Wirtschaft und Weiterbildung 2/2020
menschen 14 wirtschaft + weiterbildung 02_2020 EMOTIONEN. Viele High Potentials sind fachlich brillant, extrem leistungsbereit und ehrgeizig. Trotzdem fehlt ihnen etwas. Was das ist, kann man lernen, wenn man die Biografie von Apple-Chef Steve Jobs (1955 – 2011) studiert, sagt Joachim Simon, der seit dem Jahr 2007 selbstständig tätig ist als Trainer, Berater und Business-Coach. Viele junge Menschen mit dem Potenzial, die Welt zu verän- dern, werden von ihren Arbeitgebern in administrativen Jobs „gefangen gehalten“. Sie bekommen zu hören: „Ihnen fehlt das nötige Fingerspitzengefühl. Sie müssen noch lernen, sich stärker in andere Personen hineinzuversetzen.“ Und weil sie oft selbst den Glaubenssatz „Lehrjahre sind keine Herrenjahre” verinnerlicht haben, bleiben sie nicht selten Jahre in einem Umfeld stecken, das sie nicht fördert. Und dies, obwohl sie die hierdurch entgangenen Entwicklungschancen schmerzen und sich bei ihnen immer mehr Unzufriedenheit einstellt, weil sie ein Leben weit hinter ihren Möglichkeiten führen. Wie können junge Potenzialträger einen solchen Karrierestau umgehen? Menschen, die sich als Lenker, Innovatoren und En- trepreneure sehen, dürfen ihr Potenzial nicht verschleudern, indem sie brav darauf warten, dass sie irgendwann mit Mitte 30 zum Zug kommen. Es macht keinen Sinn, den Unterneh- men, für die man gerade arbeitet, die Schuld zu geben. Das Einzige, was hilft, ist ein zielgerichtetes Arbeiten an der eige- nen Persönlichkeit und Kompetenz. Hierzu zählt die Kompetenz, die eigenen Fähigkeiten optimal zur Geltung zu bringen – unter anderem, indem man sich als Person weiterentwickelt und die idealen Rahmenbedingungen hierfür schafft. Diese Kompetenz bezeichnen die beiden US- amerikanischen Wirtschaftspsychologen Charles C. Manz und Henry P. Sims in ihrem Buch „The New Super Leadership“ als „Super-Leadership“. Eine Voraussetzung hierfür ist die Fähig- Foto: Marilyn K. Yee / Kontributor / gettyimages.de Lernen aus den Schwächen von Steve Jobs keit zur Selbstführung und Selbststeuerung. Dahinter steckt die Erkenntnis: Wer andere Menschen führen möchte, muss zunächst sein eigenes Handeln optimieren können. Dies setzt das Beherrschen gewisser verhaltensbezogener Strategien (wie Selbstbeobachtung und Selbstreflexion sowie das Sich-Ziele- setzen) und das Beherrschen gewisser kognitiver Strategien (das Erreichen von Zielen als belohnend empfinden, in Mög- lichkeiten statt in Hindernissen denken) voraus. Wichtig ist zudem die Kompetenz, sich in die Gedanken- und Gefühlswelt anderer Personen hineinversetzen und den eigenen Gefühls- haushalt gezielt steuern zu können. Steve Jobs war nicht der geborene Leader Viele Aufsteiger verfügen nicht über diese Kompetenzen. Auch Steve Jobs, der aus einem Garagenprojekt den Computer giganten Apple schmiedete, war damit zunächst nur bedingt gesegnet. Nur wenige wissen: 1985 bettelte Jobs den Vorstand seines 1975 gegründeten Unternehmens an, wenigstens die Forschungsabteilung von Apple leiten zu dürfen. „Es gibt hier keinen Job für dich”, stellte der damalige Apple-Chef John Sculley klar – weil er in Jobs nicht den „Super-Leader“ sah. Ge- demütigt verließ dieser Apple und gründete die Computerfirma Next. Dies war ein Absturz für Jobs. Doch in der Zeit bei Next, die er rückblickend als eine seiner kreativsten Phasen bezeich- nete, entwickelte er sich auch als Person weiter. Parallel dazu Steve Jobs (links). Als jungem Mann wurde Steve Jobs von sei- nem Chef John Sculley (rechts) wohl zu Recht die Beförderung verweigert, weil es Jobs an emo- tionaler Intelligenz mangelte.
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