viessmann-Produkten oder Seminarbe- suche erwirtschafteten Punkte entweder für ein weiterführendes Seminar ein- setzen oder für eine Marketingleistung. Alle Angebote, die einen Eventcharakter haben oder einen Seminarcharakter, wer- den über die Lernplattform administriert, aber über ein anderes Portal angeboten. Für den Teilnehmer sieht es so aus, als ob er im Kundenbindungsprogramm ange- meldet ist. Das ist aber nur das Frontend, technisch ist es die Lernplattform. Dort finden alle Prozesse statt. Wie stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeiter und Kunden die Lernplattform akzeptieren? Wie versorgen Sie Mitarbeiter in der Produktion, die keinen PC oder Laptop am Arbeitsplatz zur Verfügung haben? Peter: Wir haben Kunden, die bereits sehr digitalaffin sind und andere, die das noch nicht sind. Alle sollen sich auf der Plattform gut zurechtfinden und sie ohne Barrieren nutzen können. Deshalb arbei- ten wir mit gängigen User-Experience- Bedienelementen, die sich auch auf Ebay oder Amazon finden und die alle Kunden aus ihrem Alltagsleben kennen, klassi- sche Filter und klassische Suchzeilen zum Beispiel. Die Präsentation unserer E-Learnings ähnelt Netflix. Ein weiterer wichtiger Zugangspunkt ist unsere Mitarbeiterplattform, die allen 12.000 Unternehmensmitgliedern zur Verfügung steht und an allen Standor- ten weltweit angeboten wird – auch und gerade für Mitarbeiter ohne PC-Zugang. Neben interessanten News aus dem Unternehmen finden die Kollegen dort zum Beispiel auch ihren Stundenzettel oder in Kürze den Entgeltnachweis. Klar, dass wir aus dieser Mitarbeiterplattform direkt und seamless auf die Lerninhalte verlinken. Darüber hinaus kündigen wir interessante Kurse in der App an und be- werben sie dort. Technisch wird das über Avendoo-Links abgebildet. Der Mitarbei- ter öffnet die App, ist eindeutig identifi- ziert und der Login in die Lernplattform erfolgt automatisch. Er bekommt alles angezeigt, was für ihn relevant und zu- gelassen ist oder was wir der Usergruppe, der er oder sie angehört, an Inhalten zu- weisen. Die kann er dann buchen oder eben auch nicht. Müssen sich die Mitarbeiter die von ihnen ausgesuchten E-Learnings genehmigen lassen? Peter: Die verpflichtenden Trainings wer- den entweder automatisiert zugeteilt oder von den HR-Businesspartnern und Vorge- setzten zugewiesen. Andere Kurse kön- nen die Mitarbeiter selbst buchen. Wenn ein Mitarbeiter einen Kurs gebucht hat, bekommt sein Vorgesetzter eine Informa- tion. Will der Vorgesetzte nicht, dass sein Mitarbeiter einen bestimmten E-Learning- Kurs bucht, kann er die Weiterbildung nicht einfach per Knopfdruck ablehnen. Er muss vielmehr mit dem Mitarbeiter reden und es erklären. Außerdem haben wir zwei Stunden Vertrauenslernzeit in der Woche. Unsere abgeschlossenen oder aufeinander aufbauenden E-Learnings sind mit rund 20 Minuten relativ kurz. Das passt sehr gut in die Vertrauenslern- zeit. Wird die Lernplattform von den Mitarbeitern als eine Art interne Suchmaschine à la Google genutzt? Peter: Das passiert noch zu wenig und wenn, dann vor allem im IT-Bereich. Wir nutzen die Google G-Suite und wenn es Fragen dazu gibt, werden die Informati- onen schon über die Lernplattform ge- sucht. Im klassischen Heizungsbereich leider noch zu wenig. Da dient sie leider immer noch meistens dazu, sich Wissen auf Vorrat anzueignen. Obwohl wir be- reits viele Elemente dort haben, die Per- formance Support anbieten. Welche Rolle spielt die Lernplattform, wenn Mitarbeiter sich innerhalb des Unternehmens weiterentwickeln und aufsteigen wollen? Peter: Für die systematische Karrierepla- nung nutzen wir ein Talentmanagement- System, das wir zusammen mit einem Kölner Start-up entwickeln. Darin kann der Viessmann-Mitarbeiter seine berufli- che Laufbahn bei Viessmann planen und sehen, welche Kompetenzen er für den R „Wir denken nicht in Inhalten, sondern in Learner Journeys ... Das bedeutet, viel mehr in Prozessen zu denken und die Lernenden so gut es geht mit einzubeziehen.“
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