Wirtschaft und Weiterbildung 2/2020
wirtschaft + weiterbildung 02_2020 15 ging es bei Apple bergab. Im Jahr 1997 (90 Tage, bevor das Unternehmen Insolvenz hätte anmelden müssen) bestieg Jobs wieder das Deck der Titanic: Er wurde Mitglied des Vorstands und kurze Zeit später Alleinherrscher bei Apple. Der Rest ist Geschichte und doch bleibt die Frage offen: Hätte Jobs ohne seine Reifezeit bei Next die Super-Leadership-Ei- genschaften entwickelt, die er später zeigte? Hätte er dieses Charisma gehabt? Viele hochbegabte Menschen glauben, Intel- ligenz sei die einzige Variable für Erfolg. Doch nur wenige Inte- ligenzbestien sind tatsächlich erfolgreich. Sie liefern zwar wie Steve Jobs in seinen jungen Jahren Resultate, denken logisch, analysieren schnell und sehen das Big Picture – doch ihnen fehlt eine Kompetenz, deren Bedeutung auch Jobs zunächst unterschätzte, die jedoch jeder entwickeln kann: die zur Selbst- reflexion, Selbstführung und Selbststeuerung. Ein scharfer Verstand allein genügt nicht Oft verlangte zwar auch Jobs wie die meisten ambitionierten Menschen nach Feedback, doch aufgrund seiner persön- lichen Disposition – seiner Ungeduld und seines Strebens nach Perfektion – fühlte er sich, wenn er Feedback erhielt, oft unverstanden – wie viele High Potentials nun einmal so sind. Entsprechend reagierte er. Er entwickelte zudem, auch aus Selbstschutz, einen herablassenden Stolz. Zugleich ließ er viele Chancen, seine emotionale Kompetenz zu steigern, links Foto: www.joachimsimon.info liegen. Das machte ihn in den Augen von John Sculley unfähig zum Leader. Wer es nicht schafft, die Emotionen und Bedürf- nisse anderer zu verstehen, zu respektieren und Verbindungen aufzubauen, wird zum „Lonely Hero“ und geht als Anführer unter. Dies geschieht in der Unternehmenswelt ständig und nicht jeder erhält wie Steve Jobs eine zweite Chance. Wer das ver- meiden möchte, analysiere seine Schwächen: • Bin ich oft überrascht, wenn andere irritiert auf meine Sprü- che reagieren? • Sind, wenn etwas nicht so läuft, wie von mir gedacht, aus meiner Warte meist die anderen schuld? • Fällt es mir schwer, Kompromisse einzugehen? • Kann ich mich schwer in die Gefühlswelt anderer Menschen versetzen? • Werde ich schnell ungeduldig? • Ist es mir weitgehend egal, was andere über mich denken? • Kann ich andere nur schwer für meine Ideen begeistern? Echte Leader verlassen sich nicht nur auf ihre Intelligenz, ihr fachliches Know-how und ihre analytische Brillanz. Sie entwi- ckeln auch ihre emotionale Kompetenz und ihre Fähigkeit zur Selbstführung (woraus die Fähigkeit resultiert, andere Men- schen zu führen) gezielt weiter, und das bereits in jungen Jah- ren. Deshalb entfalten sie eine höhere Wirksamkeit als ihre Mitbewerber. Joachim Simon Joachim Simon. Der Braunschweiger hilft mit seinem Onlineprogramm „Egoleading“ Führungskräften dabei, eine individuelle Leadership-Identität zu entwickeln.
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